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23.06.2021 22:12

DHS Deutscher Herzbericht 2020: Versorgung von herzkranken Kindern in Deutschland weiterhin exzellent

Prof. Dr. med. Angelika Lindinger Geschäftsstelle DGPK
Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V. (DGPK)

    Die Behandlungsmöglichkeiten angeborener Herzfehler haben sich seit den 1950er Jahren drastisch verbessert: Während vor etwa 80 Jahren nur etwa 20% der Kinder mit einem angeborenen Herzfehler (AHF) die ersten Lebensjahre überlebten, erreichen heute über 95 Prozent das Erwachsenenalter.
    Die Daten des Deutschen Herzberichts 2020, vorgestellt am 22.06.2021 in Frankfurt, bestätigen diesen Trend.

    Die Behandlungsergebnisse bei Patienten mit angeborenem Herzfehler liegen seit vielen Jahren auf hohem Niveau.
    Die Daten des Deutschen Herzberichts 2020, vorgestellt am 22.06.2021 in Frankfurt, bestätigen diesen Trend.
    Basierend auf der Grundlage des Statistischen Bundesamtes verstarben von den 27.550 pädiatrisch-kardiologischen Patienten, die im Jahr 2019 stationär behandelt wurden, 601 (2,2%), was einen Rückgang um 4,3% gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Von allen Todesfällen im Kindesalter haben ca. 16% eine kardiovaskuläre Ursache, wie Prof. Nikolaus Haas, Präsident der DGPK, berichtete.

    Zur Verbesserung der Behandlungsergebnisse haben sowohl die Fortschritte in Diagnostik und Therapie als auch administrative Schritte beigetragen.

    Leistungsdaten
    In 30 kinderkardiologischen Kliniken wurden insgesamt 8.064 Herzkatheteruntersuchungen durchgeführt, von denen 70% als interventionelle Eingriffe getätigt wurden. Die In-Hospital-Letalität bei diesen teilweise sehr komplexen Eingriffen betrug 0,5%. Die höchste risikoadjustierte In-Hospital-Letalitätsrate der Interventionen (4,3%) lag erwartungsgemäß bei den Neugeborenen.
    Die Leistungsstatistik der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) wies 5.757 Operationen bei Kindern und Erwachsenen mit einem AHF aus. Hervorzuheben ist, dass 93,3% dieser Operationen in nur 23 der insgesamt 66 herzchirurgischen Kliniken erbracht wurden.
    Bei der Zahl der Herztransplantationen konnte 2019 erfreulicherweise ein Anstieg gegenüber den Vorjahren verzeichnet werden; allerdings mussten 80% der Kinder zuvor mit einem Kunstherzen zur Überbrückung versorgt werden. Prof. Haas wies in diesem Zusammenhang explizit darauf hin, dass die Zahl der in Deutschland gespendeten Kinderherzen deutlich unter der Zahl der implantierten Kinderherzen lag. Die teilweise extrem langen Wartezeiten betrugen im Einzelfall fast 1.000 Tage.

    Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler (EMAH)
    Der zunehmenden Zahl von EMAH-Patienten - man geht aktuell von etwa 300.000 in Deutschland aus - wird die Tatsache gerecht, dass 2018 vom Deutschen Ärztetag im Rahmen der Muster-Weiterbildungsordnung eine neue Zusatzweiterbildung „Spezielle Kardiologie für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern“ eingeführt wurde, die sowohl von Kinderkardiologen als auch von Erwachsenenkardiologen erworben werden kann. Da die überwiegende Mehrzahl der zertifizierten EMAH-Ärzte Kinderkardiologen sind, werden die meisten Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern auch zukünftig von Kinderkardiologen behandelt werden können. Mittlerweile sind in Deutschland 23 überregionale EMAH-Zentren, vier EMAH-Schwerpunktkliniken, sieben EMAH-Schwerpunktpraxen sowie mehr als 320 Kinder- und Erwachsenenkardiologen mit einer EMAH-Zusatzqualifikation etabliert. Trotzdem ist die sog. Transition der jugendlichen Patienten in eine EMAH-Versorgungseinheit noch immer wenig zufriedenstellend, weil die Zulassungen dieser spezialisierten Ärzte bei den jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen sehr zögerlich verlaufen. Dies ist vor allem daran zu erkennen, dass nach neuesten Umfragen nur 21.000 der EMAH-Patienten enger an ein zertifiziertes EMAH-Zentrum angebunden sind.

    Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der herzchirurgischen Versorgung bei Kindern und Jugendlichen aus den Jahren 2010 und 2020 trug mit der Forderung nach einer Konzentration der versorgenden Klinikeinheiten zur qualitativen Versorgungsverbesserung bei. In ihr werden verpflichtende infrastrukturelle, Gebäude-technische und personelle Vorgaben zur Versorgung dieser sehr speziellen Patientengruppe gemacht.
    Auch die Nationale Qualitätssicherung Angeborener Herzfehler (nQS) ist ein bundesweites Projekt, das in der gemeinsamen Verantwortung der DGPK und der DGTHG maßgeblich zur Verbesserung der Patientensicherheit beiträgt. Die hier eingegebenen Daten ermöglichen nicht nur die Erfassung der interventionellen und herzchirurgischen Eingriffe am Patienten, sondern auch den Vergleich zwischen interventionellen und operativen Maßnahmen sowie eine kontinuierliche Weiterverfolgung der Ergebnisse, was zweifellos der Verbesserung des Gesamtmanagements dient.

    Ausblick
    In den letzten Dezennien - und vor allem in den letzten Jahren - hat die medizinische Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit AHF einen außerordentlich positiven Verlauf genommen. Dies konnte im Deutschen Herzbericht 2020 auf Grund der exzellenten Ergebnisse von 2019 im interventionellen und operativen Bereich gezeigt werden. Die Letalitätszahlen bei den operativen und interventionellen Eingriffen sind weiterhin sehr niedrig, und durch komplexe Katheterinterventionen konnten Operationen zunehmend vermieden werden. Auch die administrativen und institutionellen Entwicklungen haben einen überwiegend erfreulichen Verlauf genommen.
    Prof. Haas betont jedoch, dass diese Qualität auf hohem Niveau akut gefährdet ist durch sinkende Intensivbettenkapazitäten, einen kontinuierlich zunehmenden Mangel im Pflegebereich und dadurch bedingte tägliche Verschiebungen von Operationen. Darüber hinaus wirkt sich eine Änderung in der Pflegefachausbildung im pädiatrischen Bereich, die von den Patienten- und Elternorganisationen, den Pflegenden selbst, aber auch von allen Pädiatrischen Fachgesellschaften schon seit Jahren kritisiert und abgelehnt wurde, negativ auf die Versorgungssituation aus. Eine intensivere Unterstützung der medizinischen Erfordernisse im personellen und institutionellen Bereich durch politische Maßnahmen und eine Reform der Vergütung sind dringend erforderlich.

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    Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V. (DGPK) ist eine gemeinnützige medizinische Fachgesellschaft mit dem Ziel der Förderung von Wissenschaft, Diagnostik und Therapie sowie der Prävention von angeborenen und erworbenen Herz- und Kreislauferkrankungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter. Sie nimmt Belange der Lehre (Ausbildung, Fort- und Weiterbildung) sowie die Erstellung von Leitlinien wahr.

    Ansprechpartner:
    Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V.
    Prof. Dr. Angelika Lindinger, Öffentlichkeitsarbeit der DGPK
    Tel.: 06848/1616
    mobil: 0172/6865191
    angelika.lindinger@uks.eu


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    Medizin
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