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17.11.1998 00:00

Retina-Gefäße online vermessen

Peter Pietschmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    Retina-Gefäße online vermessen
    Ophthalmologischer Filmpreis für Ulm

    Die Ulmer Universitäts-Augenklinik feiert einen Filmerfolg: auf der 96. Jahrestagung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft in Berlin vom 19. bis 22. September 1998 als bester wissenschaftlicher Filmbeitrag mit 5000,- Mark prämiiert wurde der Streifen »Bedeutung der retinalen Gefäßdurchmesser für die Beurteilung der okulären Perfusion«, Buch und Regie: Prof. Dr. Gabriele E. Lang, Leiterin der Sektion Konservative Retinologie der Universität Ulm.

    Hauptschauplatz der Handlung ist der Netzhautkreislauf - eine Szenerie, die dem Kenner Spannung verheißt, denn obwohl die ultrafeinen Gefäße der Retina nur für etwa 3% der Gesamtdurchblutung des Auges gut sind, haben Störungen der retinalen Mikrozirkulation häufig verheerende Auswirkungen auf das Sehvermögen. Zahlreiche Augenerkankungen, die zur Erblindung führen, gehen auf vaskuläre Defekte zurück.

    Bei der Beurteilung der Netzhautdurchblutung orientiert sich der Fachmann bevorzugt am Durchmesser der retinalen Gefäße, die, direkt an der Oberfläche der Netzhaut gelegen, einer Untersuchung gut zugänglich sind. Um deren Durchmesser zu bestimmen, bedient man sich üblicherweise der Auswertung photographischer Einzelbilder. Diese statische Methode ist allerdings von beschränkter Aussagekraft, denn der Gefäßdurchmesser schwankt in Abhängigkeit unter anderem von Pulsschlag, Atemfrequenz allgemeinem Gefäßtonus - eine physiologische Variabilität, die sich mit Standbildern nicht erfassen läßt. So erwiesen sich die bisherigen Resultate als widersprüchlich und waren selten reproduzierbar.

    Zirkadian rhythmisch

    Vor kurzem nun bauten die Ingenieure Dr. Walthart Vilser und Dr. Thoams Riemer von der Universität Ilmenau in Zusammenarbeit mit der Firma Zeiss in Jena ein Spezialsystem zum Filmen und Vermessen der Netzhautoberfläche. Dessen Besonderheit besteht sowohl in der für diesen Zweck maßgeschneiderten Aufnahmetechnik als auch in der nachgeschalteten Software, einem Programm, das die Bilder unmittelbar digitalisiert und aus den gewonnenen Daten an Referenzgefäßen online den Gefäßdurchmesser bestimmt. So können mit dem »Retinal Vessel Analyzer« erstmal in vivo die Weiten retinaler Arterien- und Venenäste nichtinvasiv und automatisch mit einer zeitlichen Auflösung von 1/12 Sekunde gemessen werden.

    Lang und ihr Team in der Ulmer Universitäts-Augenklinik - Dr. Marc Tobis, Dr. Arno Knittel und Klinikchef Prof. Dr. Gerhard Lang - haben das System gemeinsam mit den Ingenieuren erprobt. Ihre Aufnahmen zeigen nicht nur, wie sich der Durchmesser der Netzhautgefäße bei Schwankungen der Puls- und Atemfrequenz sowie des Blutdrucks insgesamt verändert, sondern belegen auch zirkadiane (tageszeitliche) Rhythmen der Durchblutungsintensität. Da die Gefäßdurchmesser Stellglieder lokaler Regulationsmechanismen sind, konnte schließlich durch Provokationstests, etwa Lichtbelastung der Netzhaut, isometrische körperliche Belastung, Reizung mit Sauerstoff oder Kohlendioxid, auch die Reaktivität der Gefäße untersucht werden, ebenso wie ihr Ansprechen auf therapeutische Eingriffe unmittelbar am Auge oder bei systemischen Erkrankungen wie hohem Blutdruck.

    Schonend und präzis

    Für Kliniker könnte sich die schnelle, schonende und obendrein äußerst präzise Methode (der systematische Meßfehler liegt unter 1 %) als große Hilfe erweisen. Fundierte Kennntisse über Physiologie und Pathophysiologie der okulären Blutversorgung und genaue Informationen über die retinale Mikrozirkulation im klinischen Einzelfall sind für die korrekte Beurteilung von Augenerkrankungen, welche die Perfusion beeinflussen (z.B. Durchblutungsstörungen im Bereich der Netz- und Aderhaut und des Sehnerven, diabetische Retinopathie, Grüner Star) von entscheidender Bedeutung und bilden damit die Grundlage für sinnvolle therapeutische Maßnahmen.

    Langs Erfolgsfilm ist inzwischen in den internationalen Verleih gegangen: in englischer Version zu sehen war er - als einziger deutscher Filmbeitrag - beim 1998er Annual Meeting der American Academy of Ophthalmology vom 8. bis 11. November in New Orleans, Louisiana, dem größten wissenschaftlichen Kogreß der Augenheilkunde weltweit.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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