Stellungnahme der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) zum Beschluss des ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 28.12.2021 –
1 BvR 1541/20 – Benachteiligungsrisiken von Menschen mit Behinderung in der Triage
Die Hauptautoren der Leitlinie „Entscheidungen über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen im Kontext der COVID-19-Pandemie“, zum ersten Mal veröffentlicht am 25.03.2020, kommentieren das heute vom Bundesverfassungsgericht gesprochene Urteil wie folgt:
1. Das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass die DIVI Empfehlungen „Entscheidungen über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen im Kontext der COVID-19-Pandemie“ verfassungskonform sind – und zwar dieses insbesondere auch hinsichtlich des Kriteriums der klinischen Erfolgsaussicht.
2. Risiken für Menschen mit Behinderung oder Vorerkrankungen könnten sich aber daraus ergeben, dass die Empfehlungen in der Praxis nicht angemessen befolgt werden.
3. Um die sachgemäße Anwendung der Empfehlungen zu unterstützen, hat die DIVI in Kooperation mit anderen Fachgesellschaften auch in großen Onlineformaten Fortbildungen in Form von Webinaren zur praktischen Umsetzung organisiert. Auch zukünftig werden sich die Fachgesellschaften intensiv in der Aus-, Fort- und Weiterbildung bezüglich dieses Themas engagieren. Insofern begrüßt die DIVI, dass das Bundesverfassungsgericht spezifische Vorgaben für die Aus- und Weiterbildung in der Medizin und Pflege und insbesondere des intensivmedizinischen Personals anregt, um auf eine Vermeidung von Benachteiligungen wegen Behinderung und/oder chronischen Erkrankungen in einer Triage-Situation hinzuwirken.
4. Die DIVI wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sorgfältig dahingehend überprüfen, inwieweit weitere Präzisierungen ihrer Empfehlungen notwendig sind. Die aktuelle Fassung der S1-Leitlinie kann online auf den Seiten der DIVI wie der AWMF abgerufen werden.
5. Grundsätzlich begrüßt die DIVI, dass das Bundes-verfassungsgericht den Gesetzgeber mit seiner heutigen Entscheidung auffordert, zum Umgang mit einer möglichen pandemiebedingten Triage-Situation Stellung zu beziehen – auch mit Blick auf die von der DIVI immer wieder geforderte Rechtssicherheit für die handelnden Akteure in dilemmatischen Entscheidungssituationen.
Professor Dr. Uwe Janssens,
Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin, Eschweiler
Professor Dr. Georg Marckmann,
Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, LMU München
Professor Dr. Jan Schildmann,
Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Halle (Saale)
Professor Dr. Jochen Taupitz,
Institut für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim
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Ansprechpartner für Journalisten:
Nina Meckel
Pressesprecherin der DIVI
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Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DIVI)
Die 1977 gegründete Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) ist ein weltweit einzigartiger Zusammenschluss von mehr als 3.500 persönlichen Mitgliedern und 19 Fachgesellschaften aus Anästhesiologie, Chirurgie, Innerer Medizin, Kinder- und Jugendmedizin sowie Neurologie und Neurochirurgie. Ihre fächer- und berufsübergreifende Zusammenarbeit und ihr Wissensaustausch machen im Alltag den Erfolg der Intensiv- und Notfallmedizin aus.
Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24.12.1953 und ist damit ein nicht-wirtschaftlicher Verein gemäß § 21 ff BGB.
Mehr über die DIVI im Internet: www.divi.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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