idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
08.09.2021 10:35

Wie eingesperrte Protonen wandern

Meike Drießen Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Protonen können in wässrigen Lösungen üblicherweise sehr schnell wandern – schneller als andere Ionen. Das gilt allerdings nur, wenn sie mehr als zwei Nanometer Platz haben, wie eine Studie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und der University of California in Berkeley zeigt. Auf engem Raum funktioniert der sogenannte Grotthus-Mechanismus nicht mehr, der Protonen schneller wandern lässt als Ionen, die diffundieren. Die Ergebnisse beschreibt das Team des Bochumer Exzellenzclusters Ruhr Explores Solvation, kurz RESOLV, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Schwester-Forschungsverbundes CALSOLV in Berkeley in der Zeitschrift Angewandte Chemie vom 3. September 2021.

    Die Gutachter bewerteten diese Ergebnisse als Highlight Paper (Top 10 %).

    Aufgrund des Grotthus-Mechanismus wandern Protonen (H+) und Hydroniumionen (H3O+) in freien wässrigen Lösungen scheinbar schneller als andere Ionen. Dabei wandern die einzelnen Protonen gar nicht wirklich. Es werden stattdessen Bindungen in Hydroniumionen gelöst und neue Bindungen zu anderen Wassermolekülen geknüpft, sodass nicht ein einzelnes Proton wandert, sondern Ladungen direkt von einem Wasser auf das nächste übertragen werden. Das geht schneller als die Diffusion eines Ions durch die Lösung.

    Verhalten auf engem Raum wenig untersucht

    Viele Studien haben den Transport von Protonen bislang in freier wässriger Lösung untersucht. „Im wahren Leben kommen solche Bedingungen aber relativ selten vor“, sagt Prof. Dr. Martina Havenith, Sprecherin von RESOLV und eine der Autorinnen der Arbeit. „Meistens finden Protonen-Transportvorgänge auf sehr engem Raum oder in Nanoporen statt.“ Die daran beteiligten Hydroniumionen definieren den pH-Wert. Der Effekt der Raumbegrenzung oder des „Confinements“ ist aber bislang noch nicht komplett verstanden.

    Um das zu ändern, kombinierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Berkeley theoretische und experimentelle Methoden miteinander. Sei erzeugten winzige Wasserpools, deren Größe sie genau kontrollieren konnten. Sobald der Durchmesser des Tropfens weniger als zwei Nanometer betrug, änderte sich der Protonen-Transportmechanismus im Experiment und in der Simulation schlagartig. „Unter zwei Nanometer wird die Protonenwanderung durch Confinement-Effekte begrenzt, diese wird zunächst erleichtert, wenn der Pool vergrößert wird“, erklärt Martina Havenith. „Überraschenderweise fanden wir aber, dass oberhalb von zwei Nanometer, wo die Bildung von Hydroniumionen möglich ist, es zu einem Protonenstau kommt.“ Das Proton steckt dann in einem oszillierenden Zustand fest, es hüpft an der geladenen Oberfläche der Pools vor und zurück, kommt aber nicht voran, was dazu führt, dass die Leitfähigkeit nicht – wie ursprünglich erwartet – weiter ansteigt.

    Kurzschluss im Wasserstoffbrücken-Netzwerk

    Neben der Größe des Pools beeinflusst auch die Säurekonzentration das Wanderverhalten der Protonen. Erhöhte das Forschungsteam den Säuregehalt, bildete sich ebenfalls eine Art Kurzschluss im Wasserstoffbrücken-Netzwerk des Tropfens, sodass das Proton auch nicht mehr von der Stelle kam, sondern in dem oszillierenden Hüpfzustand verharrte.

    „Das hat Konsequenzen für jedes System, das auf einen Protonentransport angewiesen ist – denn die Größe des Systems oder die Protonenkonzentration kann zu einem Stau führen und zum Beispiel die Signalweiterleitung stören“, folgert Havenith.

    Förderung

    Diese Arbeiten wurden gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft innerhalb des Exzellenzclusters RESOLV EXC 2033 – Projektnummer 390677874, und dem Graduiertenkolleg „Confinement-controlled Chemistry” GRK2376-331085229. HH und THG werden innerhalb des CPIMS program der Chemical Sciences Division of the U.S. Department of Energy under Contract No. DE-AC02-05CH11231 gefördert. Die Simulationen wurden durchgeführt im National Energy Research Scientific Computing Center, finanziert durch das Office of Science of the U.S. Department of Energy unter Contract No. DE-AC02-05CH11231.

    Pressekontakt

    Prof. Dr. Martina Havenith
    Physikalische Chemie II
    Fakultät für Chemie und Biochemie
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: +49 234 32 28249
    E-Mail: pc2office@rub.de

    Redaktion: Julia Weiler


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Martina Havenith
    Physikalische Chemie II
    Fakultät für Chemie und Biochemie
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: +49 234 32 28249
    E-Mail: pc2office@rub.de


    Originalpublikation:

    Ellen M. Adams, Hongxia Hao, Itai Leven, Maximilian Rüttermann, Hanna Wirtz, Martina Havenith, Teresa Head-Gordon: Proton traffic jam: effect of nanoconfinement and acid concentration on proton hopping mechanism, in: Angewandte Chemie International Edition, 2021, DOI: 10.1002/anie.202108766


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Chemie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).