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11.11.1998 00:00

Dortmunder Student schuf handliches Comuterprogramm statt eierlegende Wollmilchsau

Ole Lünnemann Referat Hochschulkommunikation
Universität Dortmund

    "Wenn Sie heute ein modernes Computerprogramm kaufen, handelt es sich fast immer um eine eierlegende Wollmilchsau... Es kann Ihnen bei der Erstellung und Bearbeitung nicht nur von Texten, sondern auch von Tabellen, Grafiken, Faksimiles und Internetdokumenten behilflich sein, falls Sie in der Lage sind, alle diese Funktionen auch zu nutzen... Genau an diesem Punkt sind wir bei der sonderpädagogischen Nutztierhaltung angelangt... Durch eierlegende Wollmilchsäue werden Kinder mit Lernschwierigkeiten schlicht und ergreifend überfordert. Anwendungsproramme, die - um alles mögliche zu können - die Benutzer überfordern, sind denkbar schlecht geeignet, Kinder in die Welt der Computeranwendung einzuführen... Bei genau diesem Mangel setzt die wissenschaftliche Hausarbeit an, die wir heute Abend mit dem diesjährigen Adolf-Schulte-Preis auszeichnen wollen. Thorsten Keil hat ein einfaches und klar strukturiertes Textverarbeitungsprogramm entwickelt, eines, das es in dieser Form bislang noch gar nicht gibt." So lobte heute Prof. Dr. Franz B. Wember die Verdienste des Studenten, der den 5. Adolf-Schulte-Preis entgegennehmen konnte.

    Den Preis überreichte Dr. Franz Henkemeier, Vorsitzender des Fachverbandes für Behindertenpädagogik, Regionalverband Dortmund im Verband Deutscher Sonderschule. Der Verband hat den Adolf-Schulte-Preis, benannt nach dem Mann, der nach dem Nazi-Regime den Verband Deutscher Sonderschulen neu gründete, gestiftet und mit 1000 Mark dotiert. Es war 1994 der erste Preis, der speziell für geisteswissenschaftliche Arbeiten der Universität Dortmund ausgelobt wurde. Und in der Tat stand auch bei Thorsten Keil als Student der Sondererziehung und Rehabilitation nicht die Tüftelei am Computer im Vordergrund, sondern das pädagogisch-didaktische Nachdenken darüber, wie ein Computerprogramm genau auf die besonderen Erfahrungen und Möglichkeiten von behinderten Kindern zugeschnitten werden kann.

    Franz B. Wember, Professor für Lernbehindertenpädagigik und Leiter der Arbeitsstelle Sonderpädagogische Technologie undRehabilitationshilfen in seiner Würdigung der preisgekrönten Arbeit:

    "Schon allein die Programmierleistung ist aller Ehren wert. Nein, es wäre keine sonderpädagogische Arbeit, wenn der Preisträger es dabei belassen hätte. Herr Keil hat sorgfältig die internationale Fachliteratur zum Schreibenlernen studiert und sich eingehend mit Softwaredesign befaßt, beides mit den Lernvoraussetzungen verglichen, die er bei Schülerinnen und Schülern mit Lernschwierigkeiten erwarten kann, um schließlich Leitlinien für eine kindgerechte Programmgestaltung formulieren zu können. Entlang dieser Leitlinien hat er dann sein besonderes Textverarbeitungsprogramm für besondere Kinder entwickelt und dieses an ein gutes Dutzend Expertinnen und Experten verschickt, damit sie das Produkt auf Herz undNieren prüfen und kritisch-konstruktive Vorschläge machen...

    Was ist am Ende herausgekommen? Das Textverarbeitungsprogramm TextAS, ein Textverarbeitungsprogramm mit unübersehbaren Vorzügen:
    - Es läßt sich von Lehrerinnen und Schülern einfach installieren.
    - Es läßt sich einfach aufrufen.
    - Es läßt sich an die Hardware anpassen und von den Schülern sogar testen.
    - Durch einfaches Weiterblättern gelangt man auf die nächste Seite.
    - Jedes Kind meldet sich individuell an, damit es später auch individuell Rückmeldung erhalten kann.
    - Wer Hilfe braucht, erhält diese in Wort und Schrift.
    - Das Kind kann eigenständig verschiedene Arbeitsformen wählen.
    - Einfache Symbole helfen beim Anlegen einer neuen Datei, beim Laden einer älteren Datei, beim Speichern und beim Drucken, beim Verlassen des Programmms oder geben individuelle Rückmeldung.
    - Wird der Kippschalter umgelegt, finden wir ein Radiergummi zum Löschen von Text, einen Fotoapparat zum Kopieren von Text, einen Notizzettel zum Einfügen, einen Papierkorb zum Löschen und einen Rotstift zum Korrigieren.
    - Für die Gestaltung des Textes stehen den Kindern zwei Auswahlmenüs zur Verfügung, mit denen sie die Merkmale der Schrift und der Absätze steuern können.
    - Der Einstieg in das Programm wird durch ein computergestütztes Lehrprogramm erleichtert, das die wichtigsten Funktionstasten erklärt, die bei der Bedienung benötigt werden.

    Thorsten Keil zeigt mit seiner Arbeit: Kindgemäße Software muß entwickelt werden, die allen Kindern hilft, das Alphabet der Informationstechnologie auch wirklich zu erlernen."


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Informationstechnik, Pädagogik / Bildung
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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