idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
06.04.2004 10:27

Zwischen Formen des Lebens und Formen des Erbes

Dr. Christian Jung Stabsreferat Kommunikation
VolkswagenStiftung

    1,66 Millionen Euro für neue "Schlüsselthemen der Geisteswissenschaften"

    Die VolkswagenStiftung bewilligt insgesamt rund 1,66 Millionen Euro für zwei neue Vorhaben in ihrer Förderinitiative "Schlüsselthemen der Geisteswissenschaften". Diese Förderinitiative zielt auf die geistes- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen. Wissenschaftler sind aufgerufen Projektthemen zu definieren, die aktuelle, in der Gesellschaft diskutierte Fragestellungen aufgreifen; Fragestellungen, die sich darüber hinaus nur im interdisziplinären Verbund bearbeiten lassen - nach Möglichkeit unter Einschluss naturwissenschaftlicher Fächer. Mit diesem Konzept will die VolkswagenStiftung dazu beitragen, die Geisteswissenschaftler in ihren Forschungsaktivitäten zu vernetztem, übergreifendem Arbeiten anzuregen. Bewilligt wurden jetzt:

    1.

    750.000 Euro für das Vorhaben "Erbe, Erbschaft, Vererbung. Überlieferungskonzepte zwischen Natur und Kultur im historischen Wandel"
    von Professorin Dr. Sigrid Weigel vom Zentrum für Literaturforschung Berlin - in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Bernhard Jussen, Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie der Universität Bielefeld;

    2.

    913.200 Euro für das Vorhaben "Formen des Lebens. Philosophische Dimensionen der aktuellen biomedizinischen Forschung" von Professor Dr. Barry Smith vom Institut für formale Ontologie und medizinische Informationswissenschaften (IFOMIS) der Universität Leipzig - in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Heinz Sass vom Lehrstuhl für Genetik der Universität Leipzig und Professor Dr. Pirmin Stekeler-Weithofer vom Institut für Philosophie der Universität Leipzig.

    Zu 1: Ein Gut, das über die Generationen hinweg weitergegeben - und dabei unter Umständen auch modifiziert - wird, bezeichnen wir als Erbe oder Erbschaft. Dazu zählen materielle oder kulturelle Besitztümer ebenso wie Eigenschaften, die über Gene transferiert werden. Das Erbe gehört zu den grundlegenden Konzepten der menschlichen Zivilisation, denn es vermittelt zwischen Vergangenem und Künftigem. Die Art und Weise der Überlieferung und die damit verbundenen Formen und Praktiken haben sich jedoch im Laufe der Jahrhunderte stetig geändert. So führte beispielsweise die Einführung des biologischen Erbbegriffs um das Jahr 1800 zu einem jähen Bruch mit den bis dahin gültigen christlichen Erbvorstellungen. Die Behauptung, Merkmale vom Organismus der Eltern könnten an die Kinder weitergegeben werden, hatte weitreichende Folgen - sowohl im gesellschaftlichen als auch im rechtlichen und politischen Sinne.

    Die Folgen, aber auch die Vorgeschichte solcher Umbrüche sind es, mit denen sich jetzt Professorin Dr. Sigrid Weigel vom Zentrum für Literaturforschung Berlin und Professor Dr. Bernhard Jussen von der Universität Bielefeld in ihrem Forschungsprojekt auseinander setzen. Gemeinsam mit Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen untersuchen sie, welche historischen Umbrüche es in den Erbkonzepten der lateineuropäischen Geschichte vom Mittelalter bis zur Moderne gegeben hat. Dabei stehen einerseits Reproduktion und Vererbung, andererseits Traditionsbildung im Mittelpunkt des Interesses. In mehreren Teilprojekten möchten die Forscher Antworten auf folgende Fragen finden: Welche Bedeutungsverschiebungen sind im Hinblick auf Erbschaftsvorstellungen in der Geschichte zu beobachten? Welche Rolle spielen dabei Veränderungen im Wissen um die biologische Reproduktion und Veränderungen der Organisationen verwandtschaftlicher beziehungsweise familiärer Beziehungen? Wie stark werden diese durch rechtliche, insbesondere erbrechtliche Bestimmungen reguliert? Die Ergebnisse ihrer interdisziplinären Projektarbeit werden die Forscher in mehreren Publikationen festhalten.
    --------------------
    Kontakt Zentrum für Literaturforschung Berlin:
    Professorin Dr. Sigrid Weigel
    Telefon: 0 30/2 01 92 - 173
    E-Mail: siweigel@aol.com

