„Synergien identifizieren und nutzen“ – dieses Mantra begleitet uns in vielen Bereichen des täglichen Lebens. Es gilt jedoch auch weit darüber hinaus; ganz besonders in den grundlegenden Naturwissenschaften.
Gerade in der Physik ist es für Forscher reizvoll, spannende Phänomene, die scheinbar unabhängig nebeneinanderstehen, durch innovative Ideen geschickt zu verknüpfen. Nicht selten führt dies zu völlig neuen Einsichten in die geheimnisvollen Tiefen der Natur: Die Entdeckung der Zusammenhänge zwischen elektrischem Strom und Magnetismus im 19. Jahrhundert bildete die Grundlage für die Erkenntnis, dass sichtbares Licht und Wärmestrahlung zwei Erscheinungsformen desselben Phänomens sind. In ähnlicher Weise erwuchs das Grundprinzip des Lasers auf dem Verständnis der Reflexion von Licht sowie dessen Wechselwirkung mit den quantenmechanischen Energieniveaus bestimmter Atome.
Das Zusammenwirken der Theorie des Lichts und der Festkörperphysik ermöglichen schließlich die Realisierung immer hellerer und energieeffizienterer LEDs in nahezu allen Farben des Regenbogens. Synergien zu finden und zu erforschen steht damit in der Liste der Aufgaben forschender Physiker ganz oben.
Professor Alexander Szameit vom Institut für Physik der Universität Rostock ist gemeinsam mit Kollegen aus China, den USA, Kroatien und Griechenland nun ein solcher, entscheidender Durchbruch in den optischen Wissenschaften gelungen. Das Wissenschaftlerteam vereinigte drei der zurzeit wichtigsten und interessantesten Phänomene in der Photonik in einem bahnbrechenden Experiment: Topologie, Nichtlinearität und PT-Symmetrie. Jedes dieser drei hochaktuellen Forschungsthemen besitzt seine eigene Faszination: Das abstrakte, ursprünglich aus der Mathematik entlehnte Konzept lässt Licht in mikroskopischen Systemen verlustfrei um Ecken und Kanten fließen. Nichtlineare Systeme, also solche, die buchstäblich mehr als die Summe ihrer Teile sind, spielen insbesondere bei Lasern oder der Bildung von Riesenwellen auf den Weltmeeren eine zentrale Rolle. PT-Symmetrie ist ein modernes Konzept zur Beschreibung des mikroskopischen Zusammenwirkens von Verstärkung und Dämpfung, und bietet nicht weniger als eine neue Beschreibung unserer Welt.
In ihrem Experiment ist es der multinationalen Wissenschaftlergruppe erstmals gelungen, alle drei Phänomene mit einander zu verbinden. „Vor wenigen Jahren noch wäre ein solcher Schritt nicht möglich gewesen“ sagt Professor Szameit. Erst durch die Zusammenarbeit vieler Wissenschaftler aus aller Welt sei es nun gelungen, dieses Experiment durchzuführen. „Dieses Ergebnis ist ein wahrer Meilenstein“, freut er sich. „Wir haben gezeigt, dass es möglich ist, die globalen Eigenschaften topologischer Systeme optisch an- und auszuschalten“. Mit Freude blickt der Forscher auf das nun Kommende: Theoretische Physiker müssen zunächst eine umfassende Beschreibung der experimentellen Resultate erarbeiten. Zudem wird es möglich sein, die Erkenntnisse aus diesem lichtbasierten Experiment auf andere Systeme zu übertragen, beispielsweise Schallwellen oder ultrakalte Atome. Auf die daraus erwachsenden Synergien dürfen wir gespannt sein.
Prof. Dr. Alexander Szameit
AG Experimentelle Festkörperoptik
Institut für Physik
Universität Rostock
Tel.: +49 381 498-6790
E-Mail: alexander.szameit@uni-rostock.de
Das Originalmanuskript ist im renommierten Wissenschaftsjournal Science erschienen und unter der DOI 10.1126/science.abf6873 erreichbar.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Physik / Astronomie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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