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11.01.2022 07:56

Rhythmusstörungen bei Herzschwäche könnten in Zukunft gezielt behandelt werden

Katja Rußwurm Unternehmenskommunikation
Universitätsklinikum Regensburg (UKR)

    Eine Forschergruppe am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) hat einen Mechanismus entdeckt, der für Herzrhythmusstörungen bei Herzschwäche verantwortlich ist. Im nächsten Schritt soll dieser direkt blockiert werden können, um die Überlebenschancen der Betroffenen deutlich zu verbessern.

    Sechs Jahre hat es gedauert. Nun ist das Ergebnis da, und es lässt nicht nur die medizinische Landschaft, sondern auch die vielen betroffenen Patienten aufhorchen. Einer Forschergruppe rund um Professor Dr. Samuel Sossalla aus der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR ist es gelungen, einen Schlüsselmechanismus für Herzrhythmusstörungen bei Herzschwäche zu identifizieren. Wird dieser ausgeschaltet, so enden auch die lebensgefährlichen Rhythmusstörungen. „Diese Erkenntnis ist von großer Bedeutung, da wir damit endlich etwas in der Hand haben, um gezielt gegen die Ursache der gefährlichen Herzrhythmusstörungen bei Herzinsuffizienz vorzugehen. Sollten sich die Ergebnisse aus dem Labor auch in Studien am Menschen übersetzen, können das Leben und auch die Überlebenschancen vieler Patienten mit Herzinsuffizienz entscheidend verbessert werden“, so der Mediziner.

    Später Natriumstrom führt zu Herzrhythmusstörungen

    Nach Zahlen der Deutschen Herzstiftung leiden rund vier Millionen Menschen in Deutschland an Herzschwäche. Rund die Hälfte dieser Patienten stirbt an Herzrhythmusstörungen. Professor Sossalla begab sich mit seinem Team, anfangs noch in der Universitätsmedizin Göttingen, auf Ursachensuche dieser Arrhythmien. Als die wissenschaftliche Arbeit begann, war bekannt, dass es einen Natriumfluss gibt, der beim insuffizienten Herzen an Herzrhythmusstörungen beteiligt ist: „Wurde der reguläre kardiale Natriumkanal gehemmt, so blieb immer noch ein relevanter Anteil des späten Natriumstroms messbar. Nun galt es zu identifizieren, woher dieser verbleibende und potentiell gefährliche späte Strom kommt.“

    Ein wissenschaftlicher Schwerpunkt innerhalb der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR ist die Kalzium-Kalmodulin-abhängige Proteinkinase II (CaMKII). Dieses Enzym ist innerhalb der Herzmuskelzellen an der Regulation des Energiestoffwechsels, der Ionensteuerung und der Entstehung von Herzschwäche und Rhythmusstörungen beteiligt. Die Forschergruppe rund um Professor Sossalla isolierte Herzmuskelzellen von Patienten mit Herzinsuffizienz. Bei der Untersuchung dieser Zellen konnten die Wissenschaftler ein direktes Zusammenspiel zwischen der CaMKII und dem Natriumkanal NaV1.8 identifizieren.

    Dieser Natriumkanal ist eigentlich ein Kanal des Nervensystems. „Jeder Mensch verfügt über diesen Kanal. Wir haben jedoch entdeckt, dass dieser plötzlich vermehrt im menschlichen Herz vorkommt, sobald das Herz erkrankt. Der Natriumstrom dieses Kanals fließt dann gesteigert und gefährlich. NaV1.8 verursacht somit den von uns gesuchten Anteil des späten Stroms“, erläutert Professor Sossalla.

    Diese Erkenntnis wurde in einer Vielzahl aufwändiger Versuchsreihen nachgewiesen. So wurden Stammzellen entnommen, die zunächst zu Herzmuskelzellen transformiert wurden. In diesen Zellen wurde mit der sogenannten Genschere CRISPR-Cas9 der Natriumkanal NaV1.8 genetisch herausgeschnitten. „Bei den so veränderten Zellen konnte der späte Natriumstrom tatsächlich gestoppt werden. Das lieferte uns den ultimativen Nachweis“, erklärt Professor Sossalla. In zellulären und in-vivo-Versuchen mit den modifizierten Zellen bestätigte sich die Annahme, dass sich mit Hemmung des späten Natriumstroms auch die Herzrhythmusstörungen reduzieren.

    Translationale Forschung liefert neuen medikamentösen Ansatz

    Bahnbrechend an dieser Erkenntnis ist, dass ein spezifischer neuer Ansatzpunkt bei Herzrhythmusstörungen in der Herzinsuffizienz gefunden wurde, welcher das Leben der Betroffenen verlängern könnte. „Bei Herzschwäche unterscheidet man zwischen Pumpversagen und Rhythmusstörungen. Rhythmusstörungen ist medikamentös nur sehr schwer zu begegnen“, führt Professor Dr. Lars Maier, Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR, aus. „Denn die gängigen Rhythmusmedikamente auf dem Markt sind mit starken Nebenwirkungen verbunden“, so Professor Maier. Professor Sossalla blickt in die Zukunft: „Unsere Forschung liefert nun einen neuen medikamentösen Wirkansatz. Im nächsten Schritt sind die von uns getesteten Wirkstoffe weiterzuentwickeln, um gezielt den NaV1.8 im Menschen zu hemmen.“ Diese Entwicklung könnte sogar in nicht allzu ferner Zukunft liegen, da aktuell bereits ein NaV1.8 -Hemmer in einem fachfremden Forschungsbereich im Menschen als neuartiges Medikament getestet wird.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Professor Dr. Samuel Sossalla
    Leitender Oberarzt
    Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II
    Tel.: 0941 944-7210
    Samuel.sossalla@ukr.de
    www.ukr.de/innere2


    Originalpublikation:

    Bengel, P., Dybkova, N., Tirilomis, P. et al. Detrimental proarrhythmogenic interaction of Ca2+/calmodulin-dependent protein kinase II and NaV1.8 in heart failure. Nat Commun 12, 6586 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-26690-1


    Weitere Informationen:

    http://www.ukr.de


    Bilder

    Rhythmusstörungen bei Herzschwäche könnten in Zukunft gezielt blockiert werden.
    Rhythmusstörungen bei Herzschwäche könnten in Zukunft gezielt blockiert werden.
    Johannes Beutler
    © UKR/Johannes Beutler

    Prof. Dr. Samuel Sossalla hat mit seiner Forschergruppe einen neuen Wirkansatz bei Herzrhythmusstörungen entdeckt.
    Prof. Dr. Samuel Sossalla hat mit seiner Forschergruppe einen neuen Wirkansatz bei Herzrhythmusstöru ...
    Johannes Beutler
    © UKR/Johannes Beutler


    Anhang
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Rhythmusstörungen bei Herzschwäche könnten in Zukunft gezielt blockiert werden.


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