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11.11.2021 11:32

Hallesches Forscherteam beweist erstmals intakte Funktion der Vestibular-Rezeptoren nach Gehörtumor-Entfernung

Cornelia Fuhrmann, M.A. Medizinische Fakultät / Universitätsklinikum Halle (Saale)
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

    Jährlich wird bei einigen Dutzend Menschen in Deutschland in der Hörschnecke des Innenohrs, der sogenannten Cochlea, ein Schwannom entdeckt. Eine operative Entfernung des Tumors ist möglich. Aber eine solche Verletzung der nur erbsengroßen Cochlea, würde normalerweise – so die bisherige Lehrmeinung - zu einem Aus-fall oder einer erheblichen Störung der Rezeptoren des Gleichgewichtsorgans führen. Ein internationales Team um Prof. Dr. Stefan Plontke von der Universitätsmedizin Halle hat nun erstmals gezeigt, dass - entgegen der bisherigen Annahme - die Rezeptoren für den Gleichgewichtssinn ihre Funktionalität unabhängig von dem Vorhandensein der Gehörschnecke behalten.

    An dieser Stelle im Ohr ist es eine sehr seltene Unterform der bekannteren Vestibularis-Schwannome, auch Akustikusneurinome genannt, die üblicherweise im inneren Gehörgang wachsen. Solche Tumoren in der Gehörschnecke sind zwar meist gutartig und sehr langsam wachsend, zerstören aber die Sinneszellen, die die Schallsignale in elektrische Nervenimpulse umwandeln. Die Betroffenen leiden in der Folge unter Hörverlust und eventuell auch Schwindel.

    Die beiden Rezeptorsysteme – eins für das Hören im Hörorgan (Cochlea) und eins für das Gleichgewicht im Vestibularsystem - sind im sogenannten häutigen Labyrinth im Innenohr angesiedelt. Sie teilen sich die gleichen Flüssigkeiten mit einer bestimmten Ionenkonzentration, die für eine normale Funktion der Rezeptoren notwendig ist. Bisher hat man angenommen, dass bei einer Verletzung oder auch Entfernung der Cochlea aufgrund der Operation auch das andere System seine Funktion verliert. „Die Operation im Ohr erfordert höchste Präzision und sehr viel Erfahrung. Die Tumoren im Innenohr sind meist nur wenige Millimeter groß. Bei der Operation müssen aber oftmals wesentliche Teile oder auch fast die gesamte Hörschnecke entfernt werden. Unsere Messungen von allen fünf Gleichgewichts-Rezeptoren bei 27 Patientinnen und Patienten vor und nach den operativen Eingriffen haben aber bewiesen, dass trotz einer Verletzung des Hör-Systems die Rezeptoren des Gleichgewichts-Systems eigenständig weiterhin funktionieren“, sagt Prof. Dr. Stefan Plontke, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie. Wieso dies so sei, müsse weiterhin erforscht werden. Ein Teil der Erklärung sei aber auch die spezielle Operationstechnik, die in Halle angewendet werde.

    Die Studie liefert neue Erkenntnisse für das Verständnis zur Funktion und Operation des Innenohres und eröffnet somit neue Perspektiven für die Behandlung von betroffenen Patientinnen und Patienten, nicht nur mit Vestibularis-Schwannom, und sei entsprechend weltweit in Fachkreisen auf große Resonanz gestoßen. Denkbar seien daraus abgeleitet auch deutliche Verbesserun-gen von Geräten wie Cochlea-Implantaten (CI), die mit ihrer peripheren Stimula-tion dafür sorgen, dass die Betroffenen wieder hören können, so die Autoren.

    Die Studienergebnisse wurden im renommierten Nature-Fachjournal „Communications Medicine“ veröffentlicht.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Stefan Plontke
    Telefon: 0345 557 1840
    E-Mail: stefan.plontke@uk-halle.de


    Originalpublikation:

    „A case series shows independent vestibular labyrinthine function after major surgical trauma to the human cochlea“, https://www.nature.com/articles/s43856-021-00036-w, DOI: 10.1038/s43856-021-00036


    Weitere Informationen:

    http://www.medizin.uni-halle.de/hno
    http://www.medizin.uni-halle.de/presse


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Kooperationen
    Deutsch


     

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