Sie sind normal geformt, gut beweglich, in ausreichender Zahl vorhanden, aber nicht befruchtungsfähig: Spermien, die ihren „Turbo“ nicht einschalten können, um die Hülle der Eizelle zu überwinden. Mit einem einfachen Labortest, der an der Universität Münster entwickelt wird, sind betroffene Männer leicht zu identifizieren.
Warum dies praktisch wichtig ist, erläutert Dr. Christian Schiffer aus dem Team von Professor Timor Strünker vom Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie beim 9. Kongress des Dachverbands Reproduktionsbiologie und –medizin (DVR)*:
Der Test kann Kinderwunsch-Paaren eine Odyssee durch die zunehmend invasiveren Therapiestufen von Fruchtbarkeits-Störungen ersparen: Samenzellen mit diesem Defekt sehen völlig normal aus, können aber keine Schwangerschaft induzieren – weder auf dem natürlichen Weg noch bei medizinischer Hilfe mittels Insemination oder klassischer In-vitro-Fertilisation (IVF). Nur wenn sie direkt in eine Eizelle eingebracht werden (intrazytoplasmatische Injektion, ICSI), ist eine Befruchtung möglich.
Den Spermien der betroffenen Männer fehlt der „Turbo“, der zum Durchdringen der Eizellhülle notwendig ist. Aktiviert wird dieser über einen bestimmten Ionenkanal (CatSper) der Samenzelle, was eine Hyperaktivierung hervorruft. Dieser Mechanismus kann genetisch bedingt gestört sein. Der Defekt bleibt bei der üblichen Diagnostik des Mannes unentdeckt.
Bereits beim Screening von 576 Kinderwunsch-Patienten in der Pilotphase des Tests haben die Münsteraner neun Betroffene (1,6 %) herausgefischt, bei denen dieser Funktionsverlust vorlag. Die weitere Entwicklung des Tests und seine Validierung wird gefördert vom EXIST-Forschungstransfer-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.
Micro-Roboter macht Spermien „Beine“
Einen mechanischen Ansatz verfolgt das Team von Dr. Mariana Medina-Sanchez in Dresden. Im Institut für integrative Nanowissenschaften machen die Forscher den Spermien „Beine“: Mit einer speziellen Miniatur-Spirale um das Schwanzstück werden Samenzellen quasi zu Mikro-Robotern (Microbots), die sich durch ein äußeres Magnetfeld navigieren lassen. Anders geformte, muschelähnliche Träger“motoren“ könnten auch eingesetzt werden, um befruchtete Eizellen in die natürliche Umgebung, den Eileiter, zu überführen.
Die „ferngesteuerten“ Microbots überwinden zwar derzeit erst Millimeter, Eileiter sind immerhin zehn bis 15 Zentimeter lang. Die Forschungen laufen jedoch erfolgreich und könnten in Zukunft auch helfen, so die Hoffnungen der Dresdner Forscher, gezielt Medikamente in Tumoren einzubringen.
* Der 9. Kongress des Dachverbandes Reproduktionsbiologie und –medizin (DVR) vereint zwölf Mitgliedsgesellschaften. Sie stellten vom 1. bis 2. Oktober alle neuen klinischen und wissenschaftlichen Aspekte der Fortpflanzung “unter einem Dach” virtuell zur Diskussion.
Dr. Renate Leinmüller
https://www.dvr-kongress.de/presse/
Dr. rer. nat. Christian Schiffer, Regenerative Biomedicine, Centre of Reproductive Medicine and Andrology, Albert-Schweitzer-Campus 1, Geb. D11, 48149 Münster
Dr. Mariana Medina-Sanchez, Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden e. V., Institute for Integrative Nanosciences - IFW Dresden, Group Leader of Micro- and Nanobiomedical Engineering Group
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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