Exzitonen sind Quasiteilchen, die Energie durch feste Stoffe transportieren können. Dies macht sie hochrelevant für die Entwicklung neuartiger Materialien und Technologien – aber es bedarf weiterer Forschung, um das Verhalten und die mögliche Manipulation von Exzitonen zu verstehen. Nun hat ein internationales Forscherteam entdeckt, dass ein durch Licht angeregtes Exziton gleichzeitig zwei sehr unterschiedliche Charaktere annehmen kann. Ihre Arbeit liefert entscheidende neue Erkenntnisse für die aktuelle und zukünftige Exzitonenforschung und wurde in Nature Communications veröffentlicht.
Exzitonen bestehen in Festkörpern aus einem negativ geladenen Elektron und einem positiv geladenen Loch. Sie sind ein sogenannter Vielteilcheneffekt, der durch die Wechselwirkung mehrerer Teilchen entsteht, insbesondere wenn ein starker Lichtpuls auf den Festkörper trifft. Im letzten Jahrzehnt haben Forscher Vielteilcheneffekte bis hinunter zur unvorstellbar kurzen Zeitskala von Attosekunden, also Milliardstel einer Milliardstel Sekunde, beobachtet.
Aufgrund der komplexen, ultraschnellen Elektronendynamik bei der Wechselwirkung vieler Teilchen haben Wissenschaftler jedoch noch kein grundlegendes Verständnis der Dynamik von Exzitonen und anderen Vielteilcheneffekten erreicht. Das Forschungsteam vom Politecnico di Milano in Italien, der Universität Tsukuba in Japan und dem Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) in Hamburg wollte die lichtinduzierte Exzitonendynamik in MgF₂-Einkristallen untersuchen. Hierzu setzten sie modernste Attosekunden-Transienten-Reflexionsspektroskopie und mikroskopische theoretische Simulationen ein.
Durch die Kombination dieser Methoden entdeckte das Team eine völlig neue Eigenschaft von Exzitonen: Die Tatsache, dass sie gleichzeitig atomare und festkörperähnliche Eigenschaften aufweisen können. In Exzitonen mit atomarem Charakter sind die Elektronen und Löcher durch ihre Coulomb-Anziehungskraft eng aneinandergebunden – so wie die Elektronen in Atomen an den Kern gebunden sind. In Exzitonen mit festkörperähnlichem Charakter hingegen bewegen sich die Elektronen freier im Festkörper, fast wie Wellen im Ozean.
Erstautor Matteo Lucchini vom Politecnico di Milano sagt, dies sind wegweisende Erkenntnisse: "Wenn wir verstehen, wie Exzitonen auf diesen extremen Zeitskalen mit Licht interagieren, zeigt uns dies auch, wie man unter Nutzung ihrer einzigartigen Eigenschaften eine neue Klasse von elektro-optischen Geräten entwickeln könnte."
In ihrem Attosekunden-Experiment gelang es den Forschern erstmals, die Sub-Femtosekunden-Dynamik von Exzitonen zu beobachten, wobei die Signale aus langsamen und schnellen Komponenten bestehen. Dieses Phänomen erklärt das Team mit komplexen theoretischen Simulationen, ergänzt Co-Autor Shunsuke Sato vom MPSD und der Universität Tsukuba: "Unsere Berechnungen zeigen, dass die langsamere Komponente des Signals aus dem atomaren Charakter des Exzitons und die schnellere Komponente aus dem festkörperähnlichen Charakter stammt. Dies ist eine wichtige Entdeckung, die die Koexistenz der dualen Charaktere von Exzitonen demonstriert!"
Diese Arbeit eröffnet neue Wege für die lichtgesteuerte Manipulation von exzitonischen sowie von Materialeigenschaften. Sie bietet neue Einblicke für das vertiefte Verständnis der Nicht-Gleichgewichts-Elektronendynamik in Materie und liefert viel grundlegendes Wissen für die Entwicklung zukünftiger ultraschneller optoelektronischer Bauelemente, Elektronik, Optik, Spintronik und Exzitonik.
Matteo Lucchini, Erstautor: matteo.lucchini@polimi.it
https://www.nature.com/articles/s41467-021-21345-7
https://www.mpsd.mpg.de/506107/2021-02-excitons-lucchini?c=42319
Lichtinduzierte ultraschnelle Exzitonendynamik in MgF₂ wurde mit Attosekunden-Transienten-Reflexions ...
Matteo Lucchini, Politecnico di Milano
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Lichtinduzierte ultraschnelle Exzitonendynamik in MgF₂ wurde mit Attosekunden-Transienten-Reflexions ...
Matteo Lucchini, Politecnico di Milano
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