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15.06.2021 18:27

Die Lügen der dopenden Spitzensportler

Romas Bielke Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Wie sprechen Sportlerinnen und Sportler im Spitzensport über Doping, wenn sie selbst dopen? Oder schweigen sie nur? Eine neue Studie der Universität Göttingen zeigt: Jede Entscheidung eines Athleten oder einer Athletin zum Doping macht fast zwangsläufig täuschende Kommunikation wie Lügen oder Verschweigen notwendig.

    Dopende Personen beschreiben das Dopingkontrollsystem zum Beispiel regelmäßig als engmaschig und restriktiv, verharmlosen das Ausmaß des Dopingproblems oder stellen sich in einer Opferrolle dar. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift European Journal for Sport and Society erschienen.

    Dr. Marcel Reinold, Leiter des Arbeitsbereichs für Sport- und Gesundheitssoziologie am Institut für Sportwissenschaften der Universität Göttingen, hat für die Studie Autobiografien von Profiradsportlern analysiert, die sich im Nachhinein im Hinblick auf Doping als Falschdarstellungen herausgestellt haben. Die bekanntesten Beispiele sind die beiden Bestseller-Autobiografien von Lance Armstrong, ehemals siebenfacher Tour-de-France-Sieger, die Anfang der 2000er Jahre geschrieben wurden. Darin stellt sich Armstrong als „sauber“ dar, obwohl sich bei den Ermittlungen der US-amerikanischen Anti-Doping-Agentur rund zehn Jahre später Gegenteiliges herausstellte. „Das zentrale Ziel dieser Arbeit ist es, Techniken der täuschenden Kommunikation über Doping zu identifizieren – das heißt typische Kommunikationsstrategien und Aussagen, die routinemäßig eingesetzt werden, um Informationen zu manipulieren und Doping zu verbergen", sagt Reinold.

    Die bisherige Forschung dazu hat vor allem betont, dass dopende Athletinnen und Athleten sich an ein „Gesetz des Schweigens“ halten, also das Thema Doping meist schlicht ignorieren. Die komparative Analyse der Autobiografien zeigt jedoch, dass prominente Sportlerinnen und Sportler unter gewaltigem sozialem Druck stehen, über diese „dunkle Seite“ ihres Sports zu sprechen, um nicht selbst in den Verdacht der Verheimlichung zu geraten. Über ein vergleichsweise triviales Schweigen hinausgehend kommen daher in den Autobiografien komplexere Techniken täuschender Kommunikation zur Anwendung: So wird beispielsweise das Dopingkontrollsystem regelmäßig als engmaschig und restriktiv beschrieben und gleichzeitig die Verbreitung von Doping heruntergespielt. Das soll – trotz gegenteiliger Evidenzen – suggerieren, dass es in einem „streng kontrollierten“ und weitgehend „dopingfreien“ Sport weder Sinn macht noch Anlass gibt zu dopen.

    „Die Öffentlichkeit soll so offenbar überzeugt werden, dass beim jeweiligen Athleten tatsächlich alles mit rechten Dingen zugeht“, sagt Reinold. „Diese Techniken helfen Betrügern, sich als konform mit dem Anti-Doping-System darzustellen und in ihrem Engagement gegen Doping glaubwürdig zu erscheinen. Darüber hinaus helfen sie ihnen, den Verdacht zu zerstreuen, Fälschungen zu verhindern und generell den Fluss destruktiver Informationen so zu steuern, dass ein Durchsickern und eine Entdeckung vermieden werden.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Marcel Reinold
    Georg-August-Universität Göttingen
    Sozialwissenschaftliche Fakultät
    Institut für Sportwissenschaften
    Sprangerweg 2, 37075 Göttingen
    Telefon: 0551-3925691
    E-Mail: marcel.reinold@uni-goettingen.de
    Internet: http://www.uni-goettingen.de/de/635012.html


    Originalpublikation:

    Marcel Reinold. Techniques of deceptive communication about doping. European Journal for Sport and Society (2021). https://doi.org/10.1080/16138171.2021.1930944


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Sportwissenschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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