Der Bedarf an neuen Medikamenten ist hoch. Forschende der Universität Hamburg und der Technischen Universität München (TUM) haben nun eine neue Plattform für das Repurposing von Medikamenten vorgestellt, welche die Suche nach neuen Therapeutika erleichtern soll. Die Ergebnisse wurden in Nature Communications veröffentlicht.
NeDRex (Network-based Drug Repurposing and exploration) ist eine interaktive Plattform für netzwerkbasiertes Drug Repurposing und die Entdeckung von Krankheitsmodulen. Sie umfasst zehn verschiedene Datenquellen über Gene, Wirkstoffe, Wirkstoffziele, Krankheitsannotationen und deren Beziehungen zueinander und ermöglicht darüber hinaus die Priorisierung von Medikamenten und die statistische Validierung.
„Wir haben den Nutzen von NeDRex bereits in fünf spezifischen Anwendungsfällen getestet. So konnten wir Arzneimittelkandidaten identifizieren, die für die Behandlung von entzündlichen Darmerkrankungen, Lungenembolie, Chorea Huntington und Alzheimer weiter erforscht werden können“, sagt Prof. Dr. Jan Baumbach, Inhaber des Lehrstuhls für Computergestützte Systembiologie am Zentrum für Bioinformatik der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften an der Universität Hamburg und Mitautor der Studie. „Allerdings kann NeDRex nur potenzielle Wirkstoffkandidaten für eine weitere Bewertung liefern. Die Wirksamkeit der Arzneimittelkandidaten muss anschließend natürlich durch klinische Studien verifiziert und getestet werden.“
Der Bedarf an neuen Medikamenten ist hoch, gleichzeitig liegen die Kosten für die Markteinführung eines neuen Wirkstoffs schätzungsweise zwischen zwei und drei Milliarden US-Dollar. Zu den Faktoren, die zu diesen hohen Kosten beitragen, gehört auch teils nicht reproduzierbare präklinische Forschung und eine zunehmende Vorsicht der Arzneimittelzulassungsbehörden. Deshalb suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Hochdruck nach alternativen Ansätzen für die Suche nach neuen Therapeutika.
Ein Ansatz ist das sogenannte Drug Repurposing, bei dem alternative Verwendungsmöglichkeiten für bestehende Arzneimittel gesucht werden. Im Vergleich zur herkömmlichen Arzneimittelentwicklung bietet das Drug Repurposing erhebliche Vorteile, zum Beispiel niedrige Kosten, geringeres Risiko und kürzere Zeiträume für die Arzneimittelentwicklung.
„Die Daten, die für die Identifizierung von Signalwegen und Teilnetzen, die die Mechanismen komplexer Krankheiten beschreiben und potenzielle Arzneimittelziele enthalten, sind leider über unabhängige Datenbanken verstreut. Außerdem beschränken sich die vorhandenen Studien auf Vorhersagen für bestimmte Krankheiten“, sagt Sepideh Sadegh, Doktorandin an der TUM School of Life Sciences Weihenstephan (WZW) und Erstautorin der Studie. „Es besteht daher ein Bedarf an anpassungsfähigen Werkzeugen, die es biomedizinischen Forschern ermöglichen, Ansätze zum Repurposing von Arzneimitteln für ihre individuellen Anwendungsfälle einzusetzen – diese Lücke schließen wir mit NeDRex.“
Die benutzerfreundliche Plattform soll auch Personen außerhalb der Informatik ermöglichen, verschiedene Schichten eines großen biologischen Netzwerks zu durchforsten. Gleichzeitig bietet NeDRex auch die Möglichkeit, nur zugelassene Medikamente zu priorisieren, was den Prozess der Medikamentenentwicklung beschleunigen kann, da die präklinische Forschungsphase übersprungen und direkt in klinische Studien übergegangen werden kann.
Für künftige Versionen der Datenbank planen die Forschenden die Integration von Daten zu Krankheitssymptomen und Arzneimittelnebenwirkungen, was die Untersuchung verschiedener Krankheitsähnlichkeiten und Ansätze zur Neupositionierung von Arzneimitteln ermöglichen wird.
An der Plattform waren neben der Universität Hamburg und der TUM auch Forschende der Newcastle University, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der Technischen Universität Braunschweig, der Universidad Autónoma Metropolitana-Cuajimalpa (Mexico), der Maastricht University, dem Universitätsklinikum Essen und der Universität von Süddänemark beteiligt.
Prof. Dr. Jan Baumbach
Universität Hamburg
Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
Lehrstuhl für Computergestützte Systembiologie
Tel.: +49 40 42838-7640
E-Mail: jan.baumbach@uni-hamburg.de
Sadegh, S., Skelton, J., Anastasi, E. et al. Network medicine for disease module identification and drug repurposing with the NeDRex platform. Nat Commun 12, 6848 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-27138-2
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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