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23.03.2021 15:16

MINT-Projekt für Mädchen gewinnt: Förderung für mobilen Makerspace „MAKEitREAL“

Vanessa Offermann Abteilung Hochschulkommunikation
Hochschule Heilbronn

    Die Region Heilbronn-Franken kann ihre Aktivitäten im außerschulischen MINT-Bereich, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, nun noch weiter ausbauen: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Projekt „MAKEitREAL“ als eines von insgesamt 22 Ideen zur Bildung eines MINT-Verbundes auserwählt. Hinter „MAKEitREAL“ steckt ein kooperatives Projekt der Stadt Heilbronn, dem Landesverband für naturwissenschaftlich-technische Jugendbildung Baden-Württemberg (natec) sowie der Hochschule Heilbronn (HHN). Pressesprecher Torsten Robert hat mit Projektleiterin Prof. Nicola Marsden über die Chancen, Herausforderungen und Perspektiven des Projekts gesprochen.

    Frau Marsden, herzlichen Glückwunsch, dass Sie und Ihre Mitstreiter*innen den Zuschlag vom BMBF für dieses Projekt erhalten haben. Was waren Ihre ersten Gedanken, als Sie davon erfahren haben?

    Nicola Marsden: Danke für Ihre Glückwünsche! Nach einer Phase intensiver Vorbereitung und Antragsstellung, an der viele Menschen mit hohem Engagement mitgearbeitet haben, wird MAKEitREAL nun wirklich Realität. Mein erster Gedanke war das Bild, wie Mädchen voller Begeisterung an ihren Projekten arbeiten. Und dann habe ich mich darauf gefreut, den vielen Partner*innen im Konsortium die gute Nachricht zu überbringen – denn wir sind ja ein MINT-Cluster und es sind viele Akteur*innen der Region dabei.

    „Makerspace“ ist ein Begriff, den wir gerade in unserer Region häufig hören. Den Makerspace bei der Experimenta und den Hohenloher Makerspace gibt es ja nun schon. Was ist bei Ihrem mobilen Makerspace anders?

    Marsden: Unsere Makerspaces unterscheiden sich in mehreren wesentlichen Punkten von den klassischen Angeboten, die es in der Region schon gibt. Wichtigster Ausgangspunkt ist unsere Zielgruppe – Mädchen mit Migrationshintergrund im Alter von 10-16 Jahren. Diese Zielgruppe wird von den bisherigen Angeboten nur sehr unzureichend erreicht. Deshalb stehen bei uns drei Punkte im Zentrum:

    1. Nur Mädchen: Es hat sich gezeigt, dass Mädchen, insbesondere in Bereichen, in denen sie aktuell noch deutlich unterrepräsentiert sind, von diesem Konzept profieren. Wir schaffen durch unsere Makerspaces eigene Räume für junge Mädchen, in denen sie gemeinsam mit anderen, ein ganz auf sie ausgerichtetes und niederschwelliges Angebot wahrnehmen können. So können sie in einem positiven und selbstwirksamkeitsfördernden Umfeld in Kontakt mit MINT-Themen kommen. Durch unsere Zusammenarbeit mit der Stadt Heilbronn erreichen wir die Zielgruppe auch gezielt, z.B. aufgrund deren direkten Kontakten zu Eltern in Vermittlungsrollen. Lassen Sie mich gleich eine Sache sagen, weil die Frage immer kommt: Wir freuen uns natürlich auch über interessierte Jungen und leiten sie zu einem entsprechenden Angebot weiter, z.B. in der Hochschule oder in der Experimenta.

    2. Wir verfolgen das Konzept der „aufsuchenden“ Arbeit. Wir gehen – sobald es die Lage zulässt – vor Ort in die Stadtteile. Wir fahren die Ausstattung dort hin und verwandeln beispielsweise ein Mal pro Woche einen Raum in einem der neu entstehenden Quartierszentren in einen Makerspace. Wir arbeiten mit kulturellen Mittler*innen zusammen und sind nah am räumlichen Umfeld der Mädchen und können so die Zielgruppe und auch ihr familiäres Umfeld besser erreichen.

