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24.03.2004 14:30

FH Aalen: Der Schlüssel zum Ohr des Quastenflossers

Dr. Marc Dressler Presse, Kommunikation und Marketing
Fachhochschule Aalen

    Präparat der geschützten Latimeria chalumnae an der FH Aalen computertomographisch durchleuchtet

    Der Quastenflosser galt als ausgestorben, bis im Jahre 1938 vor der Küste Südafrikas ein lebendes Tier gefangen wurde. Der tot Geglaubte ist ein Fisch, der vor der Inselgruppe der Komoren zwischen der Nordspitze Madagaskars und der Ostküste Afrikas in 200 bis 700 Meter Tiefe in geringer Anzahl anzutreffen ist. Er wird bis zu 180 Zentimeter groß und bringt rund 100 Kilogramm auf die Waage. Der Quastenflosser steht unter höchstem Artenschutz und darf nur kontrolliert zu Forschungszwecken gefangen werden. Etwa 200 Exemplare sind auf die Forschungseinrichtungen weltweit verteilt, schätzt Dr. Peter Bernstein vom Institut für Spezielle Zoologie der Universität Tübingen. Der promovierte Morphologe brachte den Kopf eines Quastenflossers an die Fachhochschule Aalen, um das "ausgesprochen wertvolle Exemplar" im Labor von Prof. Dr. Dr. Friedrich Klein computertomographisch durchleuchten zu lassen.

    Die vor 400 bis 65 Millionen Jahren noch in großen Populationen auftretende Gruppe der Quastenflosser ist in vielerlei Hinsicht eine biologische Sonderheit. Eine Sonderheit ist beispielsweise, dass die Eier des Quastenflossers im Leib der Weibchen schlüpfen. Ganze 26 apfelsinengroße Embryos befanden sich im Leib des Quastenflossers, von dem nun der Kopf in Aalen bis auf den Zehntel Millimeter genau vermessen wird. Dort, genauer gesagt im Ohr, befindet sich eine weitere Besonderheit: Der Quastenflosser wird in der Evolution als Übergangsform von den Wasserlebewesen zu den Landwirbeltieren gehandelt. Doch die bisherigen Ergebnisse zu dieser Hypothese sind widersprüchlich. Es gibt Hinweise dafür, dass sich im Ohr des Quastenflossers eine Sinnesendstelle, die sogenannte Basilarpapille (bei Säugetieren: Cortisches Organ) befindet, die sonst nur bei Landwirbeltieren vorkommt. Ließe sich die Basilarpapille beim Quastenflosser nachweisen, wäre die Hypothese des schrittweisen Übergangs vom Wasser aufs Land eindrucksvoll untermauert.

    Der bisher übliche Weg eines solchen Nachweises führt über die Sezierung des Exemplars. Würde jedoch der Kopf des Quastenflossers seziert werden, wäre die Rekonstruktion der Kanalsysteme des Gehörs sehr schwierig, die im Schädelskelett des Fisches verlaufen. Außerdem wäre der Kopf dann nicht mehr als Schaupräparat zu gebrauchen. Anders verhält es sich bei der Computertomographie: Die Röntgenstrahlen durchdringen den Kopf ohne ihn zu zerstören. Weil der Tomograph des Gießereilabors eine höhere Auflösung hat als medizinisch eingesetzte Tomographen, kann Dr. Irmgard Pfeiffer-Schäller in Aalen die verschiedenen Konsistenzen von Knochen, Knorpel und Gewebe sichtbar machen und am Rechner ein dreidimensionales Modell vom Gehörgang des Quastenflossers erzeugen.

    Erste Versuchsmessungen führte Dr. Pfeiffer-Schäller an einem toten Goldhamster durch. Die tomographischen Aufnahmen benötigt Dr. Bernsteins Kollegin Irina Ruf für ihre Forschung über die Verwandtschafsbeziehung zwischen Hamstern und Mäusen. Zu diesem Zweck untersucht auch sie die Ohrregion der Nager auf homologe Strukturen. Auch im Fall dieser weniger seltenen Tierart wäre ein Schnittmodell sehr aufwändig, und die Schnittserie eines erwachsenen Tieres wären wesentlich schwerer zu interpretieren als die Aufnahmen mit 0,2 Millimeter Abstand, in denen der Computertomograph die Forschungsgegenstände durchleuchtet.


    Bilder

    Dr. Peter Bernstein mit dem Kopf des Quastenflossers im Gießereilabor der FH Aalen.
    Dr. Peter Bernstein mit dem Kopf des Quastenflossers im Gießereilabor der FH Aalen.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    regional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Dr. Peter Bernstein mit dem Kopf des Quastenflossers im Gießereilabor der FH Aalen.


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