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28.10.2021 13:48

Ehre nur, wem Ehre gebührt?!

Stephan Laudien Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Expertenteam der Universität Jena untersucht die „Ehrenpromotionen im kurzen 20. Jahrhundert“ an der Universität Jena / Online-Konferenz am 4. und 5. November stellt erste Ergebnisse vor.

    Ein Ehrendoktortitel schmückt beide Seiten: den oder die Geehrte(n) ebenso wie die Fakultät, die die Ehrung vergeben hat. Doch längst nicht immer waren es nur wissenschaftliche Meriten, die mit einem Doctor honoris causa gewürdigt wurden. „Die Ehrendoktortitel wurden manchmal auf politischen Druck hin vergeben oder aus wirtschaftlichen Erwägungen“, sagt PD Dr. Stefan Gerber, der Leiter des Universitätsarchivs der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Nach welchen Kriterien insbesondere die Ehrendoktorwürden während der beiden deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts an der Universität Jena vergeben wurden, wird nach einem Beschluss des Senats der Universität Jena von 2019 derzeit eingehend erforscht. Die beiden Senatsbeauftragten für die Aufarbeitung der Ehrenpromotionen im 20. Jahrhundert, der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Christopher Spehr und der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Achim Seifert, entwickelten in Kooperation mit dem Universitätsarchiv ein Forschungsprojekt, das an der universitätsgeschichtlichen Forschungsstelle des Universitätsarchivs angesiedelt wurde. Mit der Bearbeitung, besonders den umfangreichen Archivrecherchen, wurde der Historiker Dr. Andreas Neumann betraut, der nun erste Ergebnisse vorgelegt hat.

    Im Fokus liegt die Zeit zwischen Kaiserreich und dem Ende der DDR

    Die ursprüngliche Idee, sich alle Ehrenpromotionen anzuschauen, sei rasch verworfen worden, sagt Dr. Andreas Neumann. Sei der Doktor ehrenhalber doch seit dem 19. Jahrhundert über 700 Mal von der Universität Jena vergeben worden. So wurde entschieden, speziell die Jahre zwischen 1918 und 1990 in den Fokus zu rücken. Neumanns vorläufiges Fazit: In den Jahrzehnten vom Ende des Kaiserreichs über die Zeit des Nationalsozialismus bis hin zum Ende der DDR finden sich 50 problematische Ehrenpromotionen. In 14 Fällen wurde die Ehrendoktorwürde ohne erkennbare wissenschaftliche Leistung ausschließlich aus politischen Gründen vergeben. Diese 50 Fälle werden derzeit, genauso wie die rechtlichen Rahmenbedingungen der Ehrenpromotionen, genauer erforscht. Dazu, so Andreas Neumann, wurden zunächst Kategorien entwickelt, um die einzelnen Fälle miteinander vergleichen zu können. „Wir schauen beispielsweise, ob die Geehrten Mitglieder der Partei waren, welchen Massenorganisationen sie angehörten und ob sie in den jeweiligen Verbänden eine aktive Rolle spielten“, sagt Dr. Neumann. Untersucht werden auch Biographie und Werdegang der Geehrten sowie ihre akademischen Leistungen. „Unser Ziel ist eine kritische Einordnung der Vergabepraxis durch die Fakultäten“, so Neumann. Ob sich daraus weitere Schritte durch die Universität ergeben, müssten Universitätsleitung und Senat entscheiden.

    Tagung zu akademischen Ehrungen im 20. Jahrhundert

    Die Archivarbeit hat sich wegen der Corona-Pandemie erheblich verzögert. Dennoch werden erste Ergebnisse auf einer Online-Konferenz am 4. und 5. November der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Unter dem Titel „Verdienste und Belastungen. Akademische Ehrungen im 20. Jahrhundert zwischen Leitbildern und Irrwegen“ diskutieren Expertinnen und Experten aus Deutschland, Finnland und Österreich über akademische Ehrungen im „kurzen 20. Jahrhundert“. Der Fokus weitet sich bei dieser Tagung über Jena hinaus, der Schwerpunkt der Betrachtungen liegt aber im Raum Mitteldeutschland, wie Stefan Gerber betont. Interessierte, die sich per Zoom zuschalten wollen, können sich unter der E-Mail-Adresse andreas.neumann@uni-jena.de bis zum 1. November anmelden. Außerdem besteht die Möglichkeit, sich die Übertragung gemeinsam im Konferenzraum im Renaissanceflügel der Rosensäle (Fürstengraben 27) anzuschauen. Die Projektergebnisse zu den Jenaer Ehrenpromotionen während der NS-Zeit und in der DDR werden in den Jahren 2022 und 2023 in zwei Veranstaltungen dem interessierten Publikum vorgestellt werden.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    PD Dr. Stefan Gerber
    Universitätsarchiv der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Bibliotheksplatz 2, 07743 Jena
    Telefon: 03641 / 9401908
    E-Mail: stefan.gerber@uni-jena.de

    Prof. Dr. Christopher Spehr
    Theologische Fakultät der Universität Jena
    Fürstengraben 6, 07743 Jena
    Telefon: 03641 / 942736
    E-Mail: christopher.spehr@uni-jena.de

    Prof. Dr. Achim Seifert
    Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Jena
    Carl-Zeiß-Straße 3, 07743 Jena
    Telefon: 03641 / 942130
    E-Mail: achim.seifert@uni-jena.de


    Bilder

    Rektor Prof. Dr. Hans Schmigalla gratuliert der Schriftstellerin Inge von Wangenheim (1912-1993). Sie wurde am 7.3.1989 an der Universität Jena mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.
    Rektor Prof. Dr. Hans Schmigalla gratuliert der Schriftstellerin Inge von Wangenheim (1912-1993). Si ...
    Foto: Anne Günther/Uni Jena


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Geschichte / Archäologie
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Rektor Prof. Dr. Hans Schmigalla gratuliert der Schriftstellerin Inge von Wangenheim (1912-1993). Sie wurde am 7.3.1989 an der Universität Jena mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.


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