idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
18.10.2021 09:10

80 Prozent der Menschen fühlen sich in der Schweiz gesellschaftlich voll integriert

Melanie Nyfeler Kommunikation
Universität Zürich

    Von der Schweizer Bevölkerung empfinden sich nur wenige Menschen in hohem Masse ausgeschlossen – darunter vor allem Ausländer, wenig Gebildete, Jüngere sowie ältere Personen. Teile der lateinischen Schweiz fühlen sich ebenfalls nicht voll in der Gesellschaft integriert. Dies ergab eine Umfrage des Soziologischen Instituts der Universität Zürich.

    Über gesellschaftlichen Ausschluss wird derzeit auch im öffentlichen Diskurs breit debattiert. Da-runter wird allgemein ein mehrdimensionaler Prozess verstanden, der auf den Veränderungen der wirtschaftlichen Strukturen der vergangenen Jahrzehnte beruht und einen zunehmenden Anteil der Bevölkerung wirtschaftlich an den Rand dränge, so die generelle Meinung – sei dies durch Arbeitslosigkeit, Armut oder unsichere Lebensumstände. Dadurch entstünde bei den Betroffenen soziale Isolation und das Gefühl, aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen zu sein.

    Zugehörigkeit ist ein Grundbedürfnis

    In einer aktuellen Studie untersuchen Forscherinnen und Forscher des Soziologischen Instituts der Universität Zürich, in wieweit solche Exklusionsgefühle in der Schweizerischen Wohnbevölke-rung verbreitet sind und welche Faktoren diese auslösen. Die Studie basiert auf einer repräsenta-tiven Befragung, die Ende des Jahres 2019, also kurz vor Beginn der Corona-Pandemie, durch-geführt wurde.

    «Zu einer sozialen Gruppe dazuzugehören, ist ein menschliches Grundbedürfnis», sagt Jörg Rössel, Professor am Soziologischen Institut der Universität Zürich. «Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich nur ein sehr kleiner Prozentsatz – 2,9 Prozent – der befragten Personen als exkludiert wahrnimmt. 80,4 Prozent der Interviewten nehmen sich dagegen überhaupt nicht als ausge-schlossen wahr.»

    Immerhin: 16,8 Prozent der Befragten weisen mittlere Werte auf der Skala des Exklusionsempfin-dens auf, haben also zumindest Zweifel an ihrer Vollinklusion in die Gesellschaft.

    Erhöhtes Exklusionsempfinden in der lateinischen Schweiz

    Betrachtet man genauer, in welchen Gruppen dieses Exklusionsempfinden besonders verbreitet ist, zeigt sich ein differenzierteres Bild: Insbesondere die 18- bis 30-Jährigen als auch Personen über 61 Jahre fühlen sich stärker ausgegrenzt als Menschen in mittleren Altersgruppen. Ebenfalls benachteiligt nehmen sich Personen mit tiefer Bildung wahr.

    Erhöhte Werte für das Exklusionsempfinden ergaben sich auch bei Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft sowie in der lateinischen Schweiz. Die französisch- und die italienischsprachi-ge Bevölkerung empfindet sich in stärkerem Masse ausgeschlossen als die Deutschschweizerin-nen und Deutschschweizer – 26,7 Prozent der befragten Westschweizer und 25,7 Prozent der Tessiner gaben an, sich im mittleren oder hohen Grade ausgegrenzt zu fühlen.

    Subjektive Wahrnehmung der Lebenslage

    Gemäss den Forschenden lassen sich die Gründe für dieses Exklusionsempfinden insbesondere auf eine finanziell schwierige Lebenssituation und die soziale Isolation der befragten Personen zurückführen sowie auf deren subjektive Wahrnehmung ihrer Lebenslage. Warum sich die Ange-hörigen der lateinischen Sprachgruppen in der Schweiz eher marginalisiert fühlen, bleibt dagegen unklar. Hier müssten laut den Forschenden zukünftige Studien sich auf die Suche nach Erklärun-gen machen.

    Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass soziale Exklusion kein Massenphänomen ist, wie dies häufig in der Diskussion suggeriert wird. Daher können sich politische Massnahmen gezielt auf die besonders betroffenen Personengruppen richten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Jörg Rössel
    Soziologisches Institut
    Universität Zürich
    Telefon: +41 44 635 23 33
    E-Mail: roessel@soziologie.uzh.ch


    Originalpublikation:

    Literatur:
    Audrey Djouadi, Jörg Rössel, Alexander Seifert: Wer fühlt sich exkludiert? Zur zeitdiagnostischen Verwendung des Konzepts der sozialen Exklusion. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozial-psychologie, Okt 12, 2021. https://link.springer.com/article/10.1007/s11577-021-00802-7


    Weitere Informationen:

    https://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2021/Ausgrenzung.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Philosophie / Ethik, Psychologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).