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17.02.2021 12:00

Heimspiel für FS Maria S. Merian: Start der Mission „Deep Baltic“ im Ostsee-Eis. Gemeinsame Pressemitteilung IOW / KMS

Dr. Barbara Hentzsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

    Vom 25. 2. bis 23.3. wird ein Team von Physiker:innen und Geolog:innen aus Warnemünde, Kiel und Szczecin auf der nördlichen Ostsee unterwegs sein, um die Thematik der winterlichen Tiefenwasserbelüftung zu untersuchen. Neben der Erfassung der aktuellen hydrodynamischen Bedingungen an und unter dem Eis des Bottnischen Meerbusens stehen sedimentologische und geophysikalische Studien auf dem Programm, mit denen für die Tiefenwasserbewegung charakteristische Sediment-erosionen und -ablagerungen untersucht werden sollen. Ziel ist, anhand geeigneter Sedimentarchive die Geschichte der Tiefenwasser-Zirkulation in der nördlichen Ostsee im Verlauf der holozänen Klimavariationen zu rekonstruieren.

    Man kennt es aus Süßwasser-Seen: kühlt das Wasser im Winter ab, wird es schwerer und sinkt ab. Am Boden verdrängt es das im Laufe des Sommers an Sauerstoff verarmte Tiefenwasser. In der eigentlichen Ostsee, zwischen der dänischen Insel Fünen im Westen und dem schwedischen Aland im Nordosten, funktioniert das nicht, denn dort liegt am Boden Salzwasser, das über die dänischen Belte und Sunde in die Ostsee geströmt ist und sich, weil es schwerer als das brackige Ostseewasser ist, in der Tiefe eingeschichtet hat. So schwer kann das abkühlende Oberflächenwasser gar nicht werden, dass es dieses Salzwasser verdrängt. Anders sind die Verhältnisse im Bottnischen Meerbusen zwischen Schweden und Finnland: hier ist das Ostseewasser so sehr ausgesüßt, dass die winterliche Konvektion sehr tief reicht. Aus diesem Grund leiden die nördlichen Ostseebecken im Gegensatz zu den zentralen Becken auch nicht unter permanentem Sauerstoffmangel.

    In den letzten Jahren mehrten sich die Anzeichen, dass diese Ereignisse auch positive Auswirkungen auf die sich südlich anschließenden Teilbecken der Gotlandsee haben. Eine spannende Entwicklung, denn die „toten Zonen“ am Boden der zentralen Ostsee sind nach wie vor eines der größten Umweltprobleme der Ostsee, nicht nur, weil sie den Lebensraum für höheres Leben immer mehr einschränken, sondern auch weil der Sauerstoffmangel Nährstoffe aus den Sedimenten mobilisiert und so die Überdüngung weiter vorantreibt. Bewahrheitet es sich, dass die winterliche Konvektion in der Bottensee auch Auswirkungen auf das Tiefenwasser der zentralen Ostsee hat, so müssen bestehende Modellvorstellungen vom Stoffhaushalt der Ostsee revidiert werden.
    Fahrtleiter Ralph Schneider, Professor für Geologie am Zentrum für Interdisziplinäre Meereswissenschaften (KMS) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel erläutert den Forschungsansatz der Fahrt MSM99: „Unser Team setzt sich aus messenden Ozeanographen, Ökosystem-Modellierern, Sedimentologen und Geophysikern zusammen. Mit einem möglichst breiten Methodenspektrum wollen wir die Gegenwart verstehen, die Vergangenheit entschlüsseln und so unsere Modelle soweit verbessern, dass sie uns vermitteln können, wie der Klimawandel auf diese Prozesse wirken wird.“
    Unter seinen Warnemünder Kolleg:innen an Bord sind auch Physikalische Ozeanograph:innen. Sie wollen möglichst genau erfassen, wie sich die Tiefenwasser-bildung entwickelt und wie die physikalischen und geochemischen Rahmen-bedingungen aussehen. Dazu arbeiten sie unter anderem mit Mikrostruktursonden unter dem Eis und setzen Verankerungen, an denen dann Messinstrumente für ein Jahr im Dauereinsatz sind. Daneben wird mit der so genannten CTD-Sonde immer wieder gemessen, wie sich entlang der Fahrtroute die Temperatur- und Salinitätsverteilung im Wasserkörper verändert. „Diese Messdaten sind für uns essentiell, um unsere Ökosystemmodelle auf die neuen Erkenntnisse einstellen zu können“, erläutert Thomas Neumann, der am IOW Ökosystem-Modellierung betreibt.

