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01.03.2021 14:34

Mit Nummer 9 zum renommierten SIGEST Preis!

Beate Rogler MATH+, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Sekretariat MA 2-2
MATH+ Das Forschungszentrum der Berliner Mathematik

    Eine gemeinsame Pressemitteilung des MPI Mathematik in den Naturwissenschaften und des Exzellenzclusters MATH+.

    Michael Joswig, Professor an der TU Berlin, Mitglied des Forschungszentrums der Berliner Mathematik MATH+ und Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften, wurde für die gemeinsam mit Xavier Allamigeon, Pascal Benchimol und Stéphane Gaubert von der École Polytechnique verfasste Arbeit "Log-barrier interior point methods are not strongly polynomial” von der Society of Industrial and Applied Mathematics (SIAM) mit dem renommierten SIGEST-Preis ausgezeichnet. Die Arbeit befasst sich mit einem speziellen Problem zum Lösen linearer Programme.

    Die von Michael Joswig gemeinsam mit seinen Kollegen verfasste Arbeit leistet einen
    maßgeblichen Beitrag für das Verständnis des neunten Problems auf der sogenannten
    Smale-Liste. Der Fields-Medaillist Steven Smale hatte im Jahr 2000 eine Liste von 18
    mathematischen Problemen zusammengestellt, die er für wegweisend für die Entwicklung
    der Mathematik des 21. Jahrhunderts hielt. Beim Problem mit der Nummer 9 geht es um die
    Frage, wie schnell sich lineare Programme genau lösen lassen. Der ausgezeichnete Artikel
    erschien nun in einer erweiterten Version in SIAM Review unter der Rubrik SIGEST, für welche pro Quartal ein herausragender Beitrag ausgewählt wird.

    Lineare Programme sind zentral für die Lösung komplexer Optimierungsprobleme, sowohl in
    der mathematischen Theorie als auch in der wirtschaftlichen Praxis. Beispiele finden sich bei
    der Modellierung von Produktionsprozessen oder in der Logistik. Die Herausforderung
    besteht darin, auch mit hunderttausenden Variablen und Nebenbedingungen schnell genug
    zum Ziel zu gelangen. Michael Joswig konstruiert zur Veranschaulichung folgendes Beispiel
    aus der Alltagswelt: „Im Supermarkt möchte ich von n verschiedenen Lebensmitteln jeweils
    so viel kaufen, dass mein Tagesbedarf für verschiedene Nährstoffe gedeckt wird. Hierfür
    möchte ich so wenig wie möglich investieren. Dieses Optimierungsproblem ist ein lineares
    Programm mit n Variablen und m Nebenbedingungen.“

    Wegen ihres erheblichen Nutzens sind Algorithmen zur Lösung linearer Programme seit mehr
    als 70 Jahren ein intensiv beforschtes Thema an der Grenze zwischen Mathematik und
    Informatik. Lineare Programme werden zu jedem Zeitpunkt mindestens millionenfach auf der
    Welt gelöst. Der Analyse von Laufzeiten von Algorithmen, beispielsweise implementiert in
    Computerprogrammen, kommt eine besondere Bedeutung zu, denn sie garantieren,
    benötigte Ergebnisse mit möglichst minimalem Zeitaufwand zu erzielen.

    In dieser langen Zeit gab es eine ganze Reihe von bedeutenden Fortschritten. Dennoch
    bleibt eine grundsätzliche Frage bis heute offen, die Smale in seinem neunten Problem
    aufwirft: Gibt es einen stark polynomialen Algorithmus für die lineare Programmierung?
    Joswig und seine Kollegen konnten nachweisen, dass eine der wichtigsten Klassen von LPAlgorithmen, die sogenannten „Log-barrier interior point methods“, dies nicht erfüllen.
    Manche Experten hatten genau diese Verfahren bislang als heißeste Kandidaten für eine
    positive Lösung betrachtet.

