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15.04.2004 10:55

Zwischen Vertreibung und dem Europa der 25

Dr. Christian Jung Stabsreferat Kommunikation
VolkswagenStiftung

    Breites Spektrum neuer Forschungsvorhaben zum Kontinent

    Stiftung bewilligt 2,66 Millionen Euro in ihrer Initiative zur Erforschung der geistigen Grundlagen und Voraussetzungen eines erweiterten Europas

    Die VolkswagenStiftung fördert historische und gegenwartsbezogene Forschungen zum östlichen Europa, die die Vielfalt dieses Kulturraums in den Blick nehmen und zugleich dessen Bezüge und Verbindungen zum übrigen Europa beleuchten. Vorrangiges Ziel dabei ist es, Ähnlichkeiten und Unterschiede im Hinblick auf die Entwicklung in anderen Teilen Europas herauszuarbeiten und Prozesse der gegenseitigen Beeinflussung und Durchdringung unterschiedlicher Kulturen zu untersuchen. In ihrer Förderinitiative "Einheit in der Vielfalt? Grundlagen und Voraussetzungen eines erweiterten Europas" stellt die VolkswagenStiftung jetzt für zehn neue Vorhaben insgesamt rund 2,66 Millionen Euro bereit, darunter:

    1. 340.000 Euro für das Vorhaben "'Europa' im Ostblock. Vorstellungswelten und Kommunikationsräume im Wandel" von Professor Dr. Christoph Kleßmann und Professor Dr. Konrad H. Jarausch vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam e. V.;

    2. 283.900 Euro für das Vorhaben "Migration und Transformation. Dokumente zu Verlauf und Wirkung von Vertreibung, Zwangsaussiedlung und Neubesiedlung in den böhmischen Ländern 1945 bis 1950" von Professor Dr. Detlef Brandes vom Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, Universität Düsseldorf;

    3. 325.500 Euro für das Vorhaben "Kirche und Religion im erweiterten Europa. Eine Studie zur gesellschaftlichen Bedeutung von Religion in Ost und West" von Professor Dr. Detlef Pollack und Dr. Gert Pickel vom Lehrstuhl für vergleichende Kultursoziologie, Fakultät für Kulturwissenschaften der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder;

    4. 280.000 Euro für das Vorhaben "Deutsche und russische Universitäten im Ersten Weltkrieg. Vergleichende Studien zum Verhältnis von Gesellschaft, Wissenschaft und Politik" von Professor Dr. Trude Maurer, Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte der Universität Göttingen.

    - Ausführliche Informationen zu diesen Projekten im nachfolgenden Text; am Ende dieser Presseinformation folgt eine Übersicht der weiteren sechs neu bewilligten Vorhaben.

    Zu 1: Im Zuge des Vorhabens "Europa im Ostblock. Vorstellungswelten und Kommunikationsräume im Wandel" untersucht das Wissenschaftlerteam vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, wie sich die Europavorstellungen auf der östlichen Seite des Eisernen Vorhangs im Zeitraum von 1945 bis 1991 entwickelten. Ihr Ziel ist es zu ermitteln, welcher Art die Vorstellungen von Europa waren und welche historischen Erfahrungen, Prägungen und Zukunftserwartungen sich für die osteuropäischen Gesellschaften mit "Europa" verbanden. Dabei bleibt die Untersuchung nicht auf eine Analyse von Debatten beschränkt: Die Ideen sollen in ihren jeweiligen Kommunikationsräumen und in Bezug zu den biografischen Erfahrungen ihrer Protagonisten behandelt werden. Im Einzelnen sind drei Teilprojekte geplant, die jeweils einer bestimmten Zeitspanne gewidmet sind: erstens der Formierung des Ostblocks gegen den Westen im ersten Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg; zweitens dem KSZE-Prozess in den 1970er-Jahren - und drittens den 1980er-Jahren als Phase der allmählichen Auflösung des Ostblocks. Die Untersuchungen erfolgen jeweils länderübergreifend und konzentrieren sich auf die DDR, Polen und die Tschechoslowakei, berücksichtigen aber auch Ungarn.

    Kontakt Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam e. V.:
    Professor Dr. Christoph Kleßmann
    Telefon: 03 31/2 89 91 - 57
    E-Mail: klessmann@zzf-pdm.de