    Um aber den unverstellten Blick in die Vergangenheit werfen zu können, müssen Sedimentolog:innen und Geophysiker:innen gemeinsam die Positionen finden, an denen aussagekräftige Sedimentkerne zu gewinnen sind. „Durch die Tiefenwasserzirkulation entstehen ganz charakteristische Sedimentpakete“, erläutert Matthias Moros, Geologe am IOW. „Die können wir aber nur mithilfe der Sedimentakustik entdecken, mit der wir quasi in den Meeresboden hineinsehen. Am Ende hängt es von den „richtigen“ Kernen ab, ob wir erkennen können, wie sich die Tiefenzirkulation im Laufe des Holozäns entwickelt hat.“

    Vor fast 100 Fahrten und 15 Jahren brach die Maria S. Merian zu ihrer wissenschaftlichen Jungfernfahrt ebenfalls in die nördliche Ostsee auf, um ihre Eisverstärkung unter Beweis zu stellen. Die so genannte Bottenwiek ist noch in jedem Winter größtenteils eisbedeckt. Für die Maria S. Merian kein Problem: Sie ist ein Eisrandforschungsschiff und kann in der Ostsee bis zu 50 cm dickes Eis brechen. So führt sie die Forschenden sicher an die Einsatzgebiete und ermöglicht auch das Arbeiten auf dem Eis.

    Die 99. Fahrt der Maria S. Merian steht wie alle derzeitigen Forschungsfahrten unter dem Einfluss der Corona-Pandemie und wurde nur durch das lückenlose Hygienekonzept der Reederei Briese möglich. Die Fahrt beginnt und endet in Emden. Zuvor werden alle Mitfahrenden auf Covid-19 getestet und erst nach viertägiger Isolation und einer erneuten Testung mit negativem Ergebnis an Bord gehen.

    Die Teilnehmenden der Fahrt MSM99 werden auf den Blogportalen des IOW und der Uni Kiel regelmäßig über ihre Arbeit berichten:
    www.io-warnemuende.de/fs-merian-msm99-2021.html
    www.oceanblogs.org

    Das Eisrandforschungsschiff "Maria S. Merian"
    Das rund 95 Meter lange Forschungsschiff "Maria S. Merian" wurde am 9. Februar 2006 in Warnemünde in Dienst gestellt und ist für den Einsatz im Atlantik bis zum Eisrand, für Nord- und Ostsee, aber auch für Fahrten bis zum Äquator geeignet.
    Heimathafen der „Maria S. Merian“ ist Rostock. Eigner ist das Land Mecklenburg-Vorpommern.

    Die "Maria S. Merian" bietet normalerweise Platz für 23 Forschende und 23 Besatzungsmitglieder.

    Mehr Informationen zur Maria S. Merian:
    https://www.ldf.uni-hamburg.de/merian/technisches/dokumente-tech-merian/handbuch...

    Kontakte Öffentlichkeitsarbeit:
    Dr. Kristin Beck: +49 381 5197 135| kristin.beck@io-warnemuende.de
    Dr. Barbara Hentzsch: +49 381 5197 102 | barbara.hentzsch@io-warnemuende.de
    Friederike Balzereit: +49 431 880-3032; | fbalzereit@uv.uni-kiel.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Ralph R. Schneider, Zentrum für Interdisziplinäre Meereswissenschaften - Kiel Marine Science (KMS), Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: +49 431 880 1457 | ralph.schneider@ifg.uni-kiel.de
    Dr. Matthias Moros, Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
    +49 381 5197 399 | matthias.moros@io-warnemuende.de
    Dr. Thomas Neumann, Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
    +49 381 5197 113 | thomas.neumann@io-warnemuende.de


    Bilder

    Maria S. Merian bei der Eiserprpobung im Februar 2006
    Maria S. Merian bei der Eiserprpobung im Februar 2006
    Klaus v Bröckel
    IOW

    Maria S. Merian bei der Ausfahrt MSM 62 im Jahr 2017
    Maria S. Merian bei der Ausfahrt MSM 62 im Jahr 2017
    Thomas Neumann
    IOW


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Maria S. Merian bei der Eiserprpobung im Februar 2006


    Zum Download

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    Maria S. Merian bei der Ausfahrt MSM 62 im Jahr 2017


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