    Würde man Smales neuntes Problem auf das genannte Supermarkt-Beispiel anwenden, so
    stellt sich die praktische Frage: Wie stark wirkt sich die zusätzliche Berücksichtigung der
    Koeffizienten, wie beispielsweise die konkreten Preise der Lebensmittel bzw. deren
    Nährstoffgehalt, auf die Laufzeit aus? Die Wissenschaftler wiesen nach, dass die „Log-barrier interior point methods“ unerwarteter Weise viel länger brauchen, wenn die
    Preise/Nährstoffgehalte sehr groß werden.

    Negative Aussagen in der Komplexitätstheorie sind oft technisch anspruchsvoll, weil sie
    erfordern, eine Vielzahl von Algorithmen zu prüfen. Die Beweismethode der Autoren basiert
    vor allem auf Methoden aus der tropischen Geometrie, einem aktuellen mathematischen
    Forschungsgebiet zwischen Optimierung, algebraischer Geometrie und Kombinatorik. In
    Berlin untersucht Michael Joswig im Rahmen des Exzellenzclusters MATH+, ob die in der
    ausgezeichneten Arbeit entwickelten tropischen Methoden auch zur Optimierung von
    Auktionsverfahren beitragen können (Projekt AA3-5 Tropical Mechanism Design mit Max
    Klimm). Die Berliner Mathematik verfügt über in Jahrzehnten aufgebaute Expertise zu
    geometrischen Methoden in der linearen Optimierung (Martin Grötschel, Günter M. Ziegler).
    Am MPI für Mathematik in den Naturwissenschaften in Leipzig fokussiert sich Joswig derzeit
    auf die Entwicklung von Software für die mathematische Forschung, auch in der tropischen
    Geometrie.

    Die Society for Industrial and Applied Mathematics (SIAM) gibt 18 referierte Fachzeitschriften
    heraus, die jedes Jahr insgesamt etwa 1500 wissenschaftliche Arbeiten in allen
    Anwendungsbereichen der Mathematik veröffentlichen.

    Information zu Professor Michael Joswig
    https://page.math.tu-berlin.de/~joswig/

    Informationen zur Society of Industrial and Applied Mathematics SIAM:
    https://www.siam.org/


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Professor Dr. Michael Joswig
    E-Mail: joswig@math.tu-berlin.de
    - Einstein Professor für Diskrete Mathematik/Geometrie
    - Technische Universität Berlin / Institut für Mathematik
    - MATH+: Forschungszentrum der Berliner Mathematik
    - Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften


    Originalpublikation:

    Originalpublikation:
    Publikation in SIAM Review 63 / 1:
    Xavier Allamigeon, Pascal Benchimol, Stéphane Gaubert und Michael Joswig
    "What tropical geometry tells about the complexity of linear programming"
    https://doi.org/10.1137/20M1380211
    Einführung in den Artikel durch die Herausgeber:
    https://epubs.siam.org/doi/abs/10.1137/21N975187


    Weitere Informationen:

    https://www.mis.mpg.de/de.html - Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften (MiS) in Leipzig
    https://mathplus.de/ - Exzellenzcluster MATH+: Forschungszentrum der Berliner Mathematik


    Bilder

    Menge der zulässigen Lösungen eines linearen Programms (links), einer logarithmischen Deformation (Mitte) und dem tropischen Grenzwert (rechts).
    Menge der zulässigen Lösungen eines linearen Programms (links), einer logarithmischen Deformation (M ...
    M. Joswig/T. Brysiewi (MPI-MiS)
    © M. Joswig / T. Brysiewicz (MPI Mathematik in den Naturwissenschaften)


    Anhang
    attachment icon Pressemitteilung - SIAM-SIGEST Auszeichnung für Michael Joswig und Kollegen

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Mathematik
    überregional
    Wettbewerbe / Auszeichnungen, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Menge der zulässigen Lösungen eines linearen Programms (links), einer logarithmischen Deformation (Mitte) und dem tropischen Grenzwert (rechts).


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