Ein Europa der Bürger, ein Europa, das die Interessen seiner Einwohnerinnen und Einwohner in den Mittelpunkt der Politik stellt, ein solches Europa entspricht den Vorstellungen von Michael D. Higgins. Der Präsident Irlands will Europa neu denken und er denkt Europa von unten. Nicht Konzerne und Banken stehen bei ihm im Mittelpunkt, sondern die Bürgerinnen und Bürger. Programmatisch seine Forderung „Reclaiming the European Street“. In einem gleichnamigen Buch sind nun 23 Reden von Michael D. Higgins festgehalten, die er in den Jahren 2016 bis 2020 hielt. Einer der Herausgeber ist PD Dr. Fergal Lenehan von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
„Michael D. Higgins nimmt den Kontinent eher von außen in den Blick, aber seine Worte haben durchaus Gewicht“, sagt Fergal Lenehan. Higgins sei weniger Berufspolitiker, sondern trete vielmehr als öffentlicher Intellektueller in Erscheinung, da er in Irland auch als Soziologe und Dichter bekannt ist. Als Präsident müsse er zudem überparteilich agieren. Ihn zeichne ein genauer Blick auf die gegenwärtigen Verwerfungen innerhalb der EU ebenso aus wie ein Gespür für die drängenden Probleme der Gegenwart, die weit über Europa hinausreichen, sagt Lenehan. Der Kulturwissenschaftler arbeitet derzeit als Mitbegründer des vom Bundesforschungsministerium geförderten Forschungsprojekts „ReDICO: Researching Digital Interculturality Co-operatively“ am Institut für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache und Interkulturelle Studien (Fachbereich: Interkulturelle Wirtschaftskommunikation) der Universität Jena. Lenehan, der selbst aus Irland stammt, lernte Michael Higgins 2019 persönlich kennen, als dieser in Leipzig bei einem Deutschlandbesuch eine öffentliche Rede hielt. Aus der Begegnung erwuchs schließlich das Buchprojekt, bei dem noch Prof. Dr. Joachim Fischer beteiligt war, der in Irland lehrt.
Den Ideen der Gründerväter des vereinten Europas verbunden
Die Reden Higgins' im Buch sind thematisch gegliedert. Sie lassen sich unter die Stichworte „Geschichte und Gedächtnis“, „Soziales Europa“ und „Europa neu denken“ fassen. Deutlich tritt zutage, dass Michael D. Higgins nicht nur kleine Stellschrauben drehen möchte, wenn er fordert, Europa neu zu denken: „Michael Higgins kann mit Fug und Recht in Bezug auf seine Europa-Idee als irischer Habermasianer bezeichnet werden, da er auch wie Jürgen Habermas ein soziales Europa fordert“, sagt Dr. Lenehan. Higgins zeige sich zudem angetan von den Ideen des Jenaer Soziologen Hartmut Rosa, insbesondere von dessen Resonanz-Theorie. Zugleich machen die im Buch versammelten Reden deutlich, dass der inzwischen 80-jährige Higgins den Ideen der Gründerväter des vereinten Europas verbunden ist. In seiner Leipziger Rede, die er unter dem Titel „Die Zukunft Europas: Ökologie, Wirtschaft und Ethik – eine neue Balance finden“ am 4. Juli 2019 hielt, verweist er auf das „Manifest von Ventotene“ von Alteriero Spinelli und Ernesto Rossi ebenso wie auf die Schumann-Erklärung von Robert Schumann sowie auf Gedanken von Konrad Adenauer und Jean Monnet. Sein Denken bleibt aber keineswegs auf das Gestern gerichtet: „Jede Generation ist verpflichtet, die Instrumente für ihre Selbstanalyse und ihr Leben in der Komplexität ihrer jeweiligen Zeit zu finden oder neu zu erfinden“, so ein Zitat aus der Leipziger Rede.
Die 23 Reden im Buch sind mehrheitlich in englischer Sprache, drei von ihnen wurden außerdem ins Deutsche, ins Französische und ins Gälische übersetzt. Es lohnt sich, die Ideen des irischen Präsidenten kennenzulernen.
PD Dr. Fergal Lenehan
Institut für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache und Interkulturelle Studien der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 8, 07745 Jena
Tel.: 03641 / 944397
E-Mail: Fergal.Lenehan@uni-jena.de
Joachim Fischer, Fergal Lenehan (Hg.): „Michael D. Higgins: Reclaiming the European Street: Speeches on Europe and the EU“, Lilliput Press, Dublin 2021, 309 Seiten, 25 Euro, ISBN: 9781843517948
Der Mitherausgeber des Buches PD Dr. Fergal Lenehan von der Universität Jena.
Foto: Franka Schulz
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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