    Professor Dr. Konrad H. Jarausch
    Telefon: 03 31/2 89 91 - 57
    E-Mail: jarausch@zzf-pdm.de
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    Zu 2: Das deutsch-tschechische Vorhaben unter Leitung von Professor Detlef Brandes von der Universität Düsseldorf zu Verlauf und Wirkung von Vertreibung, Zwangsaussiedlung und Neubesiedlung in den böhmischen Ländern könnte Entscheidendes leisten zum Abbau von Vorurteilen zu diesem Thema. Ziel ist es, erstmals und systematisch Dokumente aus tschechischen Archiven zu Organisation, Verlauf und unmittelbarer Wirkung der Migrationen auf dem Gebiet der böhmischen Länder zwischen 1945 und 1950 zusammenzutragen und zu veröffentlichen. So ließe sich eine breite und tragfähige Grundlage schaffen für die weitere Diskussion über die umstrittenen Prozesse der Vertreibung und Neubesiedlung. Das Schwergewicht der geplanten vierbändigen Publikation soll auf der Darstellung von Vertreibung und Zwangsaussiedlung der Deutschen sowie auf der Neubesiedlung der deutschen Herkunftsgebiete durch Tschechen und andere ethnische Gruppen liegen. Beide Massenmigrationen bedingten sich gegenseitig und wurden - in einem von der Forschung bisher nicht beachteten Maße - durch die Staatsbürokratie von Anfang an zentral gesteuert. Das Interesse der Forscher richtet sich dabei nicht nur auf die Migrationsprozesse an sich, sondern auch auf deren - durch Aktenmaterial dokumentierte - unmittelbare Wirkung auf die gesellschaftliche, politische, ökonomische, konfessionelle und kulturelle Entwicklung in den Aus- und Umsiedlungsgebieten. Insgesamt wird die geplante Edition bislang unbeachtetes Aktenmaterial aus über 40 Archiven zusammenführen. Sie soll sowohl in deutscher als auch tschechischer Sprache veröffentlicht werden.

    Kontakt Universität Düsseldorf:
    Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa
    Professor Dr. Dr. h. c. Detlef Brandes
    Telefon: 02 11/81 - 14098
    E-Mail: brandes@uni-duesseldorf.de
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    Zu 3: In ihrem Vorhaben zu "Kirche und Religion im erweiterten Europa. Eine Studie zur gesellschaftlichen Bedeutung von Religion in Ost und West" fragen die Wissenschaftler von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder nach der gesellschaftlichen Bedeutung von Religion im europäischen Erweiterungsprozess. Sie wollen ermitteln, in welchen Ländern West- und Osteuropas Tendenzen einer Säkularisierung festzustellen sind und in welchen Gesellschaften Religion eine bedeutende Rolle spielt beziehungsweise sogar im Aufschwung begriffen ist. In einer ersten Analysephase wird europaweit nach Mustern, Trends und Bestimmungsfaktoren für Kirchlichkeit und Religiösität gefragt, in der zweiten Phase konzentriert sich das Forscherteam auf ausgewählte Länder im "westlichen" - Finnland, Deutschland, Portugal, Irland - und "östlichen"- Estland, Ungarn, Kroatien, Russland, Polen - Europa. Konkret untersucht wird die Bedeutung der Religion für die und in der Gesellschaft auf vier verschiedenen Ebenen: der Individualebene, der Gruppenebene, auf Organisationsebene - sowie auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene.

    Kontakt Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder
    Fakultät für Kulturwissenschaften, Lehrstuhl für vergleichende Kultursoziologie
    Professor Dr. Detlef Pollack
    Telefon: 03 35/55 34 - 2924
    E-Mail: pollack@euv-frankfurt-o.de

    Dr. Gert Pickel
    Telefon: 03 35/55 34 - 2922
    E-Mail: pickel@euv-frankfurt-o.de
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    Zu 4: Die Geschichte der Universitäten im Ersten Weltkrieg auf deutscher und russischer Seite ist wenig erforscht. Dies ist unzweifelhaft eine Lücke, wurden doch insbesondere die russischen Universitäten seit dem 18. Jahrhundert nach deutschem Vorbild modelliert und waren insbesondere die russisch-deutschen Wissenschaftsbeziehungen vor 1914 äußerst eng. Professor Trude Maurer von der Universität Göttingen hat sich zum Ziel gesetzt, die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs auf die deutschen und russischen Universitäten zu untersuchen. Diese waren dabei nicht nur verbunden durch die genannte Vorbildfunktion der deutschen beziehungsweise die vergleichbare Entwicklung der russischen Universitäten während des 19. Jahrhunderts, sondern ganz unmittelbar durch vielfältige personelle und wissenschaftliche Beziehungen. Ob und inwieweit der Krieg als Katalysator oder gar Motor des Wandels der Universitäten beider Länder wirkte, soll für drei Bereiche vergleichend untersucht werden: das Verhältnis von Universität und Gesamtgesellschaft anhand des Dienstes von Universitätsangehörigen in der Etappe und an der Front; die innere Entwicklung der Universität und die Veränderungen von Forschung, Lehre und Studium unter den Bedingungen des Krieges - sowie die Beteiligung der Gelehrten an der Deutung des Krieges und an der Kriegspropaganda.

