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30.06.2021 15:38

Einzelhandel post Corona: Wie bringen Städte ihre darbenden Zentren wieder zum Erblühen?

Anette Schober-Knitz Referat für Hochschulkommunikation und Marketing
HBC Hochschule Biberach

    Studierende der Hochschule Biberach haben in einem Service Learning Projekt die Situation des Einzelhandles in Pandemiezeiten untersucht und Lösungen zur Belebung von Innenstädten gesucht. Betrachtet haben sie zunächst die Stadt Stuttgart, im kommenden Semester wollen sie die Gegebenheiten in Biberach untersuchen.

    „Stuttgart – mitten im Leben“: Mit diesem Slogan wirbt die Landeshauptstadt auf ihrer Internetseite. Ein angenehmer, lebendiger und attraktiver Ort will sie sein, sowohl für Händler, Gewerbetreibende und Kulturschaffende sowie für einheimische Besucher oder Gäste von Außerhalb. So beschreibt es die City-Initiative Stuttgart e.V., die sich als privat getragener Verein dafür einsetzt, die Aufenthaltsqualität und die Leistungsfähigkeit der Stuttgarter City zu erhalten und weiter zu verbessern. Viele Veranstaltungen haben sie dafür in den vergangenen Jahren ins Leben gerufen. Dann legte die Corona-Pandemie das urbane Leben nahezu lahm. Nach Monaten der Schließungen dürfen Einzelhandel, Gastronomie und Kultureinrichtungen nun nach und nach wieder öffnen – noch nur begrenzt und unter Auflagen durch passende Hygienekonzepte. Unter der Ausnahmesituation Corona hat das gesamte gesellschaftliche Miteinander gelitten – leere Innenstädte nicht nur in Stuttgart oder Deutschland stehen symbolisch dafür.

    Bleibt die Frage: Wie bringen kleine und große Städte ihre darbenden Zentren wieder zum Erblühen? Welche Konzepte helfen, die Attraktivität von Innenstädten wiederherzustellen oder gar zu verbessern? Schließlich steht der Einzelhandel nicht erst seit Corona etwa in Konkurrenz zum Online-Geschäft. Hier setzt die Hochschule Biberach (HBC) an. Die ProfessorInnen Jochen Weilepp, Henrike Mattheis und Isabell Osann haben ein studentisches Projekt zur Stärkung innerstädtischer Gewerbetreibender nach der Corona-Pandemie ausgeschrieben. Service Learning heißt das Format, das gesellschaftliches Engagement mit fachlichem Lernen verbindet. In diese Sommersemester geht es um die Stuttgarter Innenstadt bzw. konkret: das Fachgeschäft Lederwaren Acker.

    In einem von der Hochschule begleiteten Prozess entwickeln die Studierenden neue Geschäftsmodelle, mit dem der Einzelhändler gestärkt aus der Pandemie hervorgehen kann. Das Projekt wird im Rahmen des Kurses Entrepreneurship im Studiengang BWL angeboten. Dazu arbeiten Studierende in Teams und angeleitet durch die drei ProfessorInnenen, den Businessplan für eine neue Geschäftsidee oder eine Ausweitung des bestehenden Geschäftes aus. Am Ende des Semesters werden sie ihre Ideen präsentieren – und eine Jury die beste prämieren.

    Die Ausgangsfragestellung lautet: „Wie können wir das Innenstadtgeschäft unterstützen, sein Geschäftsmodell so anzupassen, dass es auch angesichts des coronabedingten / nach Corona veränderten Kaufverhaltens der Kunden wirtschaftlich erfolgreich bleibt und so zur Attraktivität der Innenstadt beiträgt?“ Wie also nähern sich die Studierenden einer tragfähigen Idee? Indem sie einen bestimmten Prozess durchlaufen, der in engem Kontakt mit dem Einzelhändler aufgesetzt ist. Schließlich sollen die Konzepte zu Ort und Art passen. So ist das Stuttgarter Geschäft Lederwaren Acker in 1-A-Lage positioniert: zentral in der Stadtmitte, im Königsbau am Schlossplatz. „Die Kunden fehlten in den vergangenen Monaten dennoch, online oder per click and collect bedienten wir wenige Anfragen“, berichtet Christoph Achenbach, der Geschäftsführer des inhabergeführten Einzelhandels-Geschäfts. Für alle drei studentischen Teams hat er sich ausführlich Zeit genommen. „Vielleicht“, so hofft er, „blicken jungen Menschen mit anderen Augen auf die Situation und finden so andere Ansätze“. Derweil hat er selbst bereits einiges ausgetestet, den Onlineshop gerelauncht, einen Social-Media-Kanal eröffnet und selbst auf Klopfzeichen reagierten seine Mitarbeitenden, wenn jemand spontan etwas im Schaufenster entdeckt hat. Gerade die Auslage, so erzählt er, habe in Corona-Zeiten eine wahre Renaissance erlebt. So legt er Wert darauf, dass regelmäßig neu dekoriert wird und stets beleuchtet ist. „Die Passanten, die durch die Stadt gehen, sollten nicht den Eindruck haben, dass hier Schicht im Schacht ist“, sagt er.

