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16.11.1998 00:00

Wenn die Speiseroehre zum Magen wird - 23. Symposium "Aktuelle Chirurgie"

Felicitas Wlodyga M.A. UKBF-Pressestelle / MWM-Vermittlung
Universitätsklinikum Benjamin Franklin

    23. Symposium "Aktuelle Chirurgie" (PM214/98)
    20. + 21. November 1998
    im Universitaetsklinikum Benjamin Franklin

    Thema: Oesophaguscarcinom und Adenocarcinom des gastrooesophagealen Überganges
    (Speiseroehrenkrebs und Krebs des Überganges zwischen Magen und Speiseroehre)

    Brennende Schmerzen vom Magen bis zum Hals hinauf und saures Aufstoßen - so aeußert sich Sodbrennen. Fuer manch einen ist es eine normale Befindlichkeitsstoerung, fuer die Mediziner eine Krankheit. "Sodbrennen darf nicht verharmlost werden, denn es kann zu einer Entzuendung oder sogar zu einem Krebs der Speiseroehre fuehren", warnt Dr. Joerg-Peter Ritz, Chirurg am Berliner Universitaetsklinikum Benjamin Franklin. Dort treffen sich am 20. und 21. November zum 23. Mal etwa 500 Chirurgen, Krebs- und Magenspezialisten auf dem Symposium "Aktuelle Chirurgie", das diesmal dem Speiseroehrenkrebs gewidmet ist.
    Diese Krebsart hat unter allen boesartigen Erkrankungen weltweit am staerksten zugenommen:
    Die Zahl der Betroffenen hat sich in den letzten 30 Jahren verfuenffacht. Die Gruende dafuer sind nicht bekannt. Waehrend in den Industrielaendern der Speiseroehrenkrebs noch vergleichsweise selten vorkommt - 3.000 bis 5.000 Bundesbuerger im Jahr erkranken daran -, gehoert er in den Laendern des asiatischen Raums zu den haeufigsten Krankheiten. "Das haengt wohl mit der Ernaehrung, etwa mit den scharfen Gewuerzen, zusammen", vermutet Ritz.
    In Europa sind es weniger die Gewuerze, als Nikotin und Alkohol, die die empfindliche Speiseroehre (im Medizinerlatein: Oesophagus) reizen. Sodbrennen, auch Refluxkrankheit genannt, ist ein erstes Warnsignal. Speisen, die bereits im Magen waren, fließen samt aetzender Magensaeure in die Speiseroehre zurück (Reflux = Rueckfluß). Nicht nur, wer viel raucht und trinkt, sondern auch wer viel Fettes und Suesses ißt und unter Uebergewicht leidet,
    wird haeufiger sauer aufstoßen muessen. Eventuell ist die Ursache für die Refluxkrankheit auch ein gebrochenes Zwerchfell oder ein erschlaffter Schliessmuskel: Dieser Muskel am Uebergang zwischen Speiseroehre und Magen verhindert normalerweise den Rueckfluss des Mageninhalts. Etwa jeder dritte Bundesbuerger leidet unter mehr oder weniger haeufigem Sodbrennen. "Kehren die Beschwerden immer wieder, sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen", rät Dr. Ritz. Der kann mittels einer Spiegelung feststellen, ob die sensible Schleimhaut der Speiseröhre durch den staendigen "Saeurestreß" bereits entzuendet ist. Eine chronische Entzuendung kann zum sogenannten Barrett-Syndrom fuehren: Die Schleimhaut der Speiseroehre, die fuer die Verdauungssaefte des Magens nicht gemacht ist, bildet sich um und verwandelt sich in Magenschleimhaut (Adeno-Schleimhaut). In acht Prozent der Faelle kann
    daraus ein sogenanntes Adeno-Karzinom entstehen. Patienten mit einem Barrett-Syndrom sollten sich deshalb einmal im Jahr spiegeln lassen. Dabei entnimmt der Arzt eine
    Gewebeprobe, die er auf entartete Zellen hin untersucht. Zur Therapie einer Speiseröhrenentzuendung, mit oder ohne Barrett-Syndrom, verabreicht er saeurehemmende
    Medikamente, sogenannten Antazida. In schwereren Fällen wird operiert. "Dabei ummanteln wir den Schließmuskel am unteren Ende der Speiseroehre mit einem kleinen Teil der Magenwand", erklaert Dr. Ritz. Der Magen muß haeufig ganz herhalten, wenn der Arzt einen Krebs der Speiseroehre diagnostiziert: In einer aufwendigen Operation wird der Magen hochgezogen und ersetzt die Speiseroehre. Damit faellt der Magenbeutel weg - der Krebs ist aber unter Umstaenden geheilt. Dr. Ritz: "Die Lebensqualitaet der Patienten ist nach dieser
    Operation nicht schlecht. Sie koennen allerdings nicht mehr viel auf einmal essen, sondern duerfen nur noch sehr kleine Mahlzeiten zu sich zu nehmen". Eventuell ergänzen
    Chemotherapie und Bestrahlung die Operation. Wird ein Tumor in einem sehr fruehen Stadium entdeckt, steht ein ganz neues Verfahren zur Verfuegung: die photodynamische Therapie. Dabei wird ein Medikament in die Venen gespritzt, daß unter dem Einfluß von Licht giftige Substanzen ausschuettet. Anschließend bestrahlt man gezielt den Tumor durch ein
    Endoskop mit Laserlicht, so daß die Krebs-Zellen abgetoetet werden. Doch leider kommt ueber die Haelfte der Patienten erst in einem weit fortgeschrittenen Stadium in die Klinik. Denn nicht immer zeigen sich fruehe Warnsignale, wie Sodbrennen, Schluckauf oder Schluckbeschwerden. Und nur selten lassen sich die Patienten, die oft Alkoholiker sind,
    dazu bewegen, mit dem Trinken aufzuhoeren. Als Themen werden unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Heinz Johannes Buhr auf dem traditionellen Symposium
    "Aktuelle Chirurgie" diskutiert: Wann wird wie operiert - nimmt man etwa bei Tumoren an der Grenze zwischen Speiseroehre und Magen auch Teile des Magens heraus? Welche
    Erfahrungen werden mit der Kombination von Bestrahlung und Chemotherapie gemacht(sogenannte multimodale Therapiekonzepte)? Und welche mit der photodynamischen
    Therapie, die sich noch in der klinischen Erprobung befindet?
    Anke Nolte

    Kasten:

    Damit es nicht mehr brennt
    Wegen des Krebsrisikos sollte man dem Sodbrennen so frueh wie moeglich Einhalt gebieten.
    Folgende Verhaltensaenderungen koennen schon helfen:
    - bei Uebergewicht: abnehmen
    - Alkohol und Rauchen einschraenken
    - weniger Kaffee trinken
    - scharfe, fette und suesse Speisen meiden
    - nach dem Essen nicht gleich hinlegen (foerdert den Rueckfluß)
    - beim Schlafen das Kopfteil hoeher stellen


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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