idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
01.02.2022 12:00

Schwer klein zu kriegen

Dr. Jan Grabowski Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
TWINCORE - Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung

    Hepatitis E-Virus trotzt alkoholischen Händedesinfektionsmitteln

    Gemeinsame Pressemitteilung von TWINCORE, Medizinischer Hochschule Hannover und Ruhr-Universität Bochum

    Das Hepatitis E-Virus (HEV) kann eine schwerwiegende Leberentzündung hervorrufen und ist weltweit die häufigste Ursache einer akuten virusvermittelten Hepatitis. Durch geeignete Hygienemaßnahmen lässt sich die Infektion verhindern. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung, der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sowie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben gemeinsam mit Partnern...

    ... aus der Industrie und unterstützt vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) die Wirksamkeit verschiedener gängiger Händedesinfektionsmittel gegen HEV untersucht. Sie konnten zeigen, dass die meisten Formulierungen das Virus nicht vollständig inaktivieren. Diese Ergebnisse veröffentlichen sie am 24. Januar 2022 im Journal of Hepatology.

    Ansteckung an Schweinefleisch

    In Deutschland und Europa hat HEV sein natürliches Reservoir in Schweinen. Von den Tieren kann die Infektion auf den Menschen übergehen, man spricht hier von einer Zoonose. Häufig geschieht dies durch nicht vollständig durcherhitzte oder rohe Fleischerzeugnisse wie beispielsweise Mett. In tropischen Regionen der Welt kommt es über verunreinigtes Wasser zu Infektionen mit teils größeren Ausbrüchen. „Manche dieser Ansteckungen ließen sich durch die richtigen Hygienemaßnahmen möglicherweise verhindern“, sagt Dr. Patrick Behrendt, Arzt in der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der MHH und Leiter der Nachwuchsforschergruppe „Translationale Virologie“ am TWINCORE. Dazu zählt vor allem im klinischen Alltag im Umgang mit Hepatitis-E-Patienten sowie mit infizierten Tieren die korrekte hygienische Händedesinfektion.

    Gemeinsam mit dem Team von Prof. Dr. Eike Steinmann, Leiter der Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie an der RUB, hat Behrendt untersucht, ob gängige Händedesinfektionsmittel das Virus unschädlich machen können. „Wir haben die Wirkung der Alkohole Ethanol und Propanol, sowohl einzeln als auch in den von der WHO empfohlenen Mischverhältnissen und außerdem kommerzielle Händedesinfektionsmittel getestet“, sagt Steinmann. „Wirksam war allerdings nur ein Produkt, das noch eine weitere Komponente enthielt.“

    Normalerweise kommt HEV unbehüllt vor und ist wie alle unbehüllten Viren sehr widerstandsfähig gegen chemische Einflüsse. Im Blut von Patienten zirkulieren allerdings auch solche Viruspartikel, die von einer Lipidhülle umgeben sind. „Nicht alle Desinfektionsmittel sind gleichzeitig gegen behüllte und unbehüllte Viren wirksam“, sagt Steinmann. „Wir haben für unsere Prüfungen beide Formen von HEV verwendet.“

    Alkohol allein wirkt nicht

    Obwohl einige der geprüften Desinfektionsmittel für die Inaktivierung von behüllten und unbehüllten Viren zertifiziert waren, waren sie gegen HEV nicht ausreichend wirksam. „Die alkoholischen Komponenten lösen zwar die Lipidhülle auf, aber die entstehenden nackten Viren sind immer noch infektiös“, sagt Behrendt. HEV ist also sprichwörtlich schwer klein zu kriegen. Den entscheidenden Vorteil hatte ein Produkt, das neben Alkohol auch Phosphorsäure enthält. Damit wurden alle Viruspartikel ausreichend neutralisiert.

    „Wir konnten zeigen, dass HEV den meisten gängigen Händedesinfektionsmitteln widerstehen kann“, sagt Behrendt. „Wir hoffen, dass diese Erkenntnisse zukünftig in Betracht gezogen werden, wenn Hygienemaßnahmen im Umgang mit kontaminierten Fleischprodukten und HEV-Ausbrüchen empfohlen werden.“

    ---
    Am TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung, einem gemeinsam vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gegründeten Forschungszentrum, arbeiten Mediziner und Naturwissenschaftler Seite an Seite. Der Schwerpunkt des Zentrums liegt auf der Translation, der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und klinischer Entwicklung. Neueste Ergebnisse aus der Wissenschaft sollen so auf kurzen Wegen zum Patienten gelangen. Gleichzeitig suchen Grundlagenforscher nach Antworten auf Fragen, die in der Klinikarbeit entstehen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Patrick Behrendt
    Nachwuchsforschergruppe „Translationale Virologie“
    TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung
    Tel.: +49 511 22002 7133
    E-Mail: patrick.behrendt@twincore.de

    Prof. Dr. Eike Steinmann
    Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie
    Medizinische Fakultät
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: +49 234 32 28189
    E-Mail: eike.steinmann@rub.de


    Originalpublikation:

    Patrick Behrendt, Martina Friesland, Jan-Erik Wißmann, Volker Kinast, Yannick Stahl, Dimas Praditya, Lucas Hueffner, Pia Maria Nörenberg, Birgit Bremer, Benjamin Maasoumy, Jochen Steinmann, Britta Becker, Dajana Paulmann, Florian H.H. Brill, Joerg Steinmann, Rainer G. Ulrich, Yannick Brüggemann, Heiner Wedemeyer, Daniel Todt, Eike Steinmann
    Hepatitis E virus is highly resistant to alcohol-based disinfectants
    Journal of Hepatology, 2022, DOI: https://doi.org/10.1016/j.jhep.2022.01.006


    Weitere Informationen:

    https://www.twincore.de/infothek/infothek-news-details/news/schwer-klein-zu-krie... Diese Pressemitteilung auf twincore.de


    Bilder

    Die meisten üblichen Händedesinfektionsmittel können Hepatits-E-Viren wenig anhaben
    Die meisten üblichen Händedesinfektionsmittel können Hepatits-E-Viren wenig anhaben
    Marquard
    © RUB, Marquard


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Die meisten üblichen Händedesinfektionsmittel können Hepatits-E-Viren wenig anhaben


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).