„Große Forschung an einer kleinen Universität?“, so lautet der Titel eines Beitrags im neu erschienenen Band über die Altertumswissenschaft in Greifswald. Tatsächlich waren eine ganze Reihe der bedeutendsten Altertumsforscher des 19. und 20. Jahrhunderts Professoren der Greifswalder Universität. Viele von ihnen wechselten noch in jungen Jahren an größere Hochschulstandorte, andere haben über Jahrzehnte in Greifswald gewirkt. Aus dieser Konstellation, der Zusammenarbeit von „Jungen“ und „Alten“, entwickelte sich eine lebhafte und hochkarätige altertumswissenschaftliche Forschungs- und Lehrtätigkeit.
Der nun erschienene Band „Altertumswissenschaft in Greifswald: Porträts ausgewählter Gelehrter 1856 bis 1946“ erzählt die Geschichte der Greifswalder Altertumswissenschaft anhand einzelner Gelehrten-Biografien. Der mit zahlreichen historischen Fotografien und Dokumenten ausgestattete Band ist in der Reihe Beiträge zur Geschichte der Universität Greifswald erschienen.
Im Band werden Forscher aus der damals zentralen Altertumswissenschaft, der Klassischen Philologie, vorgestellt (Franz Susemihl, Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, Georg Kaibel, Eduard Norden, Konrat Ziegler und Franz Dornseiff) sowie Forschende der Alten Geschichte (Otto Seeck, Matthias Gelzer und Josef Keil), der Klassische Archäologe Erich Pernice und die Theologen Julius Wellhausen, Victor Schultze und Ernst Lohmeyer.
„Die Biografien der Professoren laden dazu ein, ihr wissenschaftliches Werk neu zu entdecken. So zum Beispiel das Werk Konrat Zieglers. Ziegler war ein bedeutender Philologe, der in verschiedensten Bereichen Grundlagenarbeit geleistet hat. Hier in Greifswald hat er sich auch im Bereich der Lehre sehr engagiert. Er war in Greifswald Professor, Dekan und im Jahr 1928/29 Rektor der Universität. Als aufrechter linksliberaler Demokrat, Pazifist und Gegner des Antisemitismus wurde er wegen angeblicher nationaler Unzuverlässigkeit 1933 entlassen. Im Nationalsozialismus war Ziegler zeitweise inhaftiert, weil er einen jüdischen Mitbürger bei dessen Flucht ins Ausland unterstützt hatte. Ziegler ist später von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern geehrt worden, unter anderem dafür, dass er seinen als Juden verfolgten Greifswalder Kollegen Kurt Latte versteckte. An das Werk dieses Gelehrten soll bald eine Gedenktafel am früheren Wohnhaus der Familie Ziegler erinnern“, sagt Dr. Susanne Froehlich, Herausgeberin des Bandes.
Die Publikation verbindet Wissenschaftsgeschichte mit Universitätsgeschichte und Lokalgeschichte. Wer den Band zur Hand nimmt, findet über die Register zum Beispiel die einzelnen Greifswalder Straßen und kann dann lesen, wie sich ein bestimmter Professor bei einem schmierigen Wirt in der Kapaunenstraße einmieten musste oder ein weiterer Professor sich auf einer steilen Treppe in der Fischstraße ein Bein brach. In vielen Beiträgen wird ein ausführlicheres Bild der Stadt Greifswald gezeichnet, in der es damals nach „Teer, Hering und Landwirtschaft“ roch.
Weitere Informationen:
Historisches Institut der Universität Greifswald https://geschichte.uni-greifswald.de/
Buchveröffentlichung: Froehlich, Susanne (2021): Altertumswissenschaft in Greifswald: Porträts ausgewählter Gelehrter 1856 bis 1946, in: Beiträge zur Geschichte der Universität Greifswald, Bd. 14, Stuttgart 2021.
Ansprechpartnerin an der Universität Greifswald
Dr. Susanne Froehlich
Historisches Institut
Domstraße 9 A, 17489 Greifswald
Telefon 03834 420 3103
susanne.froehlich@uni-greifswald.de
Buch „Altertumswissenschaften in Greifswald“
Foto: Steiner Verlag
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Geschichte / Archäologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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