    Kontakt Universität Göttingen:
    Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte
    Professorin Dr. Trude Maurer
    Telefon: 05 51/39 - 4648
    E-Mail: tmaurer1@gwdg.de
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    Die VolkswagenStiftung nimmt im Rahmen dieses Förderangebots künftig eine Akzentverschiebung vor, indem sie stärker als bisher eine substanzielle Kooperation mit osteuropäischen Partnern zur zentralen Voraussetzung einer Förderung macht. Erwartet wird, dass von den gemeinsamen Vorhaben zugleich ein Impuls zur Stärkung der intellektuellen und wissenschaftlichen Kapazität vor Ort - etwa durch die Qualifizierung und Förderung von Nachwuchswissenschaftlern - ausgeht. Generelles Ziel ist es, Stimme und Gewicht der osteuropäischen Partner in den Kooperationsprojekten zu stärken.

    Des Weiteren wurden folgende sechs Bewilligungen ausgesprochen:

    5. 285.400 Euro für das Vorhaben "'Person' und 'Subjekt' im deutsch-russischen Kulturtransfer. Untersuchungen zum Begriffsfeld der "Personalität" in interkultureller Perspektive" von Professor Dr. Alexander Haardt vom Institut für Philosophie der Universität Bochum;

    Kontakt Universität Bochum:
    Professor Dr. Alexander Haardt
    Telefon: 02 34/32 - 24730
    E-Mail: Alexander.Haardt@ruhr-uni-bochum.de
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    6. 314.400 Euro für das Vorhaben "Bild und Konfession. Funktionen und Konzepte von Bildern in den gesellschaftlichen und kulturellen Formierungsprozessen des konfessionellen Zeitalters in Mitteleuropa" von
    Professor Dr. Winfried Eberhard, Geisteswissenschaftliches Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas e. V. in Leipzig;

    Kontakt Geisteswissenschaftliches Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas e. V.:
    Professor Dr. Winfried Eberhard
    Telefon: 03 41/9 73 55 - 61
    Fax: 03 41/9 73 55 - 69
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    7. 210.700 Euro für das Vorhaben "Kirche und Nation. Nationalisierungsprozesse und religiöser Wandel in Ostmitteleuropa zwischen Völkerfrühling und Erstem Weltkrieg. Ein regionaler Vergleich zwischen Westpreußen, Galizien und der Bukowina" von Dr. Andreas Lawaty vom Nordost-Institut, Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen in Nordosteuropa e. V. in Lüneburg;

    Kontakt Nordost-Institut, Lüneburg:
    Dr. Andreas Lawaty
    Telefon: 0 41 31/4 00 59 - 0
    E-Mail: sekretariat@ikgn.de
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    8. 140.800 Euro für das Vorhaben "Die Rückkehr der Städte? Funktionen der Erinnerungskultur in Mittel- und Südosteuropa im 20. Jahrhundert: Temeswar und Dresden im Vergleich" von Professor Dr. Walter Schmitz vom Mitteleuropa Zentrum für Staats-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften der Technischen Universität Dresden - in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Andrei Corbea-Hoisie, Catedra de germanistica, Facultatea de Litere, Universitatea "Alexandru Ioan Cuza", Iasi, Rumänien, und Stiftung "Das Dritte Europa" in Temeswar, Rumänien;

    Kontakt TU Dresden:
    Professor Dr. Walter Schmitz
    Telefon: 03 51/4 63 - 37865
    E-Mail: MeZ@mailbox.tu-dresden.de
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    9. 200.000 Euro für das Vorhaben "Captive States, Divided Societies. Political Institutions of Southeastern Europe in Historical Comparative Perspective" von Professor Dr. Werner Weidenfeld vom Centrum für angewandte
    Politikforschung der Universität München - in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Andrei Nicolae Pippidi, Romanian Institute for Recent History (IRIR) in Bukarest

    Kontakt Universität München:
    Professor Dr. Dr. h. c. Werner Weidenfeld
    Telefon: 0 89/21 80 - 1300
    E-Mail: cap.office@lrz.uni-muenchen.de
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    10. 280.000 Euro für das Vorhaben "Rechtskulturen des modernen Osteuropa - Traditionen und Transfers" von Professor Dr. Marie Theres Fögen, Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt/Main.

    Kontakt Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte:
    Professorin Dr. Marie Theres Fögen
    Telefon: 0 69/7 89 78 - 100
    E-Mail: foegen
    @mpier.uni-frankfurt.de
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    Der Text der Presseinformation steht im Internet zur Verfügung unter http://www.volkswagenstiftung.de/presse-news/presse04/15042004.htm
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    Kontakt VolkswagenStiftung
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Christian Jung
    Telefon: 05 11/83 81 - 380
    E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de

    Kontakt Förderinitiative der VolkswagenStiftung
    Dr. Wolfgang Levermann
    Telefon: 05 11/83 81 - 212
    E-Mail: levermann@volkswagenstiftung.de


    Weitere Informationen:

    http://www.volkswagenstiftung.de/presse-news/presse04/15042004.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kunst / Design, Musik / Theater, Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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