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31.08.2021 14:54

AE: Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein neues Hüft- oder Kniegelenk?

Dr. Adelheid Liebendörfer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V.

    Online-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik (AE) am 16. September 2021

    Weder zu früh noch zu spät

    Angesichts möglicher Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Virus haben viele Patientinnen und Patienten ihre ursprünglich geplante OP zum Gelenkersatz von Hüfte oder Knie verschoben. Andere tragen sich mit dem Gedanken an ein Kunstgelenk, möchten den Eingriff jedoch aus anderen Gründen möglichst lange hinauszögern. Doch wie lange kann man mit der Implantation eines Ersatzgelenks warten, ohne Nachteile, etwa Schäden durch Schonhaltungen, Hinken oder die Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses zu erleiden?

    Über den richtigen Zeitpunkt für eine neue Hüft- und Knieprothese diskutieren Experten der AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. auf der Online-Pressekonferenz am 16. September 2021. Sie findet im Vorfeld des AE-Jahreskongresses (24. bis 25. September 2021, Regensburg) zum 25-jährigen Jubiläum der Fachgesellschaft statt.

    Eine Hüft- oder Knieprothese ist die letzte Behandlungsoption bei fortgeschrittener Arthrose des Gelenks. Laut den aktuellen Leitlinien kommt sie jedoch erst in Frage, wenn zuvor alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten – Bewegungstherapie, Schmerzmittel und Gewichtsabnahme – ausgeschöpft worden sind und Schmerzen sowie Bewegungseinschränkungen zu ständigen Begleitern gehören (1, 2, 3, 4, 5).

    Doch wann genau ist der richtige Zeitpunkt dafür? Tatsache ist: „Gelenkprothesen schaffen ein hohes Maß an Lebensqualität. Sie sind jedoch nicht lebensnotwendig. Anders als etwa eine Krebsoperation können sie deshalb meist hinausgezögert werden“, sagt Professor Dr. med. Karl-Dieter Heller, Präsident der AE und Ärztlicher Direktor des Herzogin-Elisabeth-Hospitals in Braunschweig. „Der richtige OP-Zeitpunkt ist eine sehr individuelle Entscheidung“, so Heller weiter. Dabei gelte es, verschiedene Faktoren bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

    „Man weiß, dass etwa die Hälfte aller Hüftprothesen und 15 Prozent aller künstlichen Kniegelenke nach etwa 20 bis 25 Jahren ausgetauscht werden müssen“, erklärt Heller. Jüngere Patientinnen und Patienten sollten über die beschränkte Haltbarkeit eines Kunstgelenks Bescheid wissen: „Patienten ab einem Alter von etwa 68 - 70 Jahren benötigen bei durchschnittlicher Lebenserwartung meist keine Wechsel-Operation“, so Heller. „Sind aber der Leidensdruck hoch und der Befund im Röntgenbild deutlich, spielt das Alter keine Rolle: dann operieren wir“, erläutert der Orthopäde und Unfallchirurg. Seien die Lebensqualität jedoch erhalten geblieben und die Beschwerden erträglich, sei Zuwarten möglich. Eine gute konservative Behandlung könne helfen, den Eingriff mehrere Jahre hinauszuzögern oder im Einzelfall sogar ganz zu vermeiden, sagt Heller.

    Dem gegenüber müssen bei allen Betroffenen die Folgen der anhaltenden Bewegungseinschränkungen durch eine schmerzhafte Gelenkarthrose abgewogen werden. „Viele unserer Patienten hinken und entwickeln dadurch ein anderes Gangbild, um das schmerzende Gelenk zu schonen“, führt Heller aus. Dadurch verändere sich der gesamte Körper und die Körperstatik. Die Muskeln und Sehnen verkürzen und verhärten sich und werden schwach. Die angrenzenden Gelenke und die Wirbelsäule können so Schaden nehmen. Viele Patienten leiden etwa an chronischen Rückenschmerzen und Verspannungen bis hoch zu Nacken und Schultern. Dies beeinträchtige auch die Teilhabe am sozialen Leben. „Das drückt oft ziemlich auf die Stimmung“, erklärt Heller und gibt zu bedenken: „Nicht alles, was sich über Jahre verfestigt hat, lässt sich sofort rückgängig machen“. Oft blieben, – meist nur vorübergehend aber trotz erfolgreicher OP – Folgen bestehen, etwa eine Körperasymmetrie und Fehlhaltungen. Und auch Schmerz könne, je nach Veranlagung und Situation, ebenfalls chronifizieren (6).

    Hinzu kommt: Verfestigte, versteifte und damit „verbackene“ Gelenke erfordern mitunter eine komplexere Operation, so Heller. Dies verlängere die Erholungszeit.
    „Insgesamt gelingt die Rehabilitation schneller und vollständiger, wenn man sich in einem guten körperlichen Zustand operieren lässt“, so Heller weiter: Das beginne schon bei der Frühmobilisation mit Gehstützen und setze sich bei Alltagstätigkeiten und Sport fort. „Es macht für das Ergebnis einen großen Unterschied, ob jemand bereits hochgradig immobil ist oder sich seine Beweglichkeit, Kraft und Balance halbwegs erhalten hat“, erklärt der Arzt.

