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15.03.2004 12:02

Maschinen allein durch Gedanken bewegen

Dr. med. Silvia Schattenfroh GB Unternehmenskommunikation
Charité-Universitätsmedizin Berlin

    Berliner Forscher auf der CeBIT

    Zahlreiche Arbeitsgruppen, vor allem in Europa und in den USA, arbeiten seit etwa 20 Jahren daran, Gedanken auf Maschinen zu übertragen, zum Beispiel für gelähmte Patienten zur Steuerung eines Rollstuhls oder einer Prothese. Hierzu kann ein Computer als Schnittstelle (Interface) genutzt werden, wobei zwei prinzipiell unterschiedliche Wege eingeschlagen werden können: Zum Einen wird versucht, den Menschen über eine längere Zeit, z.T. mehrere Wochen, darauf zu trainieren, durch hohe Konzentrationsanstrengungen etwa einen Cursor auf einem Monitor zu bewegen. Der zweite Ansatz verzichtet bewußt auf ein Training des Menschen und zielt statt dessen darauf, den Computer lernen zu lassen, was der Mensch will. In dieser Forschungsrichtung an vorderster Stelle beteiligt ist die Berliner "Arbeitsgruppe Neurophysik" um den Neurologen und Psychiater Professor Dr. Gabriel Curio der Charité und die "Arbeitsgruppe Intelligente Datenanalyse" um den Informatiker Professor Dr. Klaus-Robert Müller vom "Fraunhofer Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik" in Berlin-Adlershof. Ihr interdisziplinäres Projekt "Berlin Brain-Computer Interface (BBCI)" wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, gefördert und ist eines von 10 ausgewählten Forschungsprojekten, die das BMBF während der CeBIT in der Zeit vom 18. - 24. März diesen Jahres auf seinem Stand (Halle11, Stand D32) präsentieren wird.

    Das menschliche Gehirn und ein Rechner haben keine gemeinsame "Sprache". Aber der Rechner kann lernen, auszuführen, was das menschliche Gehirn von ihm fordert. Grundlage dafür sind bioelektrische Impulse, die in Computerdaten umgewandelt werden: Schwache elektrische Signale entstehen bei jeder Aktivität der Großhirnrinde und können als Elektroencephalogramm, EEG, - in der Medizin schon seit Jahrzehnten verwendet - aufgezeichnet und verstärkt werden. Das EEG wird mit Hilfe von Elektroden gemessen, die auf der Kopfhaut befestigt werden. Dabei gilt: Je mehr Elektroden, desto mehr hirnelektrische Signale und damit Daten können dem Rechner angeboten werden. Angefangen haben die Forscher mit 32 Elektroden, zur Zeit arbeiten sie mit 128. Das Ziel dabei ist, Signale genau aus jenem Bereich des Gehirns zu identifizieren, der an der Vorbereitung einer bestimmten Handlung, etwa der Bewegung eines Fingers, beteiligt ist. Kompliziert wird diese Analyse dadurch, dass regelhaft zahlreiche Hirnareale parallel aktiv sind und Signale erzeugen, die sich im EEG überlagern. Neurophysiologische Kenntnisse sind daher Voraussetzung für eine optimale Positionierung der Elektroden über den jeweils beteiligten Arealen sowie insbesondere für die Interpretation der Zeitverläufe der EEG-Signale. Auf Grundlage dieser Vorinformationen können moderne Computer-Algorithmen allmählich "lernen", Störsignale auszublenden und bestimmten Signalmustern des Gehirns verschiedene Bedeutungen zuzuordnen: Vor einem Jahr waren die Forschungen soweit gediehen, dass ein Rechner die Intention eines Menschen, etwa einen Cursor auf einem Monitor in verschiedene Richtungen zu bewegen, feststellen konnte. Inzwischen kann der Cursor in einem Feld von Buchstaben hin und her bewegt werden. Außerdem ist bereits ein spielerisches Element hinzugekommen: eine Art Tennisspiel des Cursors mit einem Ball. Und zwar nahezu in Echtzeit, da der Rechner die Signale des Gehirns, die eine Bewegungsintention begleiten, schon nach ca. 40 Millisekunden in eine auf dem Bildschirm sichtbare Bewegung des Cursors umsetzen kann. Diese Entwicklungen sollen letztlich Patienten mit Muskellähmungen zugute kommen und sie in die Lage versetzen, allein mit ihren Gedanken den Computer Texte schreiben zu lassen oder technische Hilfsmittel wie einen Rollstuhl zu steuern.
    Weitere Anstrengungen der Forscher richten sich auf Hilfe für Armamputierte. Immer wieder berichten solche Patienten, dass sie ein Phantomerleben haben, also Empfindungen, als ob ihr Arm noch vorhanden sei. Die Forscher wollen nun klären, ob Impulse aus jenen Arealen der Hirnrinde, von denen aus Bewegungen der "Phantomhand" initiiert werden, ausreichen, um eine Armprothese zu steuern.

    Auf der CeBIT wird das bisher Erreichte an Hand von Postern, Computerdemonstration und einem Video präsentiert werden. Die Professoren Curio und Müller werden am Donnerstag, dem 18. März, weitere Mitarbeiter des BBCI an allen Tagen der Messe anwesend sein. 15. März 04 Dr.Silvia Schattenfroh


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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