Wie rhythmische Gehirnaktivitäten unsere Wahrnehmung beeinflussen
Auf das Wesentliche konzentrieren - diese Fähigkeit ist entscheidend, um in einer komplexen Umwelt mit unzähligen Sinneseindrücken zurecht zu kommen. Aber wie gelingt es unserem Gehirn, zwischen relevanten und irrelevanten Informationen zu unterscheiden? Dass unterschiedliche Frequenzen, mit denen Nervenzellen im Gehirn feuern, dabei eine Rolle spielen, ist seit längerem bekannt. Wissenschaftler vom Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung und von der Universität Melbourne, Australien, haben Studien zu diesem Thema genauer unter die Lupe genommen. Sie fanden heraus, dass Verbindungen zwischen niedrigeren und höheren Schwingungsfrequenzen für die Feinabstimmung im Gehirn sorgen und damit die Grundlage sind für höhere kognitive Funktionen, wie beispielsweise selektive Aufmerksamkeit (Trends in Neurosciences).
Kein Flackern, kein Rauschen: Wir sehen ein solides Bild unserer Umwelt. Aber dieser Eindruck trügt, unsere Wahrnehmung schwankt mehrmals pro Sekunde zwischen hochpräzisen und unpräzisen Zuständen. Ursache für diese Fluktuationen sind rhythmische elektrische Aktivitäten im Gehirn, die sich zwischen einem und 250 Hertz bewegen. Mit Hilfe dieser unterschiedlichen Frequenzen reguliert das Gehirn, wie Informationen zwischen verschiedenen Hirnregionen übertragen werden. Neurowissenschaftler vom Deutschen Primatenzentrum in Göttingen und der Universität Melbourne, Australien, haben Studien zu diesem Thema kritisch überprüft und daraus abgeleitet, wie das Zusammenspiel der unterschiedlichen Frequenzen grundlegende Wahrnehmungsprozesse im Gehirn steuert.
Frequenzübergreifende Kopplung ermöglicht selektive Aufmerksamkeit
Ein grundlegendes, in allen Hirnregionen beobachtetes Phänomen ist, dass langsame Rhythmen von ungefähr vier bis acht Hertz die Stärke von schnelleren Rhythmen von ungefähr 40 bis 80 Hertz modulieren. Dies nennt man frequenzübergreifende Kopplung. Welche Frequenzpaare gekoppelt sind hängt vom jeweiligen Hirnareal und seiner Funktion ab. In einigen Fällen führt Aufmerksamkeit dazu, dass die Nervenzellen de-synchronisiert werden und so unterschiedliche Informationen weiterleiten können. Dies ist mit einem Orchester vergleichbar, bei dem ein Streichinstrument eine andere Melodie spielt als das restliche Ensemble. In anderen Fällen kann Aufmerksamkeit dazu führen, dass eine große Anzahl von Nervenzellen gleichzeitig aktiviert wird und so bestimmte Informationen betont werden. „Wir gehen davon aus, dass diese beiden Funktionen durch frequenzübergreifende Kopplung der Nervenzellen im Gehirn organisiert werden“, sagt Moein Esghaei, Neurowissenschaftler und einer der Autoren der Studie.
Verschiedene Arten von Informationen unterscheiden
Das gleichzeitige Vorhandensein mehrere Frequenzbänder im Gehirn hilft auch dabei, verschiedene Arten von Informationen, die in derselben Hirnregion ankommen, zu unterscheiden. Zum Beispiel Farbe und Richtung eines Drachenfliegers. „Unser Gehirn leitet Informationen über Farbe und Bewegungsrichtung über verschiedene Frequenzen an höhere Gehirnbereiche weiter. Dies ist vergleichbar mit einem Funkempfänger, der Radiosender anhand unterschiedlicher Frequenzen unterscheidet“, sagt Moein Esghaei.
Neurologische Krankheiten verstehen
„Die rhythmische Aktivität der neuronalen Netzwerke im Gehirn spielt eine entscheidende Rolle bei der visuellen Wahrnehmung bei Menschen und anderen Primaten“, sagt Stefan Treue, Leiter der Abteilung Kognitive Neurowissenschaften am Deutschen Primatenzentrum. „Zu wissen, wie genau diese Aktivitätsmuster interagieren und gesteuert werden, hilft uns dabei, die neuronalen Grundlagen von Wahrnehmung zu verstehen und Defizite bei neurologischen Erkrankungen wir Legasthenie, ADHS und Schizophrenie aufzuklären.“
Dr. Moein Esghaei
Te.l: +49 (0) 551 3851-344
E-Mail: aesghaei@dpz.eu
Moein Esghaei, Stefan Treue, Trichur R. Vidyasagar (2022). Dynamic coupling of oscillatory neural activity and its roles in visual attention. Trends in Neurosciences, doi: https://doi.org/10.1016/j.tins.2022.01.003
https://www.dpz.eu/de/startseite/einzelansicht/news/auf-den-rhythmus-kommt-es-an... - Pressemitteilung auf der DPZ-Website
http://medien.dpz.eu/pinaccess/pinaccess.do?pinCode=dbJPjBuIhTWO - Druckfähige Bilder
Ähnlich wie ein Funkempfänger, der Radiosender anhand unterschiedlicher Frequenzen unterscheidet (re ...
Deutsches Primatenzentrum
Deutsches Primatenzentrum
Prof. Dr. Stefan Treue, Leiter der Abteilung Kognitive Neurowissenschaften am Deutschen Primatenzent ...
Karin Tilch
Deutsches Primatenzentrum
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).