Die Berichterstattung über Flucht und Migration in deutschen Medien ist widersprüchlich und zunehmend negativ. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Stiftung Mercator geförderte Studie der Universität Mainz.
Die Medien charakterisieren Geflüchtete als Menschen in Not, die aus humanitären Gründen aufgenommen werden sollten, und stellen sie gleichzeitig als Sicherheitsrisiko für die deutsche Bevölkerung dar. „Eine ähnliche Widersprüchlichkeit hatten wir bereits während der sogenannten ‚Flüchtlingskrise‘ 2015/16 festgestellt. Allerdings hat sich der Tenor der Berichterstattung seit 2015 noch einmal eindeutig ins Negative verschoben“, berichtet der Mainzer Publizistik-Professor Marcus Maurer.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Medien im Verlauf des Untersuchungszeitraums immer seltener über Flucht und Migration berichten. Berichtet wird primär über politische Entscheidungen und Institutionen. Die Geflüchteten selbst kommen selten als aktiv handelnde Individuen vor. Überproportional häufig werden Männer abgebildet, während Frauen und Kinder im Verhältnis zur Asylstatistik unterrepräsentiert sind.
Die Forscher zeigen, dass die Darstellung der Geflüchteten in allen Medien überwiegend negativ und damit deutlich negativer als während der sogenannten ‚Flüchtlingskrise‘ 2015/16 ist. Rund jeder zehnte untersuchte Beitrag thematisiert Terrorismus und Flüchtlingskriminalität. Zudem betonen die Medien vor allem die Gefahren der Zuwanderung für die Sicherheit der deutschen Bevölkerung. Darüber hinaus stellen sie das Verhältnis zwischen Geflüchteten und der einheimischen Bevölkerung als konfrontativ dar.
Zugleich verwenden sie überwiegend den Begriff „Flüchtlinge“ für die nach Deutschland kommenden Menschen, der eine Schutzbedürftigkeit impliziert, und schreiben den Zugewanderten bei weitem überwiegend den Schutz vor Krieg und Verfolgung als zentrales Fluchtmotiv zu.
Diese zugespitzte und in sich widersprüchliche Darstellung von Geflüchteten als zugleich schutzbedürftig wie bedrohlich sehen die Autoren der Studie kritisch – denn sie prägt entscheidend das Bild, das Bürger*innen von Geflüchteten haben. Dieses Problem entstehe, weil die Medien überwiegend über extreme und spektakuläre Ereignisse berichten, kaum aber über die erfolgreiche Integration von Geflüchteten, sagt Prof. Dr. Maurer: „Es wäre wünschenswert, dass Journalistinnen und Journalisten für die negativen Folgen einer zugespitzten Berichterstattung sensibilisiert würden.“
Analysiert wurden 5.822 Beiträge aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Süddeutschen Zeitung, der Bildzeitung sowie den Hauptnachrichtensendungen Tagesschau, ZDF heute und RTL Aktuell im Zeitraum 2016 bis Ende 2020.
Über den Lehr- und Forschungsbereich für Politische Kommunikation am Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Das Institut für Publizistik gehört zu den führenden Forschungseinrichtungen für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in Europa. Der Forschungsbereich für Politische Kommunikation beschäftigt sich mit den Inhalten, der Nutzung und den Wirkungen von politischen Botschaften in Nachrichtenmedien und Sozialen Medien. Aktuelle Forschungsprojekte behandeln z.B. die Wirkungen populistischer Kommunikation und die Qualität der Medienberichterstattung über die COVID-19-Pandemie.
www.polkom.ifp.uni-mainz.de
Prof. Dr. Marcus Maurer
Professor für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Politische Kommunikation am Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
T 06131.39-29391 | mmaurer@uni-mainz.de
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https://www.stiftung-mercator.de/content/uploads/2021/07/Medienanalyse_Flucht_Mi... Fünf Jahre Medienberichterstattung über Flucht und Migration 2016 bis 2020
Studiencover
Johannes Gutenberg Universität Mainz
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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