Auf der Flucht vor dem Zucker Diabetiker zwischen Diaet und Durchschnittskost
Auf der Flucht vor dem Zucker landen viele Diabetiker offenbar beim Fett - dies jedenfalls ergab eine Studie ueber das "Ernaehrungsverhalten von ueber 40jaehrigen Diabetikern in Deutschland", vorgelegt von Dr. Friederike Bischof, Absolventin des Ulmer Aufbaustudiengangs Gesundheitswissenschaften (Public Health). Zusammen mit der Arbeit einer Fachkollegin aus Heidelberg wurde ihre Untersuchung am 29. Januar 1998 in Freiburg als beste Magisterarbeit aller Public-Health-Studiengaenge in Deutschland mit dem "Fritz-und-Hildegard-Berg-Preis" ausgezeichnet. Der Preis, vergeben von der Deutschen Koordinierungsstelle fuer Gesundheitswissenschaften des Stifterverbandes fuer die Deutsche Wissenschaft, ist mit 8000,- Mark dotiert.
Bewusstsein und Gewohnheiten
Etwa einer unter zwanzig Deutschen leidet an Diabetes, die ueberwiegende Mehrheit (ca. 90%) am Typ II, dem Altersdiabetes. Grundlage der Therapie und Voraussetzung fuer den erfolgreichen Einsatz von Medikamenten ist vor allem die richtige Ernaehrung, entsprechend den auch fuer Nicht-Diabetiker geltenden Empfehlungen einschlaegiger Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft fuer Ernaehrung (DEG). Die Wissenschaftler haben den Ernaehrungsgewohnheiten erwachsener Diabetiker bisher kaum Beachtung geschenkt. Einschlaegige Studien wurden fast ausschliesslich an ausgewaehlten Patientenkollektiven durchgefuehrt (z.B. neuentdeckten Typ-II-Diabetikern) und erhoben oft keine exakten Mengenangaben, sondern lediglich qualitative Aussagen nach dem Muster "Ich esse regelmaessig Brot".
Bischof hat nun anhand der "Nationalen Verzehrsstudie", einer repraesentativen ernaehrungsepidemiologischen Studie auf der Grundlage eines 7-Tage-Ernaehrungsprotokolls und eines umfangreichen Fragebogens zu Ernaehrungsgewohnheiten und Gesundheitsbewusstsein, Einstellungen und Ernaehrungsweise von (Typ-II-)Diabetikern ueber vierzig mit denen ihrer nicht-diabetischen Altersgenossen und mit den offiziellen Empfehlungen verglichen.
Viel Fett, wenig Vitamine
Insgesamt 5.343 ueber Vierzigjaehrige fanden sich in ihrer Stichprobe und unter diesen 383 (=7,2%) Diabetiker - 28 mit Insulin, 99 mit oralen Diabetika, 69 ausschliesslich mit Diaet und 187 ueberhaupt nicht behandelte. Allgemein praesentierten sie sich in einem schlechteren Gesundheitszustand als die Nicht-Diabetiker, geniessen aber den Vorzug sorgfaeltiger aerztlicher Überwachung und fachmaennischer Beratung bezueglich Lebensweise und Ernaehrung. Trotzdem halten nur 38% der erfassten Diabetiker Diaet, eingerechnet jene, die ausschliesslich diaetetisch behandelt werden. Bischof vermutet, dass sich unter den medikamentoes Therapierten ein betraechtlicher Teil in der truegerischen Sicherheit wiegt, mit der pharmazeutischen Versorgung sei das Stoffwechselproblem geloest.
Gemessen an den Naehrstoffempfehlungen der Fachgesellschaften unterscheidet sich der Speisezettel des Diabetikers kaum von dem des Nichtdiabetikers. In puncto Energieaufnahme, Verzehr von gesaettigten Fettsaeuren und Kochsalz schneiden Diabetiker sogar unguenstiger ab: Nur 13% von ihnen entsprechen der Ernaehrungsempfehlung eines hoechstens 35prozentigen Fettanteils an der Gesamtkalorienaufnahme; der Richtwert von 10% fuer den Kalorienanteil gesaettigter Fettsaeuren wurde von fast allen Patienten ueberschritten. Hinsichtlich der Cholesterinaufnahme gleichen Diabetiker dem Durchschnitt, ihre Versorgung mit Ballaststoffen und Vitaminen ist - wie uebrigens auch in der Gesamtbevoelkerung - unbefriedigend. Verzehrt werden dagegen viel tierische Kost und Kochsalz, obwohl gerade Diabetiker hier angesichts ihrer (drohenden oder manifesten) Begleitkrankheiten allen Grund zur Zurueckhaltung haetten.
Komplex gemieden
Als folgenschweres Missverstaendnis erweist sich der landlaeufige Fehlschluss: "Zucker ist schaedlich. Zucker besteht aus Kohlenhydraten. Also sind Kohlenhydrate schaedlich." Vermeintlich weisungsgemaess verzehren viele Betroffene darum nicht nur weniger Suessigkeiten, Honig und Weissbrot als Quellen der insulinkritischen Einfach-Kohlenhydrate, sondern meiden auch staerke-, also komplex-kohlenhydratreiche Nahrungsmittel wie Nudeln und Vollkornbrot - mit der Folge, dass es kaum einem Diabetes-Patienten gelingt, seinen Energiebedarf zur Haelfte aus diesen komplexen Kohlenhydraten zu decken, wie es ernaehrungsphysiologisch sinnvoll waere. Die Ursache der meisten dieser Fehler sieht Bischof in mangelndem Detailwissen ueber die ernaehrungsphysiologischen Grundlagen. Die einschlaegigen Schulungen speziell fuer Diabetiker werden offenbar den Anforderungen nicht vollstaendig gerecht.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
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Deutsch
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