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22.03.2021 11:09

Gerecht verteilen: An welchen Kriterien orientieren sich Kinder und Jugendliche?

Regina Schneider Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Pädagogische Hochschule Karlsruhe

    Gerechtigkeit ist ein Menschheitsthema und spielt auch in der Schule eine große Rolle. Die Psychologin Prof. Dr. Jutta Kienbaum erforscht zusammen mit ihren Studierenden an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, wie sich Verteilungsgerechtigkeit bei Kindern und Jugendlichen entwickelt. Entscheiden sie nach Bedürftigkeit oder nach Leistung?

    Woran orientieren sich Kinder und Jugendliche intuitiv, wenn sie etwas gerecht verteilen sollen? Daran, wer bedürftiger ist? Daran, wer mehr geleistet hat? Oder berücksichtigen sie beide Kriterien? Und entscheiden jüngere Kinder anders als ältere? „Gerechtigkeit ist ein Menschheitsthema und spielt auch in der Schule eine große Rolle“, sagt die Entwicklungspsychologin Prof. Dr. Jutta Kienbaum, Leiterin des Instituts für Psychologie der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe.

    Ihr empirisches Forschungsseminar zur Frage, wie sich Verteilungsgerechtigkeit bei Kindern und Jugendlichen entwickelt, ist deshalb bei Lehramtsstudierenden auch im zehnten Jahr sehr gefragt. Im Rahmen dieses Seminars führen Studierende mit Schulkindern ein Experiment durch, das sich um eine Pausenhofgeschichte dreht. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler entscheiden, welche Protagonisten – dargestellt durch Playmobilfiguren – fürs Müllsammeln symbolisch mit wie viel Süßigkeiten belohnt werden. Sollen diejenigen mehr bekommen, die sich beim Müllsammeln angestrengt haben? Oder diejenigen, die zu Hause gar keine oder nur wenig Süßigkeiten haben?

    Mehr als 60 Abschlussarbeiten sind bereits aus dem Seminar heraus entstanden. Außerdem sind die Ergebnisse der Studierenden in eine Längsschnittstudie eingeflossen, die in Karlsruhe durchgeführt wurde. „Unsere Studie hat gezeigt, dass Kinder in der Grundschulzeit denjenigen mehr geben, die bedürftiger sind, oder Bedürftigkeit und Anstrengung gleichzeitig berücksichtigen“, berichtet Prof. Dr. Kienbaum. Jugendliche hingegen integrieren ganz überwiegend beide Kriterien und Erwachsene geben entweder der Person mehr, die sich mehr angestrengt hat, oder berücksichtigen beide Kriterien. „Die Bedürftigkeit als alleiniges Verteilungskriterium scheint also im Laufe des Lebens zu verschwinden“, so Kienbaum. Dieses Ergebnismuster bestätigten auch ihre in der Schweiz und Südtirol erhobenen Daten.

    „In meinem Forschungsseminar zur Verteilungsgerechtigkeit lernen die Studierenden wissenschaftlich zu arbeiten, auch experimentell “, sagt die Psychologin und unterstreicht: „Es ist wichtig und schön, den Forschergeist der Studierenden zu wecken.“ Marie Sommer beispielsweise geht gerade in ihrer Bachelorarbeit der Frage nach, ob Kinder an einer Montessori-Schule genauso verteilen wie an einer staatlichen Regelschule. Dazu hat die Lehramtsstudentin, die später in einer Grundschule unterrichten möchte, im Januar und Februar Schülerinnen und Schüler in der Notbetreuung in Rheinland-Pfalz befragt. „Besonders beeindruckt hat mich, wie wichtig Gerechtigkeit für Kinder ist, und mit wie viel Sorgfalt sie entscheiden“, erzählt die 23-Jährige.

    Und Alexandra Wilmsen, die Lehramt für die Sekundarstufe I studiert, sagt: „Durch das Seminar zum Thema Verteilungsgerechtigkeit habe ich mehr Verständnis für Schülerinnen und Schüler entwickelt. Gerade in der Sekundarstufe machen Kinder einen wichtigen Entwicklungsschritt. Hier sind Gelassenheit und Geduld gefragt.“ Es sei sehr spannend gewesen, die Forschungs- und Auswertungsmethoden der Psychologie kennenzulernen, so die 25-jährige Studentin. Und der Mehrwert, den das Seminar für ihren späteren Beruf als Lehrerin habe, sei „nicht von der Hand zu weisen“.

    Über die Pädagogische Hochschule Karlsruhe

    Als bildungswissenschaftliche Hochschule mit Promotions- und Habilitationsrecht forscht und lehrt die Pädagogische Hochschule Karlsruhe zu schulischen und außerschulischen Bildungsprozessen. Ihr unverwechselbares Profil prägen der Fokus auf MINT, mehrsprachliche Bildung und Heterogenität sowie eine aktive Lehr-Lern-Kultur. Das Studienangebot umfasst Lehramtsstudiengänge für Grundschule und Sekundarstufe I, Bachelor- und Masterstudiengänge für andere Bildungsfelder sowie professionelle Weiterbildungsangebote. Rund 220 in der Wissenschaft Tätige betreuen rund 3.600 Studierende. https://www.ph-karlsruhe.de

    Medienkontakt

    Regina Schneider M. A.
    Pressesprecherin
    Pädagogische Hochschule Karlsruhe
    Bismarckstraße 10
    76133 Karlsruhe
    Telefon +49 721 925 4115
    E-Mail: Regina.Schneider@vw.ph-karlsruhe.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Jutta Kienbaum, Leiterin des Instituts für Psychologie sowie des Studiengangs Pädagogik der Kindheit der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, E-Mail: jutta.kienbaum@ph-karlsruhe.de


    Originalpublikation:

    Kienbaum, J. (2013). Intuitive Aufteilungsentscheidungen in Grund- und Hauptschule sowie Gymnasium: Allgemeine oder differenzielle Entwicklung? Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 45 (4), 207-215. https://doi.org/10.1026/0049-8637/a000098

    Kienbaum, J., & Wilkening, F. (2009). Children's and adolescents' intuitive judgements about distributive justice: Integrating need, effort, and luck. European Journal of Developmental Psychology, 6, 481 - 498. https://psycnet.apa.org/doi/10.1080/17405620701497299


    Bilder

    Experiment zur Verteilungsgerechtigkeit.
    Experiment zur Verteilungsgerechtigkeit.

    PHKA


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende
    Pädagogik / Bildung, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Experiment zur Verteilungsgerechtigkeit.


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