    3. Der partizipative Ansatz: Um das Angebot konsequent an der Zielgruppe auszurichten, entwickeln wir es gemeinsam. Mädchen mit Migrationshintergrund werden durch Interviews, Befragungen und gemeinsame Entwicklung und Bewertung von Angeboten von Anfang an beteiligt. Studentinnen werden in unseren Makerspaces zudem als Mentorinnen und „Role Models“ involviert sein und die Mädchen dort anleiten.

    Jedes Jahr steigt die Anzahl Studierender, die ein MINT-Fach wählen. Gleichzeitig bestehen für MINT-Absolvent*innen gute Arbeitsmarktbedingungen. Fast 30 Prozent aller Beschäftigten sind in diesen Bereichen tätig. Jedoch ist der Frauenanteil seit Jahren nur langsam ansteigend und bewegt sich weiter bei unter einem Drittel bei den Studierenden und bei unter einem Sechstel in den MINT-Berufen. Wie kann und soll MAKEitREAL das ändern?

    Marsden: Durch die Digitalisierung der Gesellschaft steckt MINT heute in fast allen Berufsbildern. Das veraltete Bild von Technik auf der einen und kreativen und sozialen Tätigkeiten auf der anderen Seite ist überholt: Die Herausforderungen von morgen werden in interdisziplinären Teams bearbeitet. Die praktische Anwendung und das Gestaltungspotenzial von MINT wird in Makerspaces erlebbar. Das kann Vorbehalte abbauen und die Mädchen für diese Bereiche begeistern. Studierende als Mentorinnen und „Role Models“ sind dabei ein wichtiger Baustein. Mittel- und längerfristig werden die Mädchen dann begleitet, um anschließend weiterführende Angebote in der Region wahrzunehmen, von anderen Makerspaces bis zu Studien- und berufsvorbereitenden Angeboten, die im Idealfall zu einer Karriere im MINT-Bereich führen. Hier ist die Idee des MINT-Clusters wichtig: Wir vernetzen uns gezielt in der Region, um diesen Transfer zu erleichtern.

    Vor dem Hintergrund beschleunigter Digitalisierung kommt MINT-Berufen und damit der MINT-Ausbildung eine besondere Bedeutung zu und Personen, die in diesen Bereichen tätig sind, sind auch maßgebliche Gestalter*innen der Digitalisierung. Der Bedeutungszuwachs, die steigenden Beschäftigungschancen sowie die Möglichkeit, an der Ausgestaltung der Digitalisierung weiter Teile der Gesellschaft und des gesellschaftlichen Miteinanders mitzuwirken, sind somit Aspekte, an denen Frauen weiterhin nicht im selben Ausmaß partizipieren wie Männer. Teilen Sie diese Beurteilung und wie wollen Sie mit ihrem Projekt dagegenwirken?

    Marsden: Ja, das sehe ich genauso: Es geht darum, wie wir in Zukunft leben werden. Unser Miteinander, unsere Lebensräume, unsere Gesellschaft – alle Lebensbereiche werden maßgeblich digital gestaltet. Wir müssen dahin kommen, dass Frauen hier im selben Maße wie Männer mitwirken. Frauen haben oft andere Sicht- und Herangehensweisen und auch andere Ansprüche und Bedarfe, was digitale und technische Lösungen betrifft. Die meisten technischen Anwendungen werden von weißen Männern - oft unbewusst - nur für andere weiße Männer entwickelt. Die Perspektiven von Frauen und auch anderen gesellschaftlichen Gruppen wie z.B. People of Color sind stark unterrepräsentiert. Das zeigt sich dann auch im Ergebnis: Von medizinischen Geräten über Crashtest-Dummies bis hin zu Jobvermittlungsportalen – Stereotype und Vorurteile sind in vielen Produkten eingebaut und haben für Frauen oft fatale Konsequenzen.
    Des Weiteren – wie Sie auch bereits angesprochen haben – ist die Digitalisierung mit steigenden Beschäftigungschancen und der Gestaltung des gesellschaftlichen Miteinanders unmittelbar verbunden. Daher ist es unabdingbar, dass Frauen hier ihre Kompetenzen und Expertise gelten machen und die Chancen, die die Digitalisierung bietet, ergreifen können.