    Kontakt Universität Bielefeld:
    Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie
    Professor Dr. Bernhard Jussen
    zurzeit erreichbar in Berlin, Wissenschaftskolleg:
    Telefon: 0 30/89 001 - 223
    E-Mail: Bjussen@web.de
    --------------------
    Zu 2: Die elektronische Informationsverarbeitung erobert immer neue Anwendungsgebiete und dringt in bestehende tiefer ein. Gerade in der biomedizinischen Forschung unterstützt sie einige Bahn brechende Ergebnisse - wie beispielsweise die Entschlüsselung des menschlichen Genoms. An einem Projekt dieser Art sind dabei meist mehrere Disziplinen beteiligt, die mit verschiedenen Informations- und Begriffssystemen arbeiten. Ein Faktum, das die Kommunikation zwischen den Wissenschaftlern erheblich erschwert.

    Grundlegendes Ziel von Professor Dr. Barry Smith von der Universität Leipzig und seinem interdisziplinär zusammengesetzten Team - bestehend aus Biologen, Philosophen, Bio- und Medizininformatikern - ist eine interdisziplinär angelegte Klärung jener Grundbegriffe des Lebens, mit denen sich der Mensch die Prozesse des Lebendigen verständlich macht. Am Ende des Vorhabens soll daher eine neue Gesamttheorie der wichtigsten biomedizinischen Grundbegriffe stehen wie Art, Spezies, Teil, Ganzes, Funktion etc., die zum Basisverständnis jedes Lebenswissenschaftlers gehören. Die Ergebnisse dienen dann später als Grundlage für neue Strategien zur Organisation und Integration von Informationen im Bereich der biomedizinischen Informatik, sodass nicht zuletzt auch die Kommunikation zwischen wissenschaftlichen Disziplinen erleichtert wird. Eine Vermittlerrolle zwischen Biologie und Informatik kommt hier der angewandten Ontologie zu, einer letztlich auf Aristoteles gründenden philosophischen Disziplin, die in den vergangenen Jahren in der Bioinformatik an Bedeutung gewonnen hat. Verschiedene Konferenzen und Informationsveranstaltungen sowie Veröffentlichungen - auch über die Bedeutung der Arbeit für das Selbstverständnis der Philosophie - werden das Vorhaben begleiten.
    --------------------
    Kontakt Universität Leipzig:
    Medizinische Fakultät
    Institut für formale Ontologie
    und medizinische Informationswissenschaften (IFOMIS)
    Professor Dr. Barry Smith
    Telefon: 03 41/97 - 16170
    E-Mail: phismith@buffalo.edu

    Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie,
    Lehrstuhl für Genetik
    Professor Dr. Heinz Sass
    Telefon: 03 41/9 73 68 75
    E-Mail: sass@rz.uni-leipzig.de

    Philosophische Fakultät
    Institut für Philosophie
    Professor Dr. Pirmin Stekeler-Weithofer
    Telefon: 03 41/9 73 58 20
    E-Mail: stekeler@uni-leipzig.de
    --------------------
    Der Text der Presseinformation steht im Internet zur Verfügung unter http://www.volkswagenstiftung.de/presse-news/presse04/06042004.htm
    --------------------
    Kontakt VolkswagenStiftung
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Christian Jung
    Telefon: 05 11/83 81 - 380
    E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de
    --------------------
    Kontakt Förderinitiative der VolkswagenStiftung
    Dr. Vera Szöllösi-Brenig
    Telefon: 05 11/83 81 - 218
    E-Mail: szoelloesi
    @volkswagenstiftung.de


    Weitere Informationen:

    http://www.volkswagenstiftung.de/presse-news/presse04/06042004.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).