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24.06.2021 15:14

„Bogensee. Eine historische Ortsbegehung“ – neue Online-Ausstellung öffnet verschlossene Türen

Marion Schlöttke Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF)

    Bogensee-geschichte.de

    Nördlich von Berlin, am Bogensee bei Wandlitz, lassen sich mitten im Wald gleich mehrere imposante Gebäude entdecken. Doch die Türen sind verriegelt. Langsam erobert sich die Natur das Gelände zurück. Dabei konzentriert sich hier die Geschichte des 20. Jahrhunderts wie in einem Brennglas. Im „Waldhof“ residierte ab Ende der 1930er-Jahre Propagandaminister Goebbels. Nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete die FDJ dort eine eigene Hochschule. Das Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) informiert ab dem 30. Juni 2021 mit einer Online-Ausstellung über die Geschichte des Areals und erlaubt auch einen Blick hinter verriegelte Türen.

    Die neue Online-Ausstellung des Potsdamer Forschungsinstituts erzählt nicht nur die Geschichte des Geländes, sondern zeigt auch Fotografien aus den seit Jahren nicht mehr zugänglichen Innenräumen. Besucherinnen und Besucher der Website können sich über die Bau- und Nutzungsgeschichte informieren. Zudem präsentiert die Ausstellung historisches Bild- und Filmmaterial sowie ausgewählte Archiv-Dokumente aus verschiedenen Jahrzehnten. Kuratorin Anja Tack freut sich: „Die Ausstellung öffnet Türen, die interessierten Gästen sonst leider verschlossen bleiben. Wir wollen das Areal ins öffentliche Bewusstsein zurückholen und Informationen zu dessen wechselvoller Geschichte anbieten.“
    Gefördert wurde das Projekt von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, dem Brandenburgischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur und der Gemeinde Wandlitz.
    Unter www.bogensee-geschichte.de ist die Ausstellung ab dem 30. Juni 2021 zu sehen.

    Vor Ort sind weiterhin keine Informationen zu finden. Das würde Irmgard Zündorf, Projektleiterin und Expertin für Public History am ZZF, gern ändern: „Die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude sind seit vielen Jahren dem Verfall Preis gegeben. Informationen zur Geschichte des Ortes sucht man hier vergeblich. Dabei hat das Gelände das Potential, ein bedeutsamer Erinnerungs- und Lernort zu werden. Wir würden gern eine Open-Air-Ausstellung und einen Audioguide anbieten.“ Die neue Website soll dafür als Impulsgeber dienen, so der Wunsch des ZZF-Historikers Jürgen Danyel: „Wir möchten einen Dialog einleiten und hoffen, ein langfristiges Konzept anregen zu können, das die Existenz des Geländes sichert und über dessen Geschichte aufklärt.“

    Die Geschichte des Areals beginnt Mitte der 1930er-Jahre. 1936 ließ Joseph Goebbels sich am Ufer des Bogensees ein Wochenendhaus errichten. Es diente dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda als Rückzugsort. Drei Jahre später begann der Bau des „Waldhofes“. Die neue Villa mit versenkbaren Fenstern und großer Terrasse hin zum Bogensee nutzte Goebbels als Familien-Landsitz und Arbeitsort. 1945 requirierte die Rote Armee das Gebäude und nutzte es als Lazarett. Im Jahr darauf richtete die Freie Deutsche Jugend (FDJ) hier ihre „Zentralschule“ ein. In den 1950er-Jahren wurde die Schule um zahlreiche Neubauten auf dem angrenzenden Gelände erweitert. Es entstand ein weitläufiger Komplex aus Unterrichts-, Gemeinschafts- sowie Wohngebäuden, die bis heute erhalten sind.

    Angehende FDJ-Funktionäre und Pionierleiterinnen aus der ganzen DDR kamen zur
    Aus- und Fortbildung in die Bildungseinrichtung. In der Regel blieben sie für ein Jahr. Trotz des straffen Lehrplans, ideologischer Schulungen sowie abgeschirmt vom Alltag in der DDR, erinnern viele Alumni ihren Aufenthalt als eine angenehme Zeit. Das lag auch an dem internationalen Flair: Ab 1958 kamen auch Jugendliche aus anderen sozialistischen Staaten an den Bogensee, ebenso junge Mitglieder sogenannter nationaler Befreiungsbewegungen sowie linker Organisationen im Westen.

    Seit 1999 stehen die Gebäude leer. Ein geheimnisvoll anmutender „Lost Place“ ist entstanden, der mehr und mehr verfällt. Doch sowohl der „Waldhof“ als auch die Jugendhochschule sind wichtige historische Orte. Bislang werden sie nicht für die Bildungsarbeit genutzt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Irmgard Zündorf
    E-Mail: zuendorf@zzf-potsdam.de

    Dr. Jürgen Danyel
    E-Mail: danyel@zzf-potsdam.de

    Dr. Anja Tack
    E-Mail: tack@zzf-potsdam.de


    Weitere Informationen:

    https://zzf-potsdam.de/ Website Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
    https://zzf-potsdam.de/de/presse/bogensee-neue-online-ausstellung PM des ZZF


    Bilder

    Front des Hauptgebäudes des sogenannten Waldhofs; errichtet 1939 im Auftrag von Joseph Goebbels
    Front des Hauptgebäudes des sogenannten Waldhofs; errichtet 1939 im Auftrag von Joseph Goebbels
    Gerd llling
    Gerd llling, 2020


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Front des Hauptgebäudes des sogenannten Waldhofs; errichtet 1939 im Auftrag von Joseph Goebbels


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