idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
17.02.2021 11:44

Radikalisierungsprävention muslimischer Schülerinnen und Schüler - Lehrkräfte müssen Handlungsfähigkeit wiedererlangen

Dr. Utz Lederbogen Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Osnabrück

    OSNABRÜCK/BERLIN.- Konfrontative Religionsausübung an Schulen ist ein ernstzunehmendes Thema. „Um effektive Radikalisierungsprävention betreiben zu können, benötigen Schulen langfristige Konzepte und professionelle Fachkräfte“, fordert Dr. Michael Kiefer vom Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück. Die Problemlagen und Handlungsempfehlungen beschreibt er in einem Positionspapier der Konrad-Adenauer-Stiftung, welches jetzt veröffentlicht wurde (https://vt.uos.de/5vaj0)

    Der Mord an dem französischen Lehrer Samuel Paty Mitte Oktober 2020 hat die Diskussion um konfrontative Religionsausübungen von muslimischen Schülerinnen und Schülern auch in Deutschland wieder entfacht. In Berlin drohte ein elfjähriger Schüler einer Lehrerin mit der Enthauptung. „Islamistische Haltungen und Vorfälle mit muslimischen Schülerinnen und Schülern stellen mit Sicherheit nicht an allen Schulorten ein Problem dar. Aber es gibt zum Teil gravierende Probleme“, erklärt Kiefer, der an der Universität Osnabrück eine Vertretungsprofessur für Soziale Arbeit innehat. Oft wirkten hier jugendspezifische Aspekte, einschneidende Lebensereignisse, Gruppeninteraktionen und islamistische Agitation zusammen.

    „Im Regelfall liegen komplexe zirkuläre Kausalitäten vor“, berichtet Kiefer. „Für die präventive und auch intervenierende Praxis bedeutet dies, dass mit unspezifischen und generalisierenden Maßnahmen und Programmen keine hohe Wirksamkeit erzielt werden kann. Vielmehr sind passgenaue Formate gefragt.“

    Der Aufstieg des sogenannten Islamischen Staates und die Ausreisen junger Menschen nach Syrien und Irak zeigten überaus deutlich, dass in allen gesellschaftlichen Handlungsfeldern eine umfassende und professionelle Radikalisierungsprävention erforderlich ist. Die Schule sei dafür aber ein äußerst wichtiger Ort, weil hier alle jungen Menschen zwischen dem sechsten und achtzehnten Lebensjahr erreicht werden.

    Dabei wird dem islamischen Religionsunterricht eine präventive Wirkung zugesprochen. „Junge Menschen, die in gewaltaffine islamistische Milieus abrutschen, verfügen häufig nur über geringe Kenntnisse der islamischen Religion, auch wenn sie diese für Propagandazwecke instrumentalisieren“, berichtet Kiefer. Belegt werde dies unter anderem durch eine Studie des Forschungsnetzwerks Radikalisierung und Prävention (FNRP) an den Universitäten Osnabrück und Bielefeld, in der die WhatsApp-Kommunikation einer jugendlichen Attentätergruppe untersucht wurde.

    Im schulischen Kontext sei das Handlungskonzept „Neue Autorität“ von Haim Omer gefragt, erläutert der Sozialexperte. „Zentrales Ziel muss sein, Erziehende darin zu unterstützen, ihre Handlungsfähigkeit und Wirksamkeit wiederzuerlangen.“ Die Handlungsmaxime lautet: „Wir geben dir nicht nach, und wir geben dich auch nicht auf!“

    Das Fazit des Osnabrücker Wissenschaftlers: Schulen benötigen gut abgestimmte und langfristige Präventionskonzepte, die von professionellen Fachkräften durchgeführt werden. Dafür bedarf es ausreichender personeller Ressourcen in der Schulsozialarbeit und im Kollegium. Die großen Bundesprogramme wie zum Beispiel „Demokratie Leben!“ behandelten den Bereich der Radikalisierungsprävention weitgehend als einen Sonderbereich, in dem hochspezialisierte Träger an Einzelprojekten arbeiten. Kiefer: „Diese Fokussierung auf ausgewählte Leuchtturmprojekte ist in der Breite wenig zielführend. Notwendig ist vielmehr eine Stärkung der Regelstrukturen.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Michael Kiefer, Universität Osnabrück
    Institut für Islamische Theologie
    Tel. +49 541 969 6220
    E-Mail: michael.kiefer@uni-osnabrueck.de


    Originalpublikation:

    https://www.kas.de/de/analysen-und-argumente/detail/-/content/konfrontative-reli...


    Bilder

    Konfrontative Religionsausübung an Schulen ist ein ernstzunehmendes Thema. Schulen benötigen langfristige Konzepte und professionelle Fachkräfte“, fordert Dr. Michael Kiefer vom Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück.
    Konfrontative Religionsausübung an Schulen ist ein ernstzunehmendes Thema. Schulen benötigen langfri ...
    Jens Raddatz
    Universität Osnabrück


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Religion
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Schule und Wissenschaft
    Deutsch


     

    Konfrontative Religionsausübung an Schulen ist ein ernstzunehmendes Thema. Schulen benötigen langfristige Konzepte und professionelle Fachkräfte“, fordert Dr. Michael Kiefer vom Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).