Die Psychologin Dr. Anne Gärtner von der TU Dresden erklärt in einem aktuellen Artikel der psychologischen Rundschau, warum die digitale Lehre den Präsenzunterricht an Hochschulen nicht ersetzen, aber durchaus als ein ergänzendes Mittel betrachtet werden kann. Die Zukunft des Lehrens und Lernens könnte im sogenannten Blended Learning liegen, einer Mischung aus Präsenz- und Onlineunterricht.
In den vergangenen zwei Jahren wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie und den damit einhergehenden Lockdowns nicht nur die Wichtigkeit zwischenmenschlichen Kontaktes, sondern auch die Unverzichtbarkeit der Präsenzlehre immer wieder thematisiert und diskutiert. Nie zuvor mussten Lehrende ihre Unterrichtsform in kürzester Zeit derartig verändern und umgestalten. Schlechte Internetverbindungen, Schwierigkeiten in der technischen Umsetzung und der fehlende persönliche Austausch erschwerten die Übermittlung von Wissen und Unterrichtsinhalten.
Für eine qualitativ hochwertige universitäre Ausbildung gilt die Präsenzveranstaltung als ein überaus wichtiger Kernbestandteil. Dass die digitale Lehre jedoch Vorteile und Chancen mit sich bringt, zeigt die Kommission Studium und Lehre der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) in einem Bericht für die Psychologische Rundschau. Darin erläutert Dr. Anne Gärtner von der TU Dresden, dass die digitale Lehre Studierenden sowie Lehrenden neue, nie dagewesene Möglichkeiten bietet und eine völlig erneuerte Form des Lehrens und Lernens ins Leben ruft: „Zum einen zählt die zeitliche und räumliche Flexibilität bei der Arbeitseinteilung zu den größten Vorteilen der digitalen Lehre, da so nicht nur Zeit, sondern auch Kosten für beispielsweise wegfallende Anfahrtswege gespart werden können. Lehrende verfügen über eine größere Autonomie und können selbst entscheiden, wie sie sich ihre Zeit einteilen, bzw. den Unterricht gestalten. Zudem kann aufgezeichnetes Lehrmaterial wiederverwendet werden.“
Ähnlich geht es auch den Studierenden: sie können durch die digitale Lehre in ihrem ganz persönlichen Tempo lernen und aufgezeichnete Vorlesungen so oft wie nötig wiederholen.„Präsenzlehre und digitale Formate sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden“, ist Dr. Gärtner überzeugt. „Die digitale Lehre ist als ein ergänzendes Mittel zur weiteren Verbesserung der Qualität in der Lehre zu betrachten, die Wichtigkeit der Präsenzlehre sollte nicht in Vergessenheit geraten.“ Denn auch wenn das Online-Learning mehr Vorteile mit sich bringt, als zunächst erwartet, fallen durch den fehlenden Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden viele Lücken an, die online nicht „gefüllt“ werden können. Ein sehr offensichtlicher Nachteil ist zum Beispiel die Voraussetzung einer stabilen Internetverbindung und des nötigen technischen Zubehörs. Da die digitale Lehre und ihre technische Umsetzung für viele noch Neuland war, kam es dementsprechend besonders in der Anfangszeit zu einer erhöhten Arbeitsbelastung. Darüber hinaus ist einer der Hauptnachteile zweifellos die Schwierigkeit, langfristig alleine vor seinem Computer diszipliniert, konzentriert und motiviert zu bleiben. Vor allem für die Studierenden ist dafür deutlich mehr Selbstdisziplin und Organisation notwendig, als im Präsenzunterricht.
Für Dr. Gärtner persönlich war der größte Nachteil, nicht zu wissen, ob sie in ihren Online-Veranstaltungen tatsächlich die Studierenden erreichen konnte: „Es hat sich jedoch herausgestellt, dass meine Online-Seminare und -Vorlesungen bisher sehr gut besucht wurden und Interaktion und Austausch möglich waren, wenn auch in einer etwas anderen Form. So gut alles geklappt hat – mein digitales Seminar wurde sogar mit einem Lehrpreis ausgezeichnet, worüber ich mich besonders gefreut habe – ich hoffe trotzdem, dass ich mit den Studierenden bald wieder gemeinsam im Seminarraum diskutieren und im Labor spannende Experimente durchführen kann“, erläutert die Psychologin.
Für das Lehren und Lernen der Zukunft könnte die Mischform „Blended Learning“ (Verbindung von Präsenz- und digitaler Lehre) eine vielversprechende Methode darstellen, davon ist auch Fr. Dr. Gärtner überzeugt. So könnte im Präsenzunterricht der Fokus stärker auf Interkation und Austausch gelegt werden, während in digitalen Lehr- und Lernformen der Stoff individuell bearbeitet werden kann. Denn auch in Zukunft wird man mehr und mehr online lernen und lehren wollen, da mittlerweile jede Person die Möglichkeit hat, sich jederzeit und überall weiterzubilden – ob unterwegs, im Wartezimmer, in der Bahn oder zu Hause.
Dr. Anne Gärtner
Professur Differentielle und Persönlichkeitspsychologie
TU Dresden
E-Mail: anne_gaertner@tu-dresden.de
Anne Gärtner, Mario Gollwitzer, Laura M. König und Ana N. Tibubos. Chancen und Herausforderungen digitaler Lehre. Psychologische Rundschau. Online veröffentlicht: September 22, 2021. https://doi.org/10.1026/0033-3042/a000555
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Pädagogik / Bildung, Psychologie
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).