Das Bakterium Vibrio cholerae ist der Erreger der Durchfallerkrankung Cholera und verantwortlich für sieben bekannte Pandemien. Anders als vorherige Pandemien wird die jetzige, siebte Pandemie durch Cholerastämme eines leicht veränderten Typs hervorgerufen. Wie kam es zur Entwicklung und Ausbreitung der veränderten Cholerastämme, was könnte zu deren Erfolg beigetragen haben? Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie Plön und der CAU Kiel haben in einem internationalen Team mit Kollegen des City College New York und der University of Texas Rio Grande Valley nun neue Erkenntnisse gewonnen, die einen Einblick in die Interaktionen zwischen Cholerabakterien gewähren.
In ihrer natürlichen Umgebung sind Bakterien dem Wettkampf mit anderen Bakterien um Platz und Nährstoffe ausgesetzt. Dabei helfen ihnen molekulare Mechanismen sich zu behaupten. Ein solcher Mechanismus ist das so genannte „Typ 6 Sekretionssystem“ (T6SS), mit dem ein Bakterium toxische Proteine in ein benachbartes Bakterium transportiert und dieses dadurch umbringt. So gelingt es Cholerabakterien der siebten Pandemie mit ihrem T6SS andere Bakterien in Schach zu halten und vermutlich leichter eine Infektion auszulösen. Nun hatten Forscher die besondere Möglichkeit das T6SS von Cholerabakterien aus früheren Pandemien zu untersuchen. Dazu wurde unter anderem in einem aufwendigen Verfahren die T6SS Genomsequenz von Cholerabakterien der 2. Pandemie von einem Museumsstück aus dem 19. Jahrhunderts rekonstruiert und im Labor nachgebaut. Dabei konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Cholerabakterien der 2. und 6. Pandemie kein funktionsfähiges T6SS besitzen. Dadurch fehlt den Bakterien früherer Pandemien nicht nur die Möglichkeit andere Bakterien zu attackieren, sie werden auch selbst von Bakterienstämmen der siebten Pandemie umgebracht. Dies könnte einer der Gründe dafür gewesen sein, dass ältere Cholerastämme von veränderten Cholerastämmen der siebten Pandemie verdrängt wurden und heute kaum noch zu finden sind.
Daten aus neuem Labor am Max-Planck-Institut
Daniel Unterweger, einer der Autoren der Studie und Gruppenleiter am Max-Planck-Institut in Plön sagt dazu: „Mit diesen Erkenntnissen unterstützen wir die Theorie, dass der mikrobielle Wettbewerb zwischen Bakterien für das Verständnis von Krankheitserregern und bakteriellen Pandemien sehr wichtig ist.
Ermöglicht wurde unsere Forschung an dem Cholerabakterium durch ein am Institut neu eingerichtetes S2-Labor. Darin können wir unter den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen Experimente mit bakteriellen Krankheitserregern durchführen. Die Studie enthält mit die ersten Daten aus dem neuen Labor.“
Dr. Daniel Unterweger, Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie, unterweger@evolbio.mpg.de
Benjamin Kostiuk, Francis J. Santoriello, Laura Diaz-Satizabal, Fabiana Bisaro, Kyung-Jo Lee, Anna N. Dhody, Daniele Provenzano, Daniel Unterweger & Stefan Pukatzki:
Type VI secretion system mutations reduced competitive fitness of classical Vibrio cholerae biotype, Nature Communications volume 12, Article number: 6457 (2021)
https://doi.org/10.1038/s41467-021-26847-y
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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