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03.02.2022 13:48

bidt-Studie über den Einfluss des chinesischen Sozialkreditsystems auf bayerische Unternehmen

Margret Hornsteiner Dialog
Bayerisches Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt)

    Eine neue Studie des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ist erschienen. Die Analyse von 170 bayerischen Unternehmen in China zeigt: Größere Unternehmen sind tendenziell besser vorbereitet und verfügen über tiefer gehende Kenntnisse des chinesischen Sozialkreditsystems als kleinere Unternehmen. Es fehle aber an einem Netzwerk für den Erfahrungsaustausch und an umfassenden Informationsangeboten.

    Alle in China registrierten Unternehmen werden im Sozialkreditsystem (SKS) erfasst. Das System ist ein Regulierungsvorstoß der chinesischen Regierung und befindet sich aktuell im Aufbau. Der wichtigste Kategorisierungsmechanismus des Systems besteht aus Einträgen in Register und Listen. Damit wird das Verhalten von Unternehmen und Einzelpersonen belohnt (durch Redlisting) oder bestraft (durch Blacklisting und sogenannte Verwaltungsstrafen). Die aktuelle Studie ist Teil des vom bidt geförderten Konsortialprojekts „Vom ‚Vorreiter‘ lernen? Eine multidisziplinäre Analyse des chinesischen Sozialkreditsystems und seiner Auswirkungen auf Deutschland“. Im Rahmen der Publikation wurden 170 bayerische Unternehmen hinsichtlich ihrer Kategorisierung im SKS analysiert. Ein Ergebnis: Die meisten Unternehmen sind auf roten und damit positiven Listen erfasst. Neun Prozent haben allerdings einen negativen Systemeintrag in Form einer Verwaltungsstrafe, die unter Umständen zu einem Blacklisting führen und mit erheblichen Sanktionen verbunden sein kann. „Die Löschung von negativen Einträgen im SKS ist nicht einfach, auch wenn die Unternehmen Vorgaben rasch umsetzen, sobald sie eine Verwaltungsstrafe erhalten haben. Im Prinzip sollte ein negativer Eintrag aus dem System entfernt werden, sobald ein bestimmter Verstoß beseitigt wurde. Aber dem ist vielfach nicht so, oder der Prozess ist nicht transparent gestaltet und für die Unternehmen nicht nachvollziehbar“, erläutert Mitautorin Dr. Sandra Selmanovic, Professorin für International Business an der Fakultät für Betriebswirtschaft der Hochschule München.

    Mangelnde Transparenz und die sich daraus ableitenden eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten sind auch zentrale Kritikpunkte, die dem Autorenteam von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Unternehmen im Rahmen von teilstrukturierten Tiefeninterviews genannt wurden. Es gebe jedoch starke Unterschiede je nach Unternehmensgröße: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass größere Unternehmen tendenziell besser vorbereitet sind und über tiefer gehende Kenntnisse des Systems verfügen als kleinere Unternehmen. Allerdings erhielten Firmen aus beiden Unternehmensklassen negative SKS-Einträge“, so Mitautor Dr. Omar Ramon Serrano Oswald, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektleiter am Lehrstuhl für European and Global Governance der Technischen Universität München. Das SKS stellt eine Herausforderung dar, denn Unternehmen werden von den chinesischen Behörden über aktuelle Entwicklungen – sowie über etwaige Konsequenzen – nicht informiert und müssen sämtliche Informationen dazu selbst einholen. Der Informationsbedarf auf Unternehmensseite sei laut Selmanovic und Serrano Oswald folglich hoch. Hier fehle es zurzeit an einem externen Monitoring, das über aktuelle Entwicklungen und Veränderungen informiert, an einem Netzwerk aus bayerischen Unternehmen und Verbänden sowie an Informationsangeboten. Die in der Studie gewonnenen Erkenntnisse fließen in Empfehlungen ein, die sich auf potenzielle Unterstützungsmaßnahmen für bayerische Unternehmen mit chinesischen Tochtergesellschaften konzentrieren.

    Veranstaltungshinweis: Die Ergebnisse der bidt-Studie werden am heutigen Donnerstag, dem 3. Februar 2022, von 18 bis 19:30 Uhr im Rahmen der Veranstaltung „Chinesisches Sozialkreditsystem – Unterstützung, Überwachung oder Steuerung?“ in Kooperation mit der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. vorgestellt.

    Über das bidt:
    Das Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) ist ein Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Es trägt dazu bei, die Entwicklungen und Herausforderungen des digitalen Wandels besser zu verstehen. Damit liefert es die Grundlagen, um die digitale Zukunft im Dialog mit der Gesellschaft verantwortungsvoll und gemeinwohlorientiert zu gestalten. Das bidt fördert herausragende interdisziplinäre Forschung und liefert als Think Tank Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft evidenzbasierte Empfehlungen. Forschung findet am Institut im offenen Dialog zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft statt.

    Pressekontakt:
    Margret Hornsteiner
    Abteilungsleiterin Dialog
    Tel.: +49 89 540 235 630
    E-Mail: presse@bidt.digital


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Omar Ramon Serrano Oswald
    Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektleiter
    Hochschule für Politik München, Technische Universität München
    Tel.: +49 89 907 793 021
    E-Mail: omar.serrano@hfp.tum.de


    Originalpublikation:

    Serrano Oswald, O.R./Selmanovic, S./Lee, B./Arndt, L. (2022): Technoregulierung in China:
    bayerische Unternehmen im Sozialkreditsystem http://doi.org/10.35067/xypq-kn67


    Weitere Informationen:

    http://www.bidt.digital/event/chinesisches-sozialkreditsystem-unterstuetzung-ueb... Veranstaltung "Chinesisches Sozialkreditsystem – Unterstützung, Überwachung oder Steuerung?" am 03.02.2022


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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