Aberkennung der Ehrenmitgliedschaft in fünf Fällen, Distanzierung in zwei Fällen: So lautet die Entscheidung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) zum Umgang mit früheren Ehrenmitgliedern, die sich zwischen 1933 bis 1945 schuldig gemacht haben. Ihre Vergehen reichen von wissenschaftlichem Fehlverhalten bis hin zu Medizinverbrechen, die zum Tod mehrerer Menschen geführt haben. Wie die DGIM mit den Ergebnissen aus der Aufarbeitung der Geschichte ihrer Mitglieder in der NS-Zeit umgeht, haben Vertreter der Fachgesellschaft zusammen mit dem Historiker PD Dr. Ralf Forsbach und dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland Dr. Josef Schuster heute Berlin vorgestellt.
Unter dem Titel „Gedenken & Erinnern. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin in der Zeit des Nationalsozialismus“ erinnert die Fachgesellschaft seit 2020 auf einer Website an ihre Mitglieder, die unter dem NS-Regime gelitten oder aber als Täter Leid verursacht haben. Seit rund zehn Jahren erforscht die DGIM in Kooperation mit zwei Historikern ihre eigene Geschichte sowie die ihrer Mitglieder in den Jahren der NS-Diktatur und der jungen Bundesrepublik. „Die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit – auch eine späte – ist wichtig und richtig, wenngleich sie natürlich das Leid, das einzelne DGIM-Mitglieder zu dieser Zeit verursacht haben, in keiner Weise wiedergutmachen kann“, sagt Professor Dr. med. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM. Dennoch sei es wichtig, dass die Fachgesellschaft dann auch die nötigen Konsequenzen ziehe aus den Erkenntnissen, die die Geschichtswissenschaft zutage fördere.
Daher hat sich der Vorstand der DGIM entschieden, fünf Personen nachträglich den Status als Ehrenmitglied zu entziehen. Dabei handelt es sich um Alfred Schittenhelm, Alfred Schwenkenbecher, Hans Dietlen, Siegfried Koller und Georg Schaltenbrand. „Aus Opportunismus oder einer nationalsozialistischen Überzeugung haben sie bewusst Kollegen, anderen Mitgliedern unserer Fachgesellschaft oder einfach anderen Menschen aufgrund ihrer Herkunft geschadet. Daher sind sie für die DGIM als Ehrenmitglieder nicht tragbar“, begründet Professor Dr. med. Markus M. Lerch, Vorsitzender der DGIM und ärztlicher Direktor des LMU-Klinikums München, die Entscheidung. Von zwei weiteren Ehrenmitgliedern, Gustav von Bergmann und Felix Lommel, distanziert sich der DGIM-Vorstand. „Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, sodass wir aktuell keine verantwortungsvolle Entscheidung über eine Aberkennung der Ehrenmitgliedschaft treffen können“, so Lerch.
Der Münchener Gastroenterologe sieht in dieser Entscheidung einen wichtigen Schritt der Vergangenheitsaufarbeitung mit Signalwirkung für die Gegenwart. „Wir wollen mit der heute bekannt gegebenen Entscheidung ein deutliches Zeichen setzen in einer Zeit, in der Menschenwürde, Freiheit und Demokratie für manchen keine Selbstverständlichkeit mehr sind“, betont Lerch. Damit seien die Arbeiten zur Geschichte der DGIM und ihrer Mitglieder in der NS-Zeit allerdings noch nicht abgeschlossen. „Die Forschungen gehen weiter, um das Gedenken an die Opfer aufrecht zu erhalten und mahnend daran zu erinnern, wie sich einst Internisten und eine wissenschaftliche Fachgesellschaft in den Dienst einer menschenverachtenden Ideologie stellten“, ergänzt Generalsekretär Ertl.
Aberkennung der Ehrenmitgliedschaft:
Hans Dietlen
Siegfried Koller
Georg Schaltenbrand
Alfred Schittenhelm
Alfred Schwenkenbecher
Distanzierung:
Gustav von Bergmann
Felix Lommel
Weitere Informationen:
http://www.dgim.de/mitglieder/ehrenmitglieder/
http://www.dgim-history.de
– Bei Veröffentlichung Beleg erbeten –
DGIM Pressestelle
Dr. Andreas Mehdorn
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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