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02.09.2021 11:08

In freundschaftlicher Verbundenheit - 200 Jahre GDNÄ

Michael Dröscher Pressereferat
Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte e. V.

    Entstanden im Geist des Aufbruchs ist die Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte ein Forum für große Debatten und nachdenkliche Analysen. Wie sie das seit fast zwei Jahrhunderten schafft, erläutert der Wissenschaftshistoriker Dietrich von Engelhardt mit spannenden Beispielen.

    Kernanliegen der 1822 gegründeten Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte sei von Anfang an der fachübergreifende Austausch zwischen Naturwissenschaftlern und Medizinern gewesen, sagt Dietrich von Engelhardt im Interview für die GDNÄ-Website (https://www.gdnae.de/). Der emeritierte Professor für Wissenschaftsgeschichte beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Historie der GDNÄ und ihren Gründerpersönlichkeiten rund um den Naturphilosophen Lorenz Oken.

    Ihre Interdisziplinarität zeichne die traditionsreiche Organisation ebenso aus wie die großen wissenschaftlichen Debatten, die auf ihren Versammlungen geführt wurden und die weit in Kultur und Gesellschaft ausstrahlten. Er denke etwa an Emil du Bois-Reymonds Rede 1872 in Leipzig über die Grenzen des Naturerkennens, sagt der Wissenschaftshistoriker, oder an Ernst Haeckels Eintreten für Darwin und den Darwinismus – beides habe viel Zustimmung und Wiederspruch provoziert. „Auch Rudolf Virchow löste mit seinem Plädoyer für die Freiheit der Wissenschaft und den Verzicht auf die Verbreitung von Unbewiesenem vielfältige Reaktionen aus.“

    Im 19. Jahrhundert habe die GDNÄ die intellektuelle Elite Europas vereint, sagt der namhafte Wissenschaftshistoriker. „Wer als Naturforscher oder Arzt auf sich hielt, war Mitglied.“ Zu ihren Versammlungen seien Forscher aus Italien, England, Frankreich, Russland und anderen Ländern angereist, nach ihrem Vorbild seien wissenschaftliche Gesellschaften in Großbritannien, Frankreich und Italien entstanden. Dietrich von Engelhardt: „In Deutschland gingen aus der GDNÄ zahlreiche naturwissenschaftliche und medizinische Fachgesellschaften hervor – in der Physik ebenso wie in Chemie, Pharmazie, Pathologie, Gynäkologie, Chirurgie und Psychiatrie.“

    Während der beiden Weltkriege gab es keine Versammlungen. In den drei Versammlungen zwischen 1934 und 1938 hätten sich die Vorsitzenden in ihren Begrüßungsreden durchaus nazifreundlich geäußert – „in teils opportunistischer Rhetorik, teils mit innerer Überzeugung“, schließt von Engelhardt aus den vorhandenen Quellen. Fachübergreifende Vorträge jedoch, etwa der von Werner Heisenberg mit dem Titel „Wandlungen der Grundlagen der exakten Naturwissenschaften in jüngster Zeit“ seien „rein wissenschaftlich und theoretisch und ausdrücklich ohne jede Verbindung zur Welt der Politik“ ausgefallen“, berichtet der Wissenschaftshistoriker.

    In der Nachkriegszeit sei die Auseinandersetzung mit dem ungestümen Fortschrittsglauben jener Jahre immer wichtiger geworden, berichtet von Engelhardt. Die Vorstellung, dass mit dem Fortschreiten naturwissenschaftlicher Entdeckungen und Erfindungen eine rationale gesellschaftliche Entwicklung gekoppelt sei, habe sich zunehmend als Illusion erwiesen. Dennoch sehe die GDNÄ in der Wissenschaft immer noch das zuverlässigste Instrument zur Bewältigung des Fortschritts.

    Bis heute könne die GDNÄ wichtige Impulse setzen, etwa im Bildungsbereich und im Dialog der Disziplinen, sagt der Wissenschaftshistoriker. Von großer Bedeutung sei auch der Dialog mit der Öffentlichkeit, den die GDNÄ immer gepflegt habe. Als unabhängige Einrichtung sei sie hervorragend geeignet, für Gesellschaft und Kultur zentrale und umstrittene Fragen aus den Naturwissenschaften und der Medizin aufzugreifen und in die öffentliche Diskussion zu bringen. Dietrich von Engelhardt: „Nicht zuletzt wünsche ich mir einen Brückenschlag zu den Geisteswissenschaften, auch um Zusammenhänge zwischen Welt- und Selbsterkenntnis zu beleuchten und einen Beitrag zur Lösung ethischer und juristischer Herausforderungen der Gegenwart zu leisten.“

    Zur Person

    Dietrich von Engelhardt kam 1941 in Göttingen zur Welt. Er studierte Philosophie, Geschichte und Slawistik in Tübingen, München und Heidelberg, wurde 1969 promoviert und habilitierte sich 1976 in der Naturwissenschaftlich-Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg. Von 1983 bis 2007 war er Ordinarius für Geschichte der Medizin und Allgemeine Wissenschaftsgeschichte an der Universität Lübeck und von 2008 bis 2011 Kommissarischer Direktor des vergleichbaren Instituts der Technischen Universität München (TUM). 1997 initiierte und organisierte er in Lübeck ein Symposium aus Anlass des 175-jährigen Bestehens der GDNÄ. Dietrich von Engelhardt wurde mehrfach ausgezeichnet, etwa durch die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina im Jahr 1995 und in andere nationale und internationale Wissenschaftsakademien. Im Jahr 2016 wurde er für seine Forschungen zur Geschichte der GDNÄ mit der Alexander-von-Humboldt-Medaille geehrt.

    Über die GDNÄ

    Die Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte e. V. (GDNÄ) ist die einzige wissenschaftliche Gesellschaft in Deutschland, die breit über die naturwissenschaftlichen, technischen und medizinischen Fachdisziplinen hinweg allen an ihrer Zielsetzung Interessierten, auch Schülern, Studenten und naturwissenschaftlichen Laien für eine Mitgliedschaft offensteht. Insofern ergänzt und bereichert die GDNÄ die von Akademien und Fachgesellschaften geprägte Landschaft wissenschaftlicher Gesellschaften in Deutschland.
    Wichtige Ziele der GDNÄ sind:
    Förderung des wissenschaftlichen Austauschs über die Grenzen der naturwissenschaftlichen, technischen und medizinischen Fachdisziplinen hinweg.
    Vermittlung von Faszination und Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnis gegenüber einer informierten Öffentlichkeit und besonders auch jungen Menschen.

    Ansprechpartner für Medienvertreter:

    Prof. Dr. Michael Dröscher
    Schatzmeister und Generalsekretär
    presse@gdnae.de

    Allgemeine Anfragen:

    Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte e.V. Geschäftsstelle Sylvia Landeck u. Katja Diete info@gdnae.de
    Tel: +49 (0)2224 90148-0
    Fax: +49 (0)2224 90148-19
    Hauptstraße 5
    53604 Bad Honnef


    Weitere Informationen:

    http://www.gdnae.de/professor-dietrich-von-engelhardt-in-freiem-vortrag-und-freu...
    http://www.gdnae.de/wp-content/uploads/2020/04/GDN%C3%84_Geschichte-M%C3%A4rz-20...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Chemie, Mathematik, Medizin, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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