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04.02.1998 00:00

Mukoviszidose-Diabetes

Peter Pietschmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    Heisse Spur in die Leber Neue Aspekte beim Mukoviszidose-Diabetes

    Mukoviszidose ist eine vererbte Stoerung der Ausscheidung von Druesensekreten, die fortschreitende Gewebeschaedigungen vor allem des Pankreas und der Bronchien zur Folge hat. Seit laengerem bekannt ist ausserdem ein haeufiges Auftreten von gestoerter Glukosetoleranz bzw. Diabetes mellitus bei Mukoviszidosepatienten ab dem zweiten Lebensjahrzehnt, das bisher auf eine Schaedigung des Pankreas infolge der Primaererkrankung zurueckgefuehrt wurde. Da Mukoviszidosekranke frueher selten wesentlich aelter als 15 Jahre wurden, kam die Stoerung des Kohlenhydratstoffwechsels im allgemeinen nicht mehr zum Tragen. Mit der steigenden Lebenserwartung der Betroffenen jedoch wird das ehemals sekundaere zum vordringlichen Problem. Gewichtsverlust mit organischen Abbauprozessen und haeufigere Infektionen sind die Folge. Diabetische Mukoviszidoese sterben im Durchschnitt frueher als nicht-diabetische. Fuer eine effektive Therapie sind genauere Kenntnisse der pathophysiologischen Zusammenhaenge erforderlich.

    Keine Frage des Quantums?

    Mit diesen Fragestellungen befassen sich Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin, Ärztlicher Direktor der Ulmer Universitaets-Kinderklinik, und seine Mitarbeiter Oberarzt PD Dr. Reinhard Holl, Dr. Anna Wolf, Leiterin der Mukoviszidoseambulanz, und Dr. Christian Buck. Nach mehrjaehrigen Untersuchungen wissen die Ulmer Experten heute bereits einigermassen sicher, dass die einfache Gleichung "Pankreasschaedigung = Insulinmangel" bei Mukoviszidosepatienten nicht aufgeht.

    In frueheren Experimenten hatten sie mukoviszidoesen Probanden - mit und ohne zusaetzlichen Diabetes - in verschiedenen Formen Glukose verabreicht und ueber mehrere Stunden den Insulinspiegel bestimmt. Dabei schnitten die nicht-diabetischen Testpersonen im Mittel erstaunlicherweise nicht besser ab als die Diabetiker. Allein am Insulinquantum, das die Bauchspeicheldruese bereitstellt, kann es also nicht liegen, wenn ein Mukoviszidosepatient zusaetzlich zum Diabetiker wird. Woran aber dann? Als plausible Erklaerung kam Insulinresistenz, verminderte oder fehlende Empfindlichkeit der Zielorgane fuer das Stoffwechselhormon, in Betracht. Tatsaechlich zeigte sich hier eine Überlegenheit der Nicht-Diabetiker als der besseren Insulinverwerter. Die neue heisse Spur der Wissenschaftler fuehrte also in die Leber.

    Hauptschauplatz Leber

    Die Leber gilt als Hauptschauplatz unseres Glukosestoffwechsels. Mangelt es dort den zustaendigen Zellen der Mukoviszidose-Diabetiker an Empfaenglichkeit? Die Beantwortung dieser Frage haette wichtige therapeutische Konseqenzen: Gilt die Schulmeinung "primaer Pankreasdefekt", muss Insulin verabreicht werden, ist aber vornehmlich die Leber Wurzel des Übels, scheint es sinnvoller, bei der Insulinempfindlichkeit anzusetzen.

    In einem auf zwoelf Monate angelegten Forschungsprojekt ("Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels bei Patienten mit Mukoviszidose: Hepatische und periphere Insulinresistenz") wollen die Ulmer Forscher darum Glukoseproduktion in der Leber und Insulinsensitivitaet von Leber, Muskeln und Fettgewebe bei Mukoviszidosepatienten mit normaler, gestoerter und diabetischer Glukosetoleranz vergleichen; sie fragen nach moeglichen Beziehungen zwischen Insulinausschuettung/Insulinsensitivitaet einerseits und Alter, Gesundheitszustand, Leberfunktion, Koerpergewicht und Koerperzusammensetzung andererseits. Die erneute Untersuchung von Betroffenen, deren Zuckerwerte vor drei bis vier Jahren erstmals erhoben wurden, soll darueber Auskunft geben, wie sich die kritischen Groessen im Zeitverlauf veraendern und ob die Entwicklung eines Diabetes langfristig vorausgesagt werden kann.

    Verlaufsuntersuchung

    Herausfinden will das Team auch, wie sich die Insulinantwort nach Stimulation mit Tolbutamid veraendert, einem repraesentativen Vertreter der Sulfonylharnstoffe, die bei Mukoviszidose-Diabetes haeufig therapeutisch eingesetzt werden, aber oft nach einigen Jahren ihre Wirksamkeit verlieren. In Zusammenarbeit mit der Kinderklinik der Medizinischen Hochschule Hannover haben die Ulmer inzwischen eine erste systematische Verlaufsuntersuchung begonnen; saemtliche Hormonmessungen und die statistische Auswertung erfolgen in Ulm.

    Um fruehzeitig fuer jeden Patienten die bestmoegliche Therapieform zu finden, sei, argumentiert Debatin, die Gewinnung und Interpretation all dieser Daten eine wichtige Voraussetzung. Die Forschungsgemeinschaft Mukoviszidose der Deutschen Gesellschaft zur Bekaempfung der Mukoviszidose e.V. scheint das aehnlich zu sehen. Ende 1997 bewilligte sie den Ulmern Foerdermittel in Hoehe von 64.000,- Mark.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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