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17.12.2021 08:28

Sozialer Stress in der Schule wirkt sich negativ auf die Hirnentwicklung bei Schüler*innen aus

Jan Meßerschmidt Hochschulkommunikation
Universität Greifswald

    Soziale Ausgrenzung in der Klasse hat schädliche und langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung eines Kindes. Sie beeinflusst die strukturelle Entwicklung der grauen Substanz der linken Inselrinde (Teil der Großhirnrinde) von Schüler*innen. Dies ist eine der wesentlichen Erkenntnisse einer Studie zur Frage, inwieweit das Gefühl der sozialen Zugehörigkeit und Ausgrenzung in der Schule bei Jugendlichen mit ihrer strukturellen Gehirnentwicklung zusammenhängt. Die Studie wurde in der internationalen Fachzeitschrift „Child Development“ veröffentlicht (http://dx.doi.org/10.1111/cdev.13613).

    Bislang haben nur wenige Längsschnittstudien den Zusammenhang zwischen sozialen Stressfaktoren (zum Beispiel Viktimisierung durch Gleichaltrige) und der strukturellen Gehirnentwicklung bei Jugendlichen untersucht. Dabei ist es möglich, mit Hilfe von strukturellen Magnetresonanztomographie-Daten (MRT) und -Analysen wichtige Erkenntnisse darüber zu gewinn, wie sich soziale Faktoren auf die Gehirnentwicklung auswirken. Mehrere funktionelle Hirnentwicklungsstudien haben bereits gezeigt, dass schulische Zugehörigkeit und soziale Ausgrenzung mit der Hirnaktivität in Bereichen des sogenannten Social Brains zusammenhängen, das mit der Navigation in komplexen sozialen Umgebungen verbunden ist und die Interaktion und Kooperation mit anderen erleichtert. Erziehungswissenschaftler*innen und Neurowissenschaftler*innen der Universität Greifswald haben jetzt gemeinsam mit Kolleg*innen der Charité Berlin https://www.charite.de/ Gehirn- und Fragebogendaten von 71 Sekundarschüler*innen untersucht.

    Dabei wurden spezifische Hirnregionen des Social Brains identifiziert. Diese sind für soziale Akzeptanz und Ausgrenzung relevant. Die Ergebnisse wurden mit Daten aus begleitenden Befragungen kombiniert. Im Einzelnen wurde der Einfluss von Schulzugehörigkeit, sozialer Ausgrenzung in der Schule unter Berücksichtigung des Pubertätsstatus im Hinblick auf Veränderungen in verschiedenen Hirnregionen analysiert. Es zeigte sich ein Zusammenhang zwischen sozialer Ausgrenzung (und nicht Zugehörigkeit) und dem Volumen der grauen Substanz in der linken Inselrinde.

    Von Mitte der 9. bis Mitte der 10. Klasse war die Abnahme der grauen Substanz umso geringer, je mehr soziale Ausgrenzung die Schüler*innen wahrnahmen. Die normale Hirnentwicklung bei Jugendlichen ist durch eine Abnahme der grauen Substanz und Ausdünnung charakterisiert, was zu einer effizienteren Funktion beiträgt. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass ungünstige soziale Faktoren die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen können, und unterstreichen die Bedeutung eines integrativen Schulklimas, das durch qualitativ hochwertige Beziehungen und ein geringes Maß an sozialer Ausgrenzung gekennzeichnet ist.

    Zusammenfassend zeigt die vorliegende Studie, dass soziale Ausgrenzung in der Schule die strukturelle Entwicklung der grauen Substanz der linken Inselrinde von Schüler*innen beeinflusst. Lehrer*innen und Erzieher*innen sollten sich bewusst sein, dass soziale Ausgrenzung in der Klasse schädliche und langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung eines Kindes hat. Sie kann die Reifung des sozialen Gehirns so beeinträchtigen, dass sie die Interaktion und Kooperation eines Schülers mit anderen behindert. Diese Studie trägt somit zum Verständnis der Reifung des Gehirns in Bezug auf die sozialen Funktionen bei. Sie gibt Aufschluss darüber, wie die Entwicklung des sozialen Gehirns unterstützt werden und wie folglich die soziale Kompetenz in der Schule gefördert werden kann.

    Die Studie wurde mit 800.000 Euro von der VolkswagenStiftung im Rahmen des Forschungsprojektes SELF (Sozio-Emotionale LernFaktoren) http://www.self-projekt.de/ unter Leitung von Diana Raufelder finanziert.

    Weitere Informationen:
    Die Studie wurde in der international hochrangigen Zeitschrift Child Development veröffentlicht: http://dx.doi.org/10.1111/cdev.13613
    Um Näheres über die Studie zu erfahren, können Interessierte direkt Prof. Dr. Dr. Diana Raufelder anschreiben.

    Ansprechpartnerin an der Universität Greifswald
    Prof. Dr. Dr. Diana Raufelder
    Institut für Erziehungswissenschaft
    LS Schulpädagogik
    Ernst-Lohmeyer-Platz 3, 17489 Greifswald
    Telefon +49 3834 420 3710
    diana.raufelder@uni-greifswald.de
    http://www.researchgate.net/profile/Diana-Raufelder-2


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Medizin, Pädagogik / Bildung
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Kooperationen
    Deutsch


     

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