idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
19.03.2021 11:36

Wie Blitzlichtfische mit Leuchtsignalen im Schwarm kommunizieren

Dr. Julia Weiler Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Blitzlichtfische können situationsspezifische Blinkmuster erzeugen, die einem visuellen Morsecode ähneln. Dass die Tiere diese Leuchtsignale nutzen, um ihr Verhalten im Schwarm bei eingeschränkter Sicht zu koordinieren, haben Forschende der Ruhr-Universität Bochum anhand von Labor- und Freilandversuchen gezeigt. Sowohl die Lichtintensität als auch die Blinkfrequenz hatte einen Einfluss auf das Verhalten der Tiere. Die Ergebnisse berichtet das Team um Peter Jägers und Prof. Dr. Stefan Herlitze vom Lehrstuhl für Allgemeine Zoologie und Neurobiologie in der Zeitschrift Scientific Reports, online veröffentlicht am 19. März 2021.

    „Unsere Daten zeigen, dass die Leuchtsignale der Schwarmmitglieder eine hohe Anziehungskraft auf Blitzlichtfische ausüben“, resümiert Jägers.

    Milchstraße im Wasser

    Blitzlichtfische der Art Anomalops katoptron besitzen unter den Augen ein Leuchtorgan, das mit leuchtenden Bakterien gefüllt ist und das sie verschließen können, sodass es aussieht, als würden sie blinken. Tagsüber verstecken sich die Tiere in Höhlen, Felsspalten oder im dunklen, tiefen Wasser. „In mondlosen Nächten wandern bis zu tausend Individuen im Schwarm ins planktonreiche Oberflächenwasser“, erzählt Peter Jägers, der die Fische bei einer Tauch-Expedition im Indo-Pazifik selbst in der Natur beobachten konnte. „Es ist eine surreale Erfahrung, die Schwärme zu sehen – wie eine Milchstraße im Wasser.“

    Um die Funktion der Blinkmuster zu verstehen, untersuchten die Wissenschaftler Anomalops katoptron zunächst im Labor in einem großen Wassertank, der digital steuerbare Fischattrappen enthielt, die die Leuchtsignale der Tiere nachahmen konnten. Mit Infrarot-Kameras zeichneten sie außerdem die Bewegungen einzelner Tiere als Reaktion auf die künstlichen Blitzlichter auf. Bei den Versuchen war jeweils nur ein Tier im Tank, wobei mehrere Individuen nacheinander getestet wurden.

    Blitzlichtattrappen ziehen Fische an

    Platzierten die Forscher eine einzelne Blitzlichtattrappe in der Mitte des Tanks, hielten sich die Fische umso näher dazu auf, je schneller das Licht blinkte. In einem weiteren Versuch waren 13 Lichter ringsum den Tank positioniert, die nacheinander mit unterschiedlichen Zeitabständen aufleuchteten. „Wir haben eine hohe Motivation der Blitzlichtfische gesehen, dem Licht zu folgen“, sagt Peter Jägers.

    Aus den Laborversuchen leiteten die Forscher ab, dass ein schnelleres Blinken ein Signal für Anomalops katoptron ist, sich dichter bei seinen Artgenossen im Schwarm aufzuhalten, zum Beispiel um sich in der Gruppe vor Räubern zu schützen. Diese Theorie bestätigte sich in Freilandversuchen. Auf einer Tauch-Expedition konnten die Forscher zeigen, dass die Tiere auf Stress mit schnellerem Blinken reagierten.

    Bei Nacht im Meer auf den Schwarm warten

    Die Wissenschaftler warteten bei einem nächtlichen Tauchgang in der Dunkelheit, bis ein Schwarm von Blitzlichtfischen in der Nähe war. Auf Licht, das heller als das Mondlicht ist, reagieren die Tiere mit sofortiger Flucht. Mit schwachem Rotlicht löste das Bochumer Team den Fluchtreflex aus und zeichnete gleichzeitig mit speziellen Kameras die Tiere und ihre Blinkmuster auf. So wiesen sie nach, dass Stress mit einer erhöhten Blinkfrequenz einherging. „Wir gehen davon aus, dass die erhöhte Blinkfrequenz das Signal ist, sich unter Stress näher an die anderen Gruppenmitglieder zu orientieren“, folgert Peter Jägers. „In unserer Studie konnten wir erstmals einen präzisen Zusammenhang zwischen visuell kommunizierten Signalen unter eingeschränkten Lichtverhältnissen, wie sie bei Nacht oder in der Tiefsee herrschen, und der Schwarmformation von Fischen darlegen. Wir hoffen, dass das bei zukünftigen Studien beispielsweise der weitestgehend unerforschten Tiefsee hilfreich sein kann.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Peter Jägers
    Lehrstuhl für Allgemeine Zoologie und Neurobiologie
    Fakultät für Biologie und Biotechnologie
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: +46 234 32 24351
    E-Mail: peter.jaegers@rub.de


    Originalpublikation:

    Peter Jägers, Louisa Wagner, Robin Schütz, Maximilian Mucke, Budiono Senen, Gino V. Limmon, Stefan Herlitze, Jens Hellinger: Social signaling via bioluminescent blinks determines nearest neighbor distance in schools of flashlight fish Anomalops katoptron, in: Scientific Reports, 2021, DOI: 10.1038/s41598-021-85770-w


    Weitere Informationen:

    https://news.rub.de/presseinformationen/wissenschaft/2021-03-19-biologie-wie-bli... Videos aus Labor und Freiland


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).