"Der NATO-Doppelbeschluss hat von 1979 an über Jahre die politische Diskussion in Baden-Württemberg, ganz Deutschland und weltweit beherrscht. Der Rückblick aus unserer heutigen, deutlich gewandelten Zeit erlaubt es, die damalige Zeit objektiver zu beurteilen. Zudem können wir aus den damaligen Ereignissen Lehren für die Gegenwart ziehen." Dies erklärte Kunstminister Prof. Dr. Peter Frankenberg am 21. April im Vorfeld der Eröffnung der Ausstellung "Zerreißprobe Frieden. Baden-Württemberg und der NATO-Doppelbeschluss" im Haus der Geschichte in Stuttgart.
Der Minister erinnerte daran, dass Baden-Württemberg durch die Stationierung von Pershing-II-Raketen und Marschflugkörpern in Heilbronn und Mutlangen in den Fo-kus der Weltöffentlichkeit gerückt war. "Unser Land wurde zum Schauplatz der Kon-frontation zwischen Befürwortern und Gegnern der Nachrüstung", so Frankenberg. Es sei zwar noch nicht viel mehr als ein Jahrzehnt seit dem Abzug und der Vernichtung der Raketen zwischen 1988 und 1991 vergangen. Doch sei die Zeit für eine zeitgeschichtliche Betrachtung des Themas gekommen, da sich in diesen wenigen Jahren die weltpolitische Situation mit der Auflösung der Sowjetunion und dem Ende des Ost-West-Konfliktes vollständig verändert habe. "Ich persönlich gehörte damals zu den Befürwortern des NATO-Doppelbeschlusses, und ich halte ihn noch heute für richtig", betonte der Minister. "Die Politik der NATO hat im Endeffekt die Abrüstung ermöglicht - und zwar auf beiden Seiten des damaligen Eisernen Vor-hangs. Mehr noch: Sie hat dazu beigetragen, dass dieser Eiserne Vorhang selbst verschwunden ist." Der Minister zeigte sich davon überzeugt, dass es gegenüber einem totalitären Staat, wie es die Sowjetunion damals gewesen sei, keine Politik des Zurückweichens geben dürfe: "Die einzig richtige Strategie gegenüber einem solchen Regime ist eine Politik, die Stärke und Entschlossenheit beweist, eine Politik, die der anderen Seite klar macht, welche Konsequenzen ihr Handeln haben wird. Genau dies hat der NATO-Doppelbeschluss in kluger Weise bewirkt: Er verdeutlichte der Sowjetunion, dass der Westen nicht zurückweichen werde. Zugleich wies der Beschluss der Sowjetunion einen Weg zu Abrüstungsverhandlungen."
Frankenberg führte weiter aus, dass der NATO-Doppelbeschluss mit einer tiefen Spaltung der deutschen Gesellschaft verbunden gewesen sei. "Beide Parteien woll-ten zwar dasselbe: den Frieden. Nur die Vorstellungen über den Weg dorthin gingen diametral auseinander, und die Auseinandersetzung wurde mit Nachdruck und mit unterschiedlichsten Mitteln ausgetragen." Er zeigte Verständnis für die Ängste der Gegner des Beschlusses, die ihr demokratisches Demonstrationsrecht nutzten, stellte aber heraus, dass es auch zu ungesetzlichen Aktionen gekommen sei. Weiter würdigte er die positive Rolle der Polizei in diesem Konflikt. "Durch ihren sehr maßvollen, vorbildlichen Umgang mit den Demonstranten - auch, wenn eine Eskalation der Situation drohte - hat sie eine 'Pufferfunktion' für den Rechtsstaat übernommen. Die einzelnen Polizeibeamten haben diese Aufgabe erfüllt, wie es ihre Pflicht war und ganz unabhängig davon, wie sie selbst zur Frage der Nachrüstung standen."
Die Ausstellung "Zerreißprobe Frieden. Baden-Württemberg und der NATO-Doppelbeschluss" ist die erste, von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses der Geschichte konzipierte Sonderausstellung, die im eigenen Museum präsentiert wird. Sie wird am 22. April eröffnet und ist bis zum 3. Oktober zu sehen.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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