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27.04.2021 14:20

Luftfracht entdeckt den muslimischen Markt

Nicole Seliger Kommunikation und Veranstaltungsmanagement
Frankfurt University of Applied Sciences

    Forschungsprojekt an der Frankfurt University of Applied Sciences ermittelt Voraussetzungen für Halal-Logistik / Umfrage-Teilnehmende in Deutschland sind bereit, mehr Geld für Halal-Produkte auszugeben

    Die Globalisierung fordert neue Verfahrensweisen in der Logistik, auch, wenn es um den Warenimport und -export zwischen muslimischen und nicht-muslimischen Ländern geht. Der Grund liegt auch in der steigenden Nachfrage an Produkten, die als „halal“ gekennzeichnet sind, also nach den Prinzipien der islamischen Normen zulässig. Prof. Dr. Yvonne Ziegler, Professorin für Luftverkehrsmanagement der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) hat in ihrer Studie „Halal-Logistik in der Luftfracht“ untersucht, wie hoch der Bedarf an Halal-Produkten, die per Luftfracht importiert und exportiert werden, unter den rund fünf Millionen Muslima und Muslimen in Deutschland ist und wie die Hauptanforderungen an eine Halal-Luftfracht-Lieferkette aussehen. Um dem Standard zu genügen, müssen auch Herstellung und Lieferkette der Produkte – neben Lebensmitteln etwa auch Kosmetika und Pharmazeutika – halal sein. Die Studie ist gemeinsam mit den Projektpartnern HALAL CONTROL GmbH sowie der Lufthansa Cargo AG entstanden.

    „Vertrauen ist eine Grundvoraussetzung für die Akzeptanz von Halal-Produkten beim Konsumenten. Der Verbraucherschutz und die Integrität in der Lieferkette sind daher ein Muss“, fasst Ziegler zusammen. Die Studie untersuchte zudem, inwieweit die Kunden bereit sind, für den Halal-Transportweg höhere Kosten zu bezahlen, und führte dafür eine Umfrage unter 772 Muslima und Muslimen in Deutschland durch. Fast alle der Befragten halten es für „sehr wichtig“ (88 Prozent) oder „einigermaßen wichtig“ (9 Prozent), Produkte zu konsumieren, die den Halal-Richtlinien entsprechen. Diese Entscheidung wird von dem Großteil der Befragten aus religiösen Motiven getroffen. Ohne Berücksichtigung des Preises würden sich 94 Prozent der Befragten für Produkte mit dieser Zertifizierung entscheiden. Mehr als die Hälfte der Umfrage-Teilnehmer/-innen (59 Prozent) wäre auch bereit, für diesen Standard einen finanziellen Aufschlag zu bezahlen. Knapp ein Drittel der Befragten würde einen Aufpreis ausschließlich für frische Halal-Produkte in Betracht ziehen. Die Bereitschaft, einen höheren Preis zu zahlen, ist dabei unabhängig von dem Einkommen der Befragten. Ungefähr 80 Prozent der teilnehmenden Muslima und Muslime wären bereit, für Halal-Produkte zwischen fünf Prozent und 20 Prozent mehr als für nicht Halal-Produkte auszugeben; für die übrigen 20 Prozent der Befragten wäre sogar ein Plus von mindestens 50 Prozent akzeptabel. Zu den besonders nachgefragten Produkten gehören laut den Ergebnissen der Umfrage Süßigkeiten, Aromen und Fleisch. Kaufentscheidend ist für die große Mehrheit der befragten Muslima und Muslime die Zertifizierung der Produkte als halal von einer offiziellen Stelle. „Interessanterweise vertraut der durchschnittliche Kunde einem Halal-Zertifikat, das von einem deutschen Institut ausgestellt wurde, mehr als einem Halal-Zertifikat aus dem Ursprungsland des Produkts“, fasst Ziegler eine Erkenntnis aus der Studie zusammen. Für 78 Prozent der Befragten ist nicht nur die Zertifizierung des Produkts selbst wichtig, sondern auch die Gewissheit, dass die gesamte Lieferkette mit den Halal-Standards vereinbar ist.

    Das Forschungsprojekt ist zudem eine Analyse des Marktpotenzials für den weltweit noch unerforschten Bereich der Halal-Logistik in der Luftfracht, insbesondere am Flughafen Frankfurt. Sie ermittelte, welches Potenzial der Flughafen Frankfurt zum Hub für Halal-Produkte in Europa hat und welche Voraussetzungen hierfür geschaffen werden müssen. Deutschland gehört weltweit zu den fünf größten Fleischexporteuren in islamische Länder, im Jahr 2015 wurden knapp 40.000 Tonnen Fleisch und Innereien via Luftfracht mit einem Wert von mehr als 3 Milliarden Euro in die zehn größten muslimischen Länder exportiert. Um die Bedürfnisse der importierenden und exportierenden Unternehmen in Deutschland zu untersuchen, wurden 20 von ihnen für das Forschungsprojekt befragt. Eine der Erkenntnisse aus der Studie ist, dass für eine Lieferkette nach Halal-Standard sämtliches Equipment und sämtliche Geräte auf dem Transportweg exklusiv für Halal-Produkte verwendet werden sollten.

    Um die Halal-Produktintegrität nach den geltenden Halal-Normen über die gesamte Transportkette hinweg zu sichern, wurde bereits im Jahr 2010 ein internationaler Halal-Logistikstandard eingeführt, der bisher aber nur vereinzelt umgesetzt wird, etwa in Malaysia oder bei dem weltweit ersten Halal-Luftfracht-Spediteur in Japan. Auch einzelne Häfen in Europa sind bereits zertifiziert, doch in der Luftfracht sieht Mahmoud Tatari, Geschäftsführer des Projektpartners HALAL CONTROL GmbH, großes Potenzial: „Verderbliche und wertvolle Lebensmittel müssen weiterhin per Luftfracht transportiert werden und dadurch könnten interessante Geschäftschancen für Flughäfen und Airlines entstehen, die Interesse haben, ihre Fertigkeiten auf Halal-Logistik auszuweiten“. Wenn Halal-Vorschriften in der gesamten Lieferkette gelten sollen, bedeutet das, dass auch die Luftfracht-Logistik in Deutschland entsprechend neue Prozesse definieren und einführen müsste. Nur dann kann sie den internationalen Halal-Standards genügen, die eine Gewährleistung des halal-konformen Handlings bezüglich der Produkt-Verpackung, -Lagerung und des -Transports einfordern.

    „Es gab bisher kaum wissenschaftliche Forschung zur Halal-Logistik in Europa. Das Forschungsprojekt ist somit die Grundlage dafür, dass Firmen künftig an diesem stark wachsenden Markt teilnehmen können“, ergänzt Ziegler. „Denn wer wirtschaftlich an diesem lukrativen Markt teilhaben wird, entscheidet sich zu einem wesentlichen Teil daran, wer die Grundlagen in Bezug auf die Einhaltung von Halal-Standards vorweisen kann.“

    Das Projekt wurde aus Mitteln des Landes Hessen und der HOLM-Förderrichtlinie „Innovationen im Bereich Logistik und Mobilität“ des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung mit einer Fördersumme von 21.600 Euro gefördert und wurde von Juni bis Dezember 2017 durchgeführt. Kooperationspartner waren die Lufthansa Cargo AG sowie die HALAL CONTROL GmbH. Unterstützt wurde das Forschungsprojekt zudem von der Fraport AG und Karavan Management Consulting.

    Den kompletten Forschungsbericht finden Sie unter: https://www.frankfurt-university.de/de/hochschule/fachbereich-3-wirtschaft-und-r...


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 3: Wirtschaft und Recht, Prof. Dr. Yvonne Ziegler, Telefon: +49 69 1533-2922, E-Mail: ziegler@fb3.fra-uas.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Religion, Verkehr / Transport
    überregional
    Forschungsergebnisse, Kooperationen
    Deutsch


     

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