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21.10.2021 15:02

HoF-Publikation: Konfessionelles Bildungswesen in Sachsen-Anhalt 1945–1989 – ein Beitrag zur Landesgeschichte

Kerstin Martin Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Hochschulforschung (HoF) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

    Im Rahmen der HoF-Mitarbeit im Arbeitskreis Zeitgeschichte der Historischen Kommission Sachsen-Anhalt wurde eine kompakte Darstellung der konfessionell gebundenen Bildungsmöglichkeiten in Sachsen-Anhalt bzw. den Bezirken Halle und Magdeburg, wie sie in den Jahren 1945 bis 1989 bestanden, erarbeitet. Dabei sind alle evangelisch-landeskirchlichen, römisch-katholischen und freikirchlichen Bildungsangebote einbezogen – insgesamt 259.

    Nicht sämtliche der dokumentierten Bildungsangebote existierten während der gesamten Zeit der DDR. Für immerhin 47 traf dies aber zu. Erstaunen wecken kann daneben vor allem eines: Das konfessionell geprägte Bildungswesens in Sachsen-Anhalt hat sich während der 40 Jahre DDR um drei Viertel seiner ursprünglichen Größe erweitert. Daneben lassen sich einige sachsen-anhaltische Besonderheiten festhalten:

    - In den beiden evangelischen Landeskirchen, die in den Bezirken Halle und Magdeburg operierten, gab es Angebote in sämtlichen Bildungsstufen und -segmenten: angefangen bei Kindergärten und schulbegleitender Bildung, insbesondere der Christenlehre, über berufs- oder studienvorbereitende Kurse einschließlich zweier Möglichkeiten, ein kirchliches Abitur zu erwerben, fortgesetzt mit zahlreichen Optionen für berufliche Ausbildungen, mit zwei Einrichtungen, um Theologie zu studieren, und mehreren, um sich kirchenmusikalisch ausbilden zu lassen, bis hin zu vielfältigsten Weiterbildungsmöglichkeiten und allgemeiner Erwachsenenbildung.

    - Bemerkenswert ist auch der sachsen-anhaltische Anteil an bestimmten Einrichtungstypen: So fand sich auf sachsen-anhaltischem Territorium ein Drittel der zwölf Diakonissenhäuser in der DDR. Seit 1975 hatte es DDR-weit 15 evangelische Krankenpflegeschulen gegeben. Sieben davon, also die Hälfte, lagen in den Bezirken Halle und Magdeburg. Insgesamt gab es in der DDR 18 evangelische und katholische Seminare für die zweite Phase der theologischen Ausbildung und die Pfarrerweiterbildung. Von diesen hatten fünf (28 %) ihren Sitz in den Bezirken Halle und Magdeburg.

    - Unter den konfessionellen Bildungseinrichtungen lässt sich eine beträchtliche Anzahl finden, die nicht allein regional relevant, sondern überregional bedeutsam waren. Beispielhaft nennen lassen sich die Gnadauer Anstalten, das Katechetische Seminar Wernigerode, die Sektion Theologie der MLU Halle-Wittenberg, das Katechetische Oberseminar Naumburg, die Kirchenmusikschule Halle und der Kirchliche Fernunterricht der KPS für den evangelischen Bereich. Bedeutungen, die deutlich über den katholischen Jurisdiktionsbezirk Magdeburg hinausreichten, hatten das Norbertuswerk Magdeburg, das Priesterseminar Huysburg, das Polenseminar Magdeburg und die Katholische Arbeitsstelle für Pastorale Hilfsmittel Magdeburg. Der Umstand, dass die Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten ihren Hauptsitz in Friedensau bei Magdeburg unterhielt (und unterhält), brachte auch hier überregionales Gewicht mit sich.

    - Als bemerkenswert lässt sich auch der Umstand festhalten, dass in Zeitzeugenberichten und Untersuchungen die konfessionellen Bildungseinrichtungen nur selten als begrenzend oder einengend beschrieben werden, vielmehr ganz überwiegend als kulturell liberaler, kognitiv anregender und sozial integrativer beschrieben. Das muss sich nicht von selbst verstehen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass jenseits der DDR konfessionelle Bildungseinrichtungen mitunter gänzlich andere Bewertungen erfahren: als indoktrinierend und die Persönlichkeitsentwicklung durch dogmatische Vorgaben – seien es inhaltliche oder solche zur Lebensführung – formatierend. Dieser Befund sagt vermutlich mehr noch über das DDR-Bildungssystem aus als über die konfessionellen Angebote. Letztere benötigten lediglich eine minimale Offenheit gegenüber Nonkonformismus, um sich vom prägenden Konformismus des staatlichen Bildungswesens abzusetzen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Uwe Grelak
    Email: uwe.grelak@hof.uni-halle.de


    Originalpublikation:

    Uwe Grelak / Peer Pasternack: Toleriert und kontrolliert. Konfessionelles Bildungswesen auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts 1945–1989, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2021, 364 S.


    Weitere Informationen:

    http://Inhaltsverzeichnis und Leseprobe: https://www.hof.uni-halle.de/web/dateien/pdf/KoBi-LSA-Einleitung.pdf


    Bilder

    Grelak/Pasternack: Toleriert und Kontrolliert
    Grelak/Pasternack: Toleriert und Kontrolliert


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Politik, Religion
    regional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Grelak/Pasternack: Toleriert und Kontrolliert


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