    „Jeder Mensch ist unterschiedlich, was seine Belastbarkeit, Schmerzempfinden und Ausgangssituation angeht“, fasst Heller zusammen. Für die einen ist Zuwarten die bessere Lösung, bei anderen ist ein früherer Eingriff vorteilhafter. „Unser erklärtes Ziel ist, im Rahmen des sogenannten Shared Decision Making gemeinsam zu einer passenden Therapieentscheidung zu kommen.“ „Der Patient sollte nur in begründeten Ausnahmefällen vom Arzt hören „Sie müssen operiert werden““, betont Heller.

    Wie sich Patientinnen und Patienten optimal auf eine OP vorbereiten können, ist ein weiteres Thema auf der Online-Pressekonferenz der AE am 16. September 2021.

    – Bei Abdruck Beleg erbeten –

    Quellen:
    (1) AWMF-Leitlinie Knieprothese: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/033-052.html
    (2) AWMF-Leitlinie Gonarthrose: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/033-004.html
    (3) Entscheidungshilfe Knieendoprothesen des IQWiG: https://www.iqwig.de/projekte/p20-03.html
    (4) AWMF-Leitlinie Koxarthrose: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/033-001l_S2k_Koxarthrose_2019-07_1....
    (5) AWMF-Leitlinie Evidenz- und konsensbasierte Indikationskriterien zur Hüfttotalendoprothese bei Coxarthrose (EKIT-Hüfte): https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/187-001.html
    (6) Luomajoki H, Schesser R. Schmerzmechanismen und Clinical Reasoning, Der Schmerzpatient 2021; 4(03): 126-141, DOI: 10.1055/a-1519-2637

    Weitere Informationen:
    Die AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. verfolgt als unabhängiger Verein seit 1996 das Ziel, die Lebensqualität von Patienten mit Gelenkerkrankungen und -verletzungen nachhaltig zu verbessern und deren Mobilität wiederherzustellen. Mit ihren Expertenteams aus führenden Orthopäden und Unfallchirurgen organisiert sie die Fortbildung von Ärzten und OP-Personal, entwickelt Patienteninformationen und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs. Die AE ist eine Sektion der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (DGOU).

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    Terminhinweise:
    23. AE-Kongress: Jubiläumskongress: 25 Jahre AE „Endoprothetik zwischen Tradition und Innovation“, Regensburg, 24.9.2021 bis 25.09.2021, weitere Informationen unter: www.ae-gmbh.com/event/547-23-ae-kongress-jubilaeumskongress-25-jahre-ae-endoprothetik-zwischen-tradition-und-innovation
    und
    Online-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik (AE) anlässlich des 23. AE-Kongresses vom 24. bis 25.09.2021 in Regensburg, Jubiläumskongress: 25 Jahre AE „Endoprothetik zwischen Tradition und Innovation“
    Termin: Donnerstag, 16. September 2021, 11.00 bis 12.00 Uhr
    Teilnahmelink: https://attendee.gotowebinar.com/register/2686603202547166734

    Vorläufige Themen und Referenten:
    25 Jahre AE - was bleibt, was kommt
    AE-Kongress-Highlights
    Weder zu früh noch zu spät: Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein neues Hüft- oder Kniegelenk?
    Professor Dr. med. Karl-Dieter Heller, Präsident der AE, Ärztlicher Direktor des Herzogin Elisabeth Hospitals Braunschweig, Chefarzt der Orthopädischen Klinik
    Knieprothese: Voll- oder Teilgelenkersatz („Schlittenprothese“) – was wann für wen?
    Priv.-Doz. Dr. Stephan Kirschner, MBA, Vizepräsident der AE, Direktor der Klinik für Orthopädie in den ViDia Kliniken, Karlsruhe
    Wie sicher und gut ist die Endoprothetik in Deutschland? Learnings aus dem Endoprothetikregister (EPRD)
    Professor Dr. med. Carsten Perka, Generalsekretär der AE, Ärztlicher Direktor des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin
    Update Endoprothetik Schulter
    Prof. Dr. med. Lars-Johannes Lehmann, Direktor der Klinik für Unfall-, Handchirurgie und Sportmedizin in den ViDia Kliniken, Karlsruhe

    Pressekontakt für Rückfragen:
    Pressestelle
    Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. (AE)
    Dr. Adelheid Liebendörfer, Heinke Schöffmann
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart
    Tel.: 0711 8931-173
    Fax: 0711 8931-167
    E-Mail: liebendoerfer@medizinkommunikation.org


    Weitere Informationen:

    http://www.ae-germany.com/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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