    Und welche Ideen haben die Studierenden? Klar setzen auch sie auf Instagram und Onlineshop, aber auch andere Konzepte haben sie entwickelt. Etwa spezielle Marken für eine jüngere Zielgruppe zu etablieren oder Second-Hand-Ware anzubieten. Ein anderer Ansatz ist es, mit lokalen Kulturschaffenden zusammenzuarbeiten und so das Lederwarengeschäft zum Treffpunkt von Menschen werden zu lassen, die Interesse an wertigen Materialien und schönen Dingen haben. Lea Reuter, Marian Sehon und Pascal Reichert sind die ProjektleiterInnen der drei Teams. Sie alle haben denselben Prozess durchlaufen, haben Ideen gesammelt, den Geschäftsführer Christoph Achenbach interviewt, die Situation vor Ort unter Augenschein genommen und vor allem: Befragungen durchgeführt. „Dieser Arbeitsschritt ist in der Design Thinking Methode besonders wichtig“, erläutert Professorin Isabell Osann, die an der HBC das Design-Thinking-Lab aufgebaut hat. Anhand von Prototypen – also Modellen – wird überprüft, wie die Idee tatsächlich ankommt.

    Das Team von Lea Reuter hat in den Interviews positive Rückmeldungen erhalten. „Wir arbeiten unser Konzept jetzt aus und machen uns an den Businessplan“. Die beiden anderen Gruppen haben in den Nutzergesprächen herausgefunden, dass ihre Überlegungen noch nicht ganz stimmig sind und gehen nochmal einen Schritt zurück: „Ansätze, die als gut bewertet wurden, arbeiten wir nun stärker heraus, anderes werden wir vernachlässigen“, berichten Pascal Reichert und Marian Sehon. „Ein wichtiger Step in den sechs Phasen des Design Thinkings, das den Menschen und dessen Bedürfnisse klar in den Mittelpunkt stellt“, erläutert Isabell Osann. Verstehen – beobachten – Sichtweise definieren – Ideen generieren – Prototyp entwickeln – Testen: „Das sind die immer gleichen Arbeitsschritte der Methode zur Lösung von komplexen Aufgabenstellungen“, ergänzt Professorin Henrike Mattheis, Didaktikbeauftragte der HBC. Und die führen, da sich die Kolleginnen zuversichtlich, bestimmt zu einem guten Ergebnis. Ende Juni werden die drei Teams ihre Geschäftsmodelle präsentieren – der Jury wird u.a. Christoph Achenbach angehören.

    Im nächsten Wintersemester will Jochen Weilepp das Projekt in die nächste Phase überführen: die Übertragung der Design Challenge auf Innenstädte. Welche Konzepte finden Studierende, um nicht einen Einzelhändler, sondern den Einzelhandel zu beleben? Als Modell soll dann die Stadt Biberach dienen. Erste Gespräche mit der Stadtspitze wurden bereits geführt – die Idee ist willkommen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Professorin Dr. Isabell Osann, osann@hochschule-bc.de
    Professorin Dr. Henrike Mattheis, mattheis@hochschule-bc.de
    Professor Dr. Jochen Weilepp, weilepp@hochschule-bc.de


    Bilder

    Wie geht es dem Einzelhandel in der Stadt Biberach? Das wollen Studierende der Hochschule Biberach im kommenden Semester untersuchen
    Wie geht es dem Einzelhandel in der Stadt Biberach? Das wollen Studierende der Hochschule Biberach i ...
    Foto: Stadt Biberach/A. Appel


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    fachunabhängig
    überregional
    Studium und Lehre
    Deutsch


     

    Wie geht es dem Einzelhandel in der Stadt Biberach? Das wollen Studierende der Hochschule Biberach im kommenden Semester untersuchen


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