idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
11.02.2022 09:00

Kriege vernichten 12% des weltweiten Wohlstands - aber einige Länder profitieren vom Krieg

isdcsarah Berlin Office
ISDC - International Security and Development Center gGmbH

    Während die Welt beobachtet, ob Russland erneut in die Ukraine einmarschieren wird, ist eines klar: Frieden kann das Wirtschaftswachstum wirklich ankurbeln, während Krieg das BIP verringert, wie eine neue, im renommierten Journal for Peace Research veröffentlichte Studie zeigt. Die Autorengruppe des ISDC und mehrerer anderer Institutionen kommt zu dem Ergebnis, dass die Welt im Jahr 2014 um 12 % reicher gewesen wäre, wenn es seit 1970 keine gewaltsamen Konflikte mehr gegeben hätte. Die Studie zeigt, dass die Kosten von Konflikten weltweit sehr unterschiedlich verteilt sind.

    Während die Welt darauf wartet, dass Russland erneut in die Ukraine einmarschiert, ist eines klar: Frieden kann das Wirtschaftswachstum ankurbeln, während Krieg das Bruttoinlandsprodukt verringert, wie eine neue, im renommierten Journal for Peace Research veröffentlichte wissenschaftliche Studie zeigt.

    Die Autorengruppe des ISDC und mehrerer anderer Institutionen kommt zu dem Ergebnis, dass die Welt 2014 um etwa 12% wohlhabender gewesen wäre, wenn es seit 1970 keine gewaltsamen Konflikte mehr gegeben hätte.

    Im Vergleich zu anderen ‘globalen öffentlichen Übeln’ ist die in der Studie geschätzte globale Belastung durch Gewaltkonflikte etwa vergleichbar mit den wirtschaftlichen Folgen von Klimawandel, Landdegradation, Alkoholkonsum oder Malaria.

    Die Studie zeigt enorme globale Unterschiede in der Verteilung der Kosten von Konflikten (siehe beigefügte Karte). Entwicklungsländer waren am stärksten von gewaltsamen Konflikten betroffen, während die meisten Länder mit hohem Einkommen von ihrer externen Beteiligung an Kriegen profitierten, was globale Ungleichheiten weiter vergrößert. Länder, die weit entfernt von ihrem Heimatland Kriege führen, profitieren von dem keynesianischen Multiplikator ihrer inländischen Militärausgaben, während sie weit entfernten Gebieten Zerstörung auferlegen.

    Aufgeschlüsselt nach Regionen hätte Asien am meisten davon profitiert, wenn es zwischen 1970 und 2014 keine gewaltsamen Konflikte gegeben hätte, während Nordamerika in diesem Zeitraum 0,9 Billionen USD Wirtschaftsleistung verloren hätte. In sieben Ländern (darunter Irak, Afghanistan, Sudan, Demokratische Republik Kongo und Myanmar) hätte sich das Gesamt-BIP ohne gewaltsame Konflikte mehr als verdoppelt.

    Die Autoren stellen fest, dass zivile Konflikte das Wachstum noch bis zu vier Jahre nach Beendigung des Konflikts erheblich beeinflussen. Zwar gibt es einige Anzeichen für eine "Friedensdividende" nach Konflikten, doch bleibt die akkumulierte BIP-Lücke für die meisten betroffenen Volkswirtschaften negativ, insbesondere für diejenigen, die einen Bürgerkrieg erfahren hatten.

    Gewaltsame Konflikte wirken sich negativ auf die Wirtschaftsleistung aus, da sie die Produktion unterbrechen, Militärausgaben Vorrang vor anderen, produktiveren öffentlichen Ausgaben wie Gesundheit und Bildung haben und durch Portfolio-Substitutionen die Verlagerung von Vermögenswerten aus gewalttätigen in friedlichere Länder begünstigen. Darüber hinaus leiden Nachbarstaatten von Ländern mit gewaltsame Konflikten unter erhöhter Unsicherheit und geringerem Handel.

    Die Ergebnisse legen nahe, dass die Politik zunächst darauf abzielen sollte, Kriege zu verhindern, um die Kosten von Konflikten von vornherein zu vermeiden. Wenn es dann doch zu einem Krieg kommt, kann die Beschleunigung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus nach einem Konflikt den Ländern helfen, den verlorenen Wohlstand wiederzuerlangen. In der Praxis sind viele vom Krieg betroffene Länder sich selbst überlassen und leben unter einem wachstumsmindernden Schatten vergangener Kriege.

    Anhand eines Panels von 190 Ländern und der Untersuchung von makroökonomischen Daten und Konfliktdaten von 1970 bis 2014 mit modernen statistischen Verfahren schätzen die Autoren die durchschnittlichen Kosten verschiedener Konfliktdimensionen für das jährliche BIP-Wachstum. Einzigartig ist, dass sie drei Arten von Konflikten berücksichtigen: Bürgerkrieg, zwischenstaatlicher Krieg und nicht-territorialer Krieg (z. B. den Kampf der USA in Afghanistan). Darüber hinaus wird die Intensität jedes Konflikttyps auf einer Skala von null bis zehn berücksichtigt, was detaillierte Erkenntnisse darüber liefert, welche Art von Konflikt die stärksten wirtschaftlichen Kosten für das Wachstum verursacht.

    Professor Tilman Brück, Direktor des ISDC und Hauptautor der Studie, kommentiert: "Unsere Studie ist die umfassendste und detaillierteste Untersuchung der wirtschaftlichen Kosten von Kriegen. Unsere Analyse zeigt, dass die wirtschaftlichen Vorteile des Friedens nur allzu oft als selbstverständlich angesehen werden. Wir müssen die Institutionen für den Frieden stärken, um Wohlstand und Nachhaltigkeit für alle zu erreichen. Die Verhinderung von Kriegen ist gute Wirtschaftspolitik. Und der Wiederaufbau von Nachkriegsökonomien ist ebenfalls eine gute Investition.

    Die Studie wurde erstellt von Olaf J. De Groot (Office of the UN Resident Coordinator for Jamaica, Bahamas, Bermuda, Turks and Caicos & Cayman Islands), Carlos Bozzoli (Fundación Bunge y Born), Anousheh Alamir (European Center for Advanced Research in Economics and Statistics, Université libre de Bruxelles) und Tilman Brück (ISDC - International Security and Development Center, Natural Resources Institute, Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau, IZA und Households in Conflict Network).


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Professor Tilman Brück, Director, ISDC - International Security and Development Center, Berlin
    (via Sarah Haffar, haffar@isdc.org, tel: +447447714918)


    Originalpublikation:

    de Groot, O. J., C. Bozzoli, A. Alamir and T. Brück (2021). “The Global Economic Burden of Violent Conflict”. Journal of Peace Research, published 11 February 2022. DOI: 10.1177/00223433211046823


    Weitere Informationen:

    https://isdc.org/economic-burden-of-conflict/


    Bilder

    Cost of conflict in % of national GDP
    Cost of conflict in % of national GDP
    de Groot, Bozzoli, Alamir, Brück
    de Groot, Bozzoli, Alamir, Brück


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Cost of conflict in % of national GDP


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).