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20.04.2004 10:36

Der Philosoph im Kino, das Kino im Philosophen

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Internationale Konferenz zur "Phänomenologie des Films" vom 22.-24. April an der Universität Jena

    Jena (20.04.04) Vor einigen Jahren kam mit "Final Fantasy" zum ersten Mal ein Film in die Kinos, der ausschließlich am Computer errechnet wurde. Trotzdem zeigte er fast vollkommen realistisch aussehende Menschen. Dieser Sprung vom photographischen Abbild des traditionellen Films zur digitalen Erscheinungswelt stellt für die Filmwissenschaft eine große Herausforderung dar. Ihr begegnen wollen vom 22. bis 24 April Philosophen und Medienwissenschaftler aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Kanada und den USA bei der internationalen Fachkonferenz "Phänomenologie des Films" an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

    Phänomenologie ist im weitesten Sinne die Lehre von den Erscheinungen. Sie wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch den Philosophen Edmund Husserl methodisch ausgearbeitet. Ziel des Phänomenologen ist es, die Erscheinungen für das eigene Bewusstsein zu beschreiben und aus dieser Beschreibung Wesensgesetze des menschlichen Bewusstseins zu erkennen. Ein wichtiger Schritt dorthin ist es, den natürlichen aber naiven Glauben an die Existenz der Dinge einzuklammern. Was an einem digitalen Film wie "Final Fantasy" besonders deutlich wird, gilt generell für alle Filme: Gezeigt wird eine Geschichte, keine Realität. Ob bei "Harry Potter" oder im sehr realistisch wirkenden Film "Lost in Translation", die dort erscheinende Welt und das Geschehen gehorchen eigenen Regeln und Gesetzen, die man während des Sehens akzeptiert. Niemand würde die Polizei verständigen, wenn er einen Mord im Kino beobachtet.

    Ein Grundgedanke der Filmphänomenologie ist daher, dass sowohl die philosophische Einstellung der Phänomenologie als auch die Erscheinung von Filmen auf einer solchen Einklammerung von Existenzsetzungen aufbaut. Pointiert formuliert: Jeder Film ist praktizierte Phänomenologie und jeder Phänomenologe verhält sich zu seinem Bewusstseinsinhalt so wie gegenüber einem Kinofilm. Nach einer vorübergehenden Hochphase phänomenologischer Filmtheorie unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde dieser Ansatz von anderen Methoden weitgehend verdrängt.

    Mit ihrer öffentlichen Tagung möchten die Jenaer Medienwissenschaftler nun durch den internationalen Austausch die Position der Filmphänomenologie stärken, indem sowohl ihre Geschichte rekonstruiert wird als auch ihre Aktualität in der Filmwissenschaft hinterfragt wird. Es wird weltweit die erste wissenschaftliche Tagung sein, welche sich ausschließlich dem Thema der Filmphänomenologie widmet.

    Den Anstoß für das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Deutschen Gesellschaft für Ästhetik geförderte Projekt gaben die bild- und filmtheoretischen Forschungen der Organisatoren Prof. Dr. Lambert Wiesing und Diplom-Kulturwissenschaftler Michael Albert Islinger von der Universität Jena. Der Professor für Vergleichende Bildtheorie und sein Mitarbeiter empfinden es als besondere Auszeichnung, dass die amerikanische Philosophin Vivian Sobchack teilnimmt, die sich seit 1990 besonders für die Filmphänomenologie eingesetzt hat.

    Schwerpunkte und Perspektiven

    Die Themen der einzelnen Vorträge sind sehr unterschiedlich. Eine Fragestellung wird sein, wie in Filmen phänomenologische Motive angesprochen und reflektiert werden. An diversen Beispielen aus Spiel- und Dokumentarfilmen sowie Fernsehserien und Computerspielen zeigen die Referenten mögliche Forschungsperspektiven. Dazu zählen u. a. die Untersuchung und Systematisierung von Blickpunkten und Wahrnehmungssituationen, die Beschreibung der besonderen Zeitwahrnehmung im Kino oder auch die Illusion des räumlichen Sehens im Film.

    Das Ziel dieser Veranstaltung ist es, sowohl eine Bestandsaufnahme phänomenologischer Filmtheorie zu leisten als auch die besondere Weise, phänomenologisch die Kinosituation und den Film zu beschreiben, in der Filmtheorie zu stärken.

    Ort und Zeit:
    22.-24. April 2004
    im Vortragsraum der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena
    Bibliotheksplatz 1, 07743 Jena

    Kontakt:
    Michael Albert Islinger
    Bereich Medienwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 944918
    E-Mail: albert.islinger@uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.filmforen.de/index.php?act=ST&f=150&t=3253
    http://www.cs.uni-magdeburg.de/~opel/bildwissenschaft/index.php?menuItem=3


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medien- und Kommunikationswissenschaften, Philosophie / Ethik, Religion
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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