idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
17.03.2021 09:57

Ihre Krümmung ist der nächsten Finanzblase voraus

Jana Gregor Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften (MPIMIS)

    Ein internationales und interdisziplinäres Forscherteam hat mathematische Metriken identifiziert, um die Fragilität von Finanzmärkten zu charakterisieren. Ihre Arbeit "Network geometry and market instability" beleuchtet die übergeordnete Architektur von Finanzsystemen und ermöglicht es Analysten, systemische Risiken wie Marktblasen oder Börsencrashs zu erkennen.

    Mit dem aktuellen Ansturm von Kleinanlegern auf sogenannte Meme-Aktien und dem wieder aufkommenden Interesse an Kryptowährungen werden Debatten über Marktinstabilität, steigender Volatilität und platzender Blasen immer lauter. „Herkömmliche Wirtschaftstheorien können jedoch Ereignisse wie beispielsweise den Zusammenbruch der US-amerikanischen Subprime-Hypotheken von 2007 nicht vorhersehen", so Studienautor Areejit Samal. Ihm und seinen Kollegen aus mehr als zehn auf Mathematik, Physik, Wirtschaft und komplexe Systeme fokussierten Institutionen weltweit gelang ein großer Fortschritt bei der Charakterisierung der Instabilität von Aktienmärkten.

    Business as usual und instabile Zeiten lassen sich unterscheiden

    Ihre Arbeit abstrahiert die Komplexität des Finanzmarktes in ein Netzwerk von Aktien und verwendet geometrisch inspirierte Netzwerkmaße, um die Fragilität des Marktes und die Finanzdynamik zu messen. Die Wissenschaftler analysierten und kontrastierten die Aktiennetzwerke für den US-amerikanischen S&P500 und den japanischen Nikkei-225-Index über einen Zeitraum von 32 Jahren (1985-2016) und konnten erstmals nachweisen, dass mehrere diskrete Ricci-Krümmungen hervorragende Indikatoren für Marktinstabilitäten sind. Die Arbeit wurde kürzlich in der Zeitschrift Royal Society Open Science veröffentlicht. Analysten eröffnet sie die Möglichkeit, zwischen "Business-as-usual"-Perioden und instabilen Zeiten wie Blasen oder Marktcrashs zu unterscheiden.

    Das Netzwerk, das durch die Verbindung von Aktien mit stark korrelierenden Preisen und Handelsvolumina entsteht, bildet die strukturelle Grundlage ihrer Arbeit. Mit Hilfe von vier diskreten Krümmungen, die vom Direktor des Max-Planck-Instituts für Mathematik in den Naturwissenschaften Jürgen Jost und seinen Mitarbeitern entwickelt wurden, untersuchten die Forscher, wie sich die Struktur von Aktiennetzwerken über die Zeit verändern. Ihr Abgleich mit anderen Metriken zur Marktstabilität beweist, dass diese vier Krümmungskonzepte als allgemeine Indikatoren für Marktinstabilität dienen.

    Ein besseres Verständnis systemischer Risiken

    Eine dieser Krümmungen, die Forman-Ricci-Krümmung (FRE), weist eine besonders hohe Korrelation mit traditionellen Finanzindikatoren auf und kann Marktangst (Volatilität) und Fragilität (Risiko) genau erfassen. Ihre Untersuchung bestätigt, dass der Markt in normalen Handelszeiten sehr fragmentiert ist, während in Zeiten von Blasen und drohenden Marktcrashs die Korrelationen zwischen den Aktien gleichmäßiger werden und stark miteinander verbunden sind. Die FRE reagiert sowohl auf sektorale als auch auf globale Marktschwankungen. Während gewöhnliche Indikatoren wie die Renditen unauffällig bleiben, legen Netzwerkkrümmungen diese Dynamik offen und erreichen während einer Blase extreme Werte. Somit kann die FRE Wechselwirkungen innerhalb und zwischen Sektoren, die die Ausbreitung von Markt Unruhen fördern und die Gefahr von Marktcrashs erhöhen, erfassen.

    Der Direktor des Max-Planck-Instituts für Mathematik in den Naturwissenschaften, Jürgen Jost, fasst die Schwierigkeiten bei der Analyse der Marktfragilität zusammen: "Es gibt keine einfachen Definitionen für einen Marktcrash oder eine Blase und die reine Beobachtung etablierter Marktindizes oder logarithmierter Renditen ist nicht ausreichend. Unsere Methodik könnte jedoch ein mächtiges Instrument zur kontinuierlichen Analyse des Marktrisikos und somit zur Gesundheit unseres Finanzsystems sein." Die durch diese Studie gewonnenen Erkenntnisse können Entscheidungsträgern helfen, systemische Risiken besser zu verstehen und Kipp-Punkte zu identifizieren, die aufkommende Finanzkrisen vorhersagen oder möglicherweise sogar ganz vermeiden können.

    Royal Society Open Science ist eine peer-review Open-Access-Wissenschaftszeitschrift, die seit 2014 von der Royal Society herausgegeben wird. Sie konzentriert sich auf die Veröffentlichung von qualitativ hochwertiger und innovativer Forschung im gesamten Bereich der Wissenschaft und Mathematik.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Areejit Samal
    Mail: asamal@imsc.res.in
    Institute of Mathematical Sciences (IMSc), Chennai, Indien
    Leiter der Max-Planck-Partnergruppe in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften Leipzig


    Originalpublikation:

    Samal A, Pharasi HK, Ramaia SJ, Kannan H, Saucan E, Jost J, Chakraborti A.:
    Network geometry and market instability.
    R. Soc. Open Sci. 8: 201734.
    https://doi.org/10.1098/rsos.201734


    Bilder

    Finanzblasen erfolgreich vorhersagen
    Finanzblasen erfolgreich vorhersagen

    MPI für Mathematik in den Naaturwissenschaften


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Mathematik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Finanzblasen erfolgreich vorhersagen


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).