idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.05.2021 14:35

Angeborenes Immunsystem kaum Treiber für überschießende Immunreaktion bei COVID-19

Dr. Susanne Stöcker Presse, Informationen
Paul-Ehrlich-Institut - Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel

    Schwere COVID-19-Krankheitsverläufen gehen mit einem entgleisten Immunsystem einher, wobei große Mengen immunologischer Botenstoffe freigesetzt werden. Entgegen bisheriger Annahmen spielen bei diesen Prozessen Immunzellen der angeborenen Immunantwort offenbar keine relevante Rolle. Zu diesem Ergebnis kommt die von Prof. Zoe Waibler und Dr. Martina Anzaghe geleitete Forschungsgruppe des Paul-Ehrlich-Instituts und die Gruppe von Prof. Georg Kochs, Universitätsklinik Freiburg. Untersucht wurde der Einfluss einer SARS-CoV-2-Infektion auf wichtige Akteure des angeborenen Immunsystems. Über die Ergebnisse berichtet Frontiers in Immunology in seiner Online-Ausgabe vom 26.05.2021.

    Das Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert primär spezialisierte Zellen der Lunge (Pneumozyten) und Makrophagen, Zellen des angeborenen Immunsystems. Eine hohe SARS-CoV-2-Viruslast ist stark mit einer überschießenden Freisetzung immunologischer Botenstoffe (Zytokinsturm) assoziiert. Ein Zytokinsturm bedeutet für die betroffene Person eine schlechte Prognose für den Verlauf der Erkrankung: Bei kritisch kranken COVID-19-Patient:innen sind die Spiegel vieler Zytokine, u.a. auch eines der wichtigsten entzündungsfördernden Zytokine, des Interleukin-6 (IL-6) deutlich erhöht.

    Bislang sind die frühen Immunantworten nach einer SARS-CoV-2-Infektion nicht vollständig verstanden. Es wird vermutete, dass das angeborene Immunsystem zu der massiven Zytokinproduktion und Pathogenese bei COVID-19 beiträgt.

    Der Frage, welche Rolle menschliche angeborene Immunzellen – dendritische Zellen und Makrophagen – bei einer SARS-CoV-2-Infektion spielen, ging ein Forschungsteam um Dr. Martina Anzaghe und Prof. Zoe Waibler, Leiterin des Fachgebiets Produktprüfung immunologischer Arzneimittel der Abteilung Immunologie des Paul-Ehrlich-Instituts, gemeinsam mit Prof. Georg Kochs, Universitätsklinik Freiburg, nach.

    In Laborexperimenten untersuchte die Forschungsgruppe die Prozesse, die bei Kontakt des Coronavirus SARS-CoV-2 mit humanen dendritischen Zellen und zwei Arten von Makrophagen des angeborenen Immunsystems ablaufen. Sie stellten fest, dass die Zellen von SARS-CoV-2 infiziert werden und die Zellen diese Infektion gut überstehen, also nicht zerstört werden. Die Infektion dieser Zellen führte darüber hinaus nicht zur Freisetzung neuer Viruspartikel – SARS-CoV-2 kann sich also offenbar nicht in diesen Zellen vermehren. Ein weiterer wichtiger Befund: Der Aktivierungszustand der Zellen, von dem auch abhängig ist, in welchem Ausmaß die Freisetzung von Zytokinen vermittelt wird, änderte sich kaum. Tatsächlich führte die Infektion dieser Zellen nicht zu einer Ausschüttung wichtiger Zytokine. Auch eine Ko-Infektion mit anderen Viren wie z.B. Grippe(Influenza)-Viren änderte diesen Befund nicht.

    „Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass weder dendritische Zellen, noch Makrophagen relevant an der teilweise lebensbedrohlichen Entgleisung des Immunsystems bei COVID-19-Patientinnen und -Patienten beteiligt sind. Dies ist eine weitere wichtige Erkenntnis auf dem Weg zur Aufklärung der Prozesse, die nach SARS-CoV-2-Infektion zu den teils verheerenden Immunreaktionen führen. Ein besseres Verständnis könnte dazu beitragen, frühzeitig Risikopatientinnen und -patienten zu erkennen und besser behandeln zu können. Auch könnten diese Prozesse Aufschluss über grundsätzliche Mechanismen geben, die auch für andere Viren bedeutsam sein könnten“, erläutert Martina Anzaghe die Bedeutung der Ergebnisse dieser Untersuchung.


    Originalpublikation:

    Niles MA, Gogesch P, Kronhart S, Ortega Iannazzo S, Kochs G, Waibler Z, Anzaghe M (2021): Macrophages and dendritic cells are not the major source of pro-inflammatory cytokines upon SARS-CoV-2 infection. Front. Immunol., 26 May 2021 | DOI: 10.3389/fimmu.2021.647824


    Weitere Informationen:

    https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fimmu.2021.647824/full - Volltext (frei)
    https://www.pei.de/DE/newsroom/pm/jahr/2021/10-angeborenes-immunsystem-kaum-trei... - Diese Pressemitteilung auf den Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts


    Bilder

    Coronaviren
    Coronaviren
    Shaun_F
    Pixabay.com


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Coronaviren


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).