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09.03.2004 14:58

Festkultur, Trinkgelage und Alltag im antiken Athen

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    An Universitäten finden alljährlich Symposien statt. Das sind sehr seriöse Zusammenkünfte, bei denen sich Wissenschaftler über aktuelle Themen ihres Faches unterhalten. Symposien wurden auch im antiken Athen abgehalten. Allerdings fanden sie dort als Kombination aus ernsthafter Diskussion und Weingenuss statt. Über solche Trinkgelage und die Festkultur der alten Griechen informiert ab heute eine neue Sonderausstellung im Martin-von-Wagner-Museum der Uni Würzburg.

    Die Trinkfeiern der Griechen spielten sich in der aristokratischen Gesellschaft ab. Sie begannen nach dem Abendessen im Haus eines Gastgebers und verliefen anfangs sehr kultiviert: Erörtert wurden Fragen der Politik und der Erziehung. Auch wirtschaftliche Kontakte wurden geknüpft.

    Die Gäste lagen auf Betten, vor sich ein Tischchen, führten Gespräche, musizierten, sangen, spielten und tranken. Ein Vorsteher überwachte, dass der Wein in den großen Tongefäßen im richtigen Verhältnis mit Wasser gemischt wurde. Für Unterhaltung sorgten auch Hetären. Bei diesen gemieteten Damen, vergleichbar mit den japanischen Geishas, handelte es sich um professionelle Unterhaltungskünstlerinnen, die zu vorgerückter Stunde auch erotische Dienste anboten.

    Je später der Abend, desto ausgelassener die Symposien: Die Türen des Hauses wurden geöffnet, so dass andere Zecher hinzukommen konnten, man tanzte um das große Weinmischgefäß. Zum Teil verließen die Teilnehmer sogar singend und mit ihren Instrumenten das Gebäude und zogen dann lautstark um die Häuser.

    Den Symposien der Griechen ist der erste Raum in der Sonderausstellung "Das halbe Leben ein Fest - Alltag im antiken Athen" gewidmet. Anlass für die Schau ist der 1300. Geburtstag, den die Stadt Würzburg in diesem Jahr feiert. Hier zieht das Museum Parallelen nach Griechenland: Es informiert über einen Teil der Stadtgeschichte Athens sowie über die Festkultur und den Alltag der Griechen in der Antike.

    Zur Mitte des 5. Jahrhunderts vor Christus gab es in Athen mehr als 50 Festtage im Jahr, so Professor Ulrich Sinn, Leiter der Antikenabteilung. Da war zum Beispiel das drei Tage dauernde Blütenfest im Frühling, bei dem die Fässer geöffnet wurden, in denen der Wein über den Winter gereift war. Zu den Feierlichkeiten gehörte ein Wetttrinken, für das sogar eigene Tongefäße mit einer typischen, kleeblattförmigen Mündung hergestellt wurden. Von diesen Gefäßen stehen in der Ausstellung auch sehr kleine Exemplare - aus ihnen bekamen Kinder den Wein gereicht, sobald sie drei Jahre alt waren. Angesichts der damals sehr hohen Sterblichkeit galt ein Kind, das dieses Alter erreicht hatte, sozusagen als "über den Berg". Grund genug, mit Wein zu feiern und das Kind so symbolisch in die Bürgergemeinschaft aufzunehmen.

    Der Alltag der Griechen wird unter anderem anhand der Erziehung und Ausbildung der Jugend thematisiert. In einem Einbau, der von der Würzburger Firma Carpenter Treppen, dem Architekturbüro Hetterich und vom Universitätsbund finanziert wurde, kann der Besucher sich auf einen Rundgang durch eine Töpferwerkstatt begeben. Die Athener waren berühmt für ihre Töpferkunst: Sie stellten zum Beispiel Tongefäße mit schwarz-glänzender Oberfläche her - das ging ganz ohne Farbe, nur mit Hilfe eines ausgeklügelten Systems beim Brennen.

    Zur Stadtgeschichte gehört auch das Wirken von Athens großen Dichtern, Politikern und Philosophen. Dem persönlichen Engagement Platons und anderer Gelehrter war es zu verdanken, dass die Stadt nach dem verheerenden Peloponnesischen Krieg gegen Sparta aus dem Verlust ihrer politischen Macht letztlich Gewinn zog: Wissenschaft und Bildung wurden wichtiger als militärischer und politischer Einfluss. Man gründete bedeutende Schulen, und diese Blütezeit Athens als Stadt der Bildung dauerte an bis ins 6. Jahrhundert nach Christus.

    Konzipiert wurde die Ausstellung von Professor Sinn bei einem Praktikum zusammen mit Studierenden. Das Plakat wurde von der Studentin Isabella Hodgson entworfen. Deren Vater, ein Künstler, erklärte sich spontan bereit, die Ausstellung durch Ausmalungen zu bereichern. Offiziell wurde die Schau am 7. März im Toscanasaal der Residenz mit einem Grußwort von Oberbürgermeisterin Pia Beckmann eröffnet. Sinn gab eine Einführung unter dem Titel "Vom Festglanz geblendet - Krise und Neuanfang im klassischen Athen". Für Musik sorgten Rudolf Ramming (Klavier) und Thomas Prestele (Kontrabass), beide von der Hochschule für Musik.

    Öffnungszeiten: 9. März bis 19. September, Dienstag bis Samstag von 14.00 bis 17.00 Uhr sowie an folgenden Sonntagen jeweils von 9.30 bis 12.30 Uhr: 21. März, 4. und 18. April, 2. 16. und 30. Mai, 13. und 27. Juni, 11. und 25. Juli, 8. und 22. August, 5. und 19. September. Der Eintritt ist frei; ein Begleitheft liegt vor. Führungen können unter T (0931) 31-2866 vereinbart werden und sind auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich.


    Bilder

    Nach dem Symposion: Zwei Zecher auf dem Weg nach Hause. Die Terrakottagruppe "Trunkener Silen und Satyr" stammt aus dem späten zweiten Jahrhundert vor Christus und befindet sich im Besitz des Martin-von-Wagner-Museums der Uni Würzburg. Foto: Öhrlein
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Nach dem Symposion: Zwei Zecher auf dem Weg nach Hause. Die Terrakottagruppe "Trunkener Silen und Satyr" stammt aus dem späten zweiten Jahrhundert vor Christus und befindet sich im Besitz des Martin-von-Wagner-Museums der Uni Würzburg. Foto: Öhrlein


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