    Leider sind Mädchen und Frauen immer noch mit vielen Stereotypen konfrontiert, was ihre Interessen und Leistungen im MINT-Bereich betrifft. Auch stark männlich dominierte Angebote wirken oft abschreckend oder erzeugen bei Mädchen das Gefühl, hier nicht richtig dazu zu gehören. Hier bieten wir Mädchen einen Rahmen, in dem sie MINT fern von schulischem Noten-Druck und stereotypen Erwartungshaltungen und mit Bezug zum eigenen Leben und den eigenen Interessen ausprobieren können. Gleichzeitig möchten wir ihnen durch unser Angebot einen Eindruck von den vielen Möglichkeiten und spannenden Themenfelder der MINT-Bereiche nahebringen und ihr Selbstbewusstsein in dieser Hinsicht stärken, getreu dem Namen des Projektes: you can MAKEitREAL.

    Zum Abschluss noch die Frage, was Sie jungen Mädchen antworten würden, wenn die Sie fragen: Warum sollte ich heute einen MINT-Beruf erlernen?

    Marsden: Ich würde zunächst fragen, was sie sich denn von ihrem künftigen Beruf versprechen. Häufig ist es so, dass Mädchen ein Bild von MINT-Berufen haben, der mit der Realität wenig zu tun hat. Ich würde Ihnen aufzeigen, dass der MINT-Themenbereich ein unglaublich vielfältiger und spannenden Themenbereich ist – und ebenso vielfältig sind auch die Tätigkeiten.

    Ein MINT-Beruf bietet die Gelegenheit, die Welt zu erforschen und zu verändern, komplexe Probleme im Team zu lösen – sei es durch die Erforschung von Naturphänomenen oder die Entwicklung von Maschinen, Medizintechnik oder Software. Durch eine Tätigkeit im MINT-Bereich bietet sich also die Chance, die Zukunft unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens und den Umgang mit globalen Herausforderungen wie z.B. dem Klimawandel aktiv mitzugestalten. Nicht zuletzt bieten die meisten MINT-Abschlüsse sehr gute finanzielle Karriereperspektiven und eine hohe Flexibilität der Arbeitszeiten, insbesondere in der IT-Branche.

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    Hochschule Heilbronn – Kompetenz in Technik, Wirtschaft und Informatik
    Mit ca. 8.200 Studierenden ist die Hochschule Heilbronn eine der größten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg. Ihr Kompetenz-Schwerpunkt liegt auf den Bereichen Technik, Wirtschaft und Informatik. An vier Standorten in Heilbronn, Heilbronn-Sontheim, Künzelsau und Schwäbisch Hall bietet die Hochschule mehr als 50 Bachelor- und Masterstudiengänge an. Die Hochschule pflegt enge Kooperationen mit Unternehmen aus der Region und ist dadurch in Lehre, Forschung und Praxis stark vernetzt.

    Ansprechpartnerin:
    Prof. Dr. Nicola Marsden, Fakultät Informatik, Forschungsprofessur Sozioinformatik,
    Telefon: 07131-504-565, E-Mail: nicola.marsden@hs-heilbronn.de,
    Internet: http://www.hs-heilbronn.de

    Pressekontakt:
    Torsten Robert, Leiter Öffentlichkeitsarbeit & Pressesprecher,
    Telefon: 07131-504-499, E-Mail: torsten.robert@hs-heilbronn.de,
    Internet: http://www.hs-heilbronn.de


    Bilder

    Professorin Nicola Marsden.
    Professorin Nicola Marsden.

    HHN


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung
    regional
    Kooperationen, Schule und Wissenschaft
    Deutsch


     

    Professorin Nicola Marsden.


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