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12.05.2021 11:54

Wirkstoffe effizient in Zellen schmuggeln

Clarissa Grygier Kommunikation und Marketing
Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts

    Ein neues, patentiertes Verfahren namens Progressive Mechanoporation ermöglicht es, die Membranen von Zellen kurzzeitig mechanisch aufzureißen und so Medikamente oder Gene in das Innere zu bringen. Auf diese Weise können Forscher*innen leichter als bisher neue Therapien testen.

    Moderne Impfstoffe wie die gegen Sars-CoV-2 nutzen winzige Fettkügelchen, um genetische Informationen in Zellen zu bringen und so eine Immunabwehr gegen das gefährliche Virus aufzubauen. Ein Team von Wissenschaftler*innen aus Erlangen, Dresden und London hat nun eine ganze neue Methode entwickelt, mit deren Hilfe sich sehr effizient nicht nur Gene, sondern auch Wirkstoffe und andere Substanzen in Zellen transportieren lassen. Die Forscher*innen vom Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin (MPZPM) in Erlangen und von der Technischen Universität Dresden bzw. The Institute of Cancer Research London haben die Methode Progressive Mechanoporation getauft und sie jetzt im Fachmagazin „Lab on a Chip“ veröffentlicht. Zudem haben sie ein Patent eingereicht.

    Die Wissenschaftler*innen rund um Salvatore Girardo (Erlangen) und Jörg Mansfeld (Dresden/London) – insbesondere Ruchi Goswami und Alena Uvizil – haben einen speziellen Biochip aus einem Kunststoff gebaut, auf dem hintereinander immer enger werdende Kanäle, die mehr als zehnmal kleiner sind als ein menschliches Haar, angeordnet sind. Zellen, die durch diese Kanäle gepresst werden, strecken sich dabei immer stärker, bis Löcher in der Plasmamembran entstehen. Durch diese Löcher können dann Moleküle in das Zellinnere gelangen. Haben die Zellen die Kanäle passiert, schließen sich die Löcher von alleine wieder. Die Forschenden haben gezeigt, dass das sogar mit sehr großen Proteinen klappt. Als Proof-of-Concept haben sie Antikörper und CRISPR/Cas9 eingesetzt, die Genschere, deren Entdeckung im letzten Jahr zu einem Nobelpreis führte.

    Potentiell ein neues Routineverfahren für Krankenhäuser

    „Der große Vorteil unserer Methode: Wir können bis zu 10.000 Zellen pro Sekunde durch den Chip schicken“, erklärt Salvatore Girardo, der am MPZPM die Technologieentwicklungs- und Servicegruppe Lab-on-a-Chip leitet. Gleichzeitig ist das Verfahren sehr schonend, nur wenige Zellen werden im Vergleich zu anderen Techniken geschädigt.

    Mit Hilfe der Methode können etwa Pharmahersteller künftig sehr effizient Wirkstoffe testen, um neue Medikamente zu entwickeln. Zudem lässt es sich gut automatisieren. Jörg Mansfeld, der am Biotechnologischen Zentrum der TU Dresden und am The Institute of Cancer Research in London eine Forschungsgruppe leitet, ergänzt: „Ich kann mir vorstellen, dass in Zukunft Krankenhäuser mit der Progressiven Mechanoporation routinemäßig Zellen von Patienten untersuchen und sogar behandeln können.“

    Über das Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin (MPZPM)

    Das Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin ist ein gemeinsames Projekt der drei Kooperationspartner Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL), Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und Universitätsklinikum Erlangen (UK). Ziel des neuen Forschungszentrums ist die Anwendung von fortschrittlichen Methoden der Experimentalphysik und Mathematik in der biomedizinischen Grundlagenforschung. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der interzellulären Mikroumgebung.

    https://www.mpzpm.de

    Über das Biotechnologische Zentrum (BIOTEC)

    Das Biotechnologische Zentrum (BIOTEC) wurde 2000 als zentrale wissenschaftliche Einrichtung der TU Dresden mit dem Ziel gegründet, modernste Forschungsansätze in der Molekular- und Zellbiologie mit den in Dresden traditionell starken Ingenieurswissenschaften zu verbinden. Seit 2016 ist das BIOTEC eines von drei Instituten der zentralen wissenschaftlichen Einrichtung Center for Molecular and Cellular Bioengineering (CMCB) der TU Dresden. Das BIOTEC nimmt eine zentrale Position in Forschung und Lehre im Forschungsschwerpunkt Molecular Bioengineering ein und verbindet zellbiologische, biophysikalische und bioinformatische Ansätze miteinander. Es trägt damit entscheidend zur Profilierung der TU Dresden im Bereich Gesundheitswissenschaften, Biomedizin und Bioengineering bei.

    https://www.tu-dresden.de/cmcb/biotec
    https://www.tu-dresden.de/cmcb

    Über das Institute of Cancer Research, London

    Das Institute of Cancer Research, London, gehört zu den herausragenden Krebsforschungsorganisationen der Welt. Wissenschaftler und Kliniker am Institute of Cancer Research (ICR) arbeiten jeden Tag daran, das Leben von Krebspatienten zu verbessern. Durch die einzigartige Partnerschaft mit dem Royal Marsden NHS Foundation Trust und einem "Bench-to-Bedside"-Ansatz ist das ICR in der Lage klinisch relevante Erkenntnisse zu generieren, wie es andere Institutionen nicht können. Gemeinsam gehören die beiden Einrichtungen zu den vier besten Zentren für Krebsforschung und -behandlung weltweit.
    Das ICR hat eine herausragende Erfolgsgeschichte, die mehr als 100 Jahre zurückreicht. Es lieferte den ersten überzeugenden Beweis, dass DNA-Schäden die grundlegende Ursache für Krebs sind, und legte damit den Grundstein für die heute allgemein akzeptierte Vorstellung, dass Krebs eine genetische Erkrankung ist. Heute ist es weltweit führend bei der Identifizierung von krebsassoziierten Genen und der Entdeckung neuer zielgerichteter Medikamente für die personalisierte Krebsbehandlung.
    Als College der University of London ist das ICR die führende akademische Einrichtung Großbritanniens in Bezug auf die Qualität der Forschung und bietet eine postgraduierte Hochschulausbildung von internationalem Rang. Es hat den Status einer Hilfsorganisation und ist auf die Unterstützung von Partnerorganisationen, Wohltätigkeitsorganisationen und der allgemeinen Öffentlichkeit angewiesen.Die Mission des ICR ist es, Entdeckungen zu machen, die Krebs besiegen.

    https://www.icr.ac.uk/


    Originalpublikation:

    Alena Uvizl, Ruchi Goswami, Shanil Durgeshkumar Gandhi, Martina Augsburg, Frank Buchholz, Jochen Guck, Jörg Mansfeld and Salvatore Girardo: Efficient and gentle delivery of molecules into cells with different elasticity via progressive mechanoporation.
    Lab Chip, 2021, Advance Article, https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/lc/2021/d0lc01224f
    https://doi.org/10.1039/d0lc01224f


    Bilder

    Fluoreszierende weiche Kunststoffkügelchen passieren die sich verengenden Kanäle eines Biochips.
    Fluoreszierende weiche Kunststoffkügelchen passieren die sich verengenden Kanäle eines Biochips.
    Salvatore Girardo
    MPZPM, Salvatore Girardo

    Während ihrer Passage durch den Biochip werden die Zellen immer stärker gestreckt. Dabei entstehen Löcher in der Membran, durch die Substanzen in ihr Inneres gelangen.
    Während ihrer Passage durch den Biochip werden die Zellen immer stärker gestreckt. Dabei entstehen L ...
    Ruchi Goswami
    Ruchi Goswami


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Kooperationen
    Deutsch


     

    Fluoreszierende weiche Kunststoffkügelchen passieren die sich verengenden Kanäle eines Biochips.


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    Während ihrer Passage durch den Biochip werden die Zellen immer stärker gestreckt. Dabei entstehen Löcher in der Membran, durch die Substanzen in ihr Inneres